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DAS KAMMERSPIEL: Wege

Mehr als nur eine brauchbare Ersatzdroge für die, die schon ewig auf ihr "Pro-Depressiva" warten.   

Immer noch heißt es warten auf Pro-Depressiva der GRABNEBELFÜRSTEN, die inzwischen doch wieder auf mehr hoffen lassen, als nur eine Abschieds-EP, da schiebt deren Mastermind Dirk Rehfus mit seinem Soloprojekt schon wieder ein Album nach. Und wenn es bei den GRABNEBELFÜRSTEN krieselt, oder zumindest gekrieselt hat, dann ist es nicht verwunderlich, dass sich DAS KAMMERSPIEL auf in Richtung Avant-Black Metal macht und wie eine bizarre Version der Hauptband klingen. Obwohl Black eigentlich auch nur ganz rudimentär zutrifft. Wege, das dritte Album von DAS KAMMERSPIEL vereint melancholische Melodien und pragmatische Riffs als Basis. Daraus werden vier epische, lange Songs geschnitzt, die von zwei Intros zusammen gehalten werden und Wege einen schönen Gesamteindruck verleihen. Ein Roadmovie durch die Seele, mal traurig, mal glücklich, mal sehnsüchtig, mal brodelnd, mal lodernd.

Dass DAS KAMMERSPIEL nicht nur im Quasi-Black Metal wildern, sondern auch genrefremde Elemente einsetzen versteht sich von selbst. Diese waren allerdings auf Der Einkehr später Gast deutlich präsenter und prägender. Egal, Wege klingt ausgewogener und kurzweiliger, ganz einfach weil hier ein besserer Gesamteindruck geboten wird, das Album folgt einem roten Faden, es wirkt vertraut und doch irgendwie neu, auf jeden Fall aber frisch. So wie die Strecke, die du einmal im Jahr in den Urlaub fährst. Wege hat viele Ambient-Passagen parat, ein paar postrockige Elemente, wie in Wasserthron, dann wieder etwas Jazz wie in Sekundenschlaf zu hören und nicht zuletzt Neoklassik. Das ist gut verarbeitet, könnte teilweise ein wenig konsequenter sein, aber garantiert wird Dirk Refus auf kommenden Arbeiten von DAS KAMMERSPIEL hier Fuß fassen und sich mehr trauen.

Das Endergebnis ist ein nicht gerade leichtverdaulicher Brocken avantgardistischen Metals, der mit jedem Hören tiefer geht und sich mehr erschließt. Und dennoch, mit dem, was Dirk Rehfus alias Sturm Deiner Winter mit den GRABNEBELFÜRSTEN zusammen abliefert, ist ein anderes Kaliber. Immerhin, DAS KAMMERSPIEL hat rein gar nichts mit der selbstgefälligen Selbstinszenierung eines narzisstischen, abgehalfterten Musikers zu tun, wie man es oft anderweitig aushalten muss. Aber das ist ja nichts neues und Dirk Rehfus so etwas zu unterstellen wäre auch absurd. Viel mehr geht er intuitiv an die Musik heran, hat Freude an Experimenten, weiß diese mit viel Liebe zum Detail auszuführen und geht in seiner Rolle als Produzent, Musiker, Komponist, Sänger und Regisseur voll auf. Aus der Produktion hätte man mehr heraus holen können und vielleicht hätten ein paar Spannungsbögen in den Songs mehr auftauchen dürfen. Aber davon abgesehen ist Wege mehr als nur eine brauchbare Ersatzdroge für die, die schon ewig auf ihr Pro-Depressiva warten.

Veröffentlichungstermin: 18. Dezember 2009

Spielzeit: 39:43 Min.

Line-Up:
Dirk Rehfus

Produziert von Dirk Rehfus
Label: Lost Souls Graveyard
MySpace: http://www.myspace.com/daskammerspiel

Tracklist:
1. Spurwechsel
2. Sekundenschlaf
3. Mein Universum
4. und selbst das Meer…
5. Wasserthron
6. Wege

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