COUGH: Still They Pray

Mit "Still They Pray" sorgen COUGH wieder mal für klare Verhältnisse.

Jawohl, es wird wieder gehustet. Nach sechs Jahren relativer Funkstille (relativer, weil vor 3 Jahren die umjubelte Split-EP mit den Landsleuten und Labelkollegen WINDHAND veröffentlicht wurde), erwachen die totgeglaubten Misanthropen aus Richmond mit dem mittlerweile dritten Vollformat-Release endlich aus ihrem Tiefschlaf.

An dieser Stelle soll natürlich darauf hingewiesen werden, dass spätestens seit Ritual Abuse (2010), das vor einem halben Jahrzehnt hohe Wellen in der gesamten Doom-Community schlug und sogar die großen ELECTRIC WIZARD auf die hinteren Plätze verwies, auf der Band ein unglaublich hoher Erwartungsdruck lastet. Deswegen besteht die zentrale Frage dieser Rezension darin, ob das lange Warten sich überhaupt gelohnt hat und ob COUGH die großen Erwartungen erfüllen und ihren ausgezeichneten Ruf noch weiter zementieren können. Hier sind also meine Beobachtungen und Gedanken zum neuen Material.

Das Wichtigste zuerst: Still They Pray ist mit Abstand die zugänglichste Platte des Ami-Quartetts. Punkt. Ich kann mich auch heute noch an meine ersten Erfahrungen mit Ritual Abuse erinnern – ich habe die Scheibe damals fast schon gehasst. So sehr ich die auch lieben wollte, der Zugang blieb mir für eine lange Zeit verwehrt. Die Songs waren ultralang, ultralangsam und strahlten dermaßen viel negative Energie aus, dass selbst der Hochsommer sich wie der tiefste Winter anfühlte. Somatisch war das so, als würde jemand mein Gedärme ganz langsam durch einen Fleischwolf drehen (durchaus vergleichbar mit BURIED AT SEA oder BURNING WITCH allerdings ohne das Gekeife und Gekreische). Erst Jahre(!) später konnte ich Ritual Abuse in all seinen Facetten genießen und tue das auch heute noch.

Nun aber zurück zum eigentlichen Thema. Die einzelnen Tracks auf Still They Pray weisen nach wie vor eine beträchtliche Spiellänge auf und die Heaviness ist am besten mit einem Pferdetritt mitten ins Gesicht zu vergleichen, die Songs brauchen allerdings nicht mehr so viele Anläufe um sich zu entfalten. Es gibt mehr Riffs, die jetzt auch viel variabler und melodischer (!!) sind, und das Schlagzeugspiel ist jetzt viel flotter bzw. temporeicher, wodurch sich das Album im Koordinatensystem recht weit in Richtung Stoner/Doom verschieben lässt. Ins Reich, wo Bands wie  ELECTRIC WIZARD und WINDHAND mit eiserner Hand regieren. Apropos WINDHAND: Der COUGH Songwriter / Bassist / Sänger Parker Chandler ist seit drei Jahren nun auch mit der Schwesterband unterwegs, was offensichtlich auch das Songwriting auf der neuen Platte in einem nicht geringen Maße beeinflusst hat. Diese Momente sind einfach nicht zu überhören: Auf dem Song Let It Bleed (übrigens einer meiner Lieblingssongs auf der Scheibe) wird komplett clean gesungen, wobei der Song selbst eine eher melancholische Stimmung verbreitet, und dann schließt das Album auch noch mit einer akustischen (Folk)Ballade ab. Mit anderen Worten, an manchen Stellen hören sich COUGH wie eine maskuline Version von WINDHAND oder ACID KING an.

Soundtechnisch klingt die Scheibe insgesamt wärmer und aufpolierter, oder wie ein Biertrinker sagen würde: vollmundig, süffig und leicht im Abgang. In diesem Falle wäre es durchaus angemessen ELECTRIC WIZARD, die IRON MAIDEN des modernen Stoner/Doom Metal schlechthin, zu erwähnen. Und tatsächlich, die Regie im Studio übernahm kein geringerer als Mr. E. Wizard aka Jus Oborn, der Chefideologe von? Richtig, ELECTRIC WIZARD. Daher auch die WIZARDeske Klangfarbe des Songmaterials.

Alles in allem ein bockstarkes Lebenszeichen von COUGH, die trotz des Wandels ihr Gesicht mehr als bewahren und ihr Standing als Kronprinzen des Doom Metal weiter ausbauen konnten. Allerdings muss ich hier auch anmerken, dass trotz nachvollziehbarer Songstrukturen, Variabilität (habe ich eigentlich bereits erwähnt, dass das Lied The Wounding Hours sogar einen leichten Black-Metal-Touch hat?) und großartiger Produktion, die größten Abstriche ausgerechnet in der Stimmung bzw. Atmosphäre, die auf dem Vorgänger um das Vielfache finsterer und vor allem dichter war, zu verzeichnen sind. Das finde ich bedauerlich und deswegen gibt es in der Gesamtwertung doch noch einen leichten Punktabzug. Das übliche Meckern auf hohem Niveau eben. Ansonsten hat sich das lange Warten auf jeden Fall gelohnt und genau deswegen darf Still They Pray in keiner gut sortierten Plattensammlung fehlen.

Veröffentlichungstermin: 03.06.2016

Spielzeit: 67:00 Min.

Line-Up:
Joseph Arcaro – Drums
Parker Chandler – Bass, Vocals
David Cisco – Guitars, Vocals
Brandon Marcey – Guitars

Produziert von Jus Oborn
Label: Relapse Records

Homepage: https://cough.bandcamp.com/

Mehr im Netz: https://www.facebook.com/Cough666/

Tracklist:
1. Haunter of the Dark
2. Possession
3. Dead Among the Roses
4. Masters of Torture
5. Let it Bleed
6. Shadow of the Torturer
7. The Wounding Hours
8. Still They Pray

Total
0
Shares
WordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner