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COAX ORCHESTRA: Lent Et Sexuel

Wildes Gerangel zwischen (Free-)Jazz, Funk und Audioterror. Ist hier und da konzeptlos, macht aber Spaß. Wenn man über den Tellerrand blicken kann.

Na, passen sie noch, die Schlaghosen von damals? Und hat der Afro noch genügend Halt und Volumen? Dann auf den Kampf. COAX ORCHESTRA ist ein Jazz-Ensemble aus Paris und verstört genüsslich seine Hörerschaft im Spannungsfeld zwischen der NAKED CITY-artigen Borderline-Gewalt aus smoothem Jazz und Audioterror, ORNETTE COLEMANschem Freejazz und unverschämt tanzbaren Funk- und Discoelementen. Das klingt in der Praxis etwas weniger anstrengend als man vermuten möchte, Easy Listening haben sich COAX ORCHESTRA aber nicht auf die Fahne geschrieben. Mit dem Titelstück steigert sich das Album langsam über knapp zehn Minuten, ist zunächst sanft, smooth und cool, schließlich fährt das Kollektiv aber eine heftige Lärmwand auf. Beeindruckend ist das schon. Auch im weiteren Verlauf sind COAX ORCHESTRA alles andere als vorhersehbar: Intro könnte einer der brutalen, von Grindcore inspirierten Songs von NAKED CITY sein, Funky ist hingegen eine Nummer, die dazu einlädt, wilde John Travolta-Moves heraus zu schleudern. Discoax vermischt Tanzbarkeit mit derber Heaviness und Fable lebt von seinen teils enormen Gegensätzen der Lautstärke. Und wenn COAX ORCHESTRA mal ruhig und (be)sinnlich klingen (Musique d´ascenseur) und dabei zeitgenössisch bleiben, dann sind sie immer noch meilenweit von den eher elektronisch angehauchten, von Trip Hop beeinflussten HIDDEN ORCHESTRA entfernt.

So ist Lent Et Sexuel ein vierzigminütiger Höllenritt zwischen sexy Sounds und bizarrem Lärm, stets mit einem Augenzwinkern versehen, voller genialer Hyperaktivität und verschmolzenen Gegensätzen, die zu einer surrealen Retroparty verkommen. Mehr als nur einmal denke ich mir: So würden THE MARS VOLTA vielleicht klingen, hätten sie ein instrumentales JOHN ZORN-Tributalbum aufgenommen. Insgesamt pendeln COAX ORCHESTRA zwischen Lärm, Avantgarde, ruhigen Momenten, schaffen es aber immer hörbar zu bleiben, selbst in Coccibelle, wo über die kurz aufblitzende Freejazz-Kakophonie herrliche Bläsermelodien gelegt werden. Starke Nerven braucht man schon, um in die Welt des COAX ORCHESTRA einzutauchen, ist man aber angekommen, macht es durchaus Spaß dem Gerangel der Musiker zuzuhören, auch wenn es hier und da doch etwas konzeptlos klingt. Hauptsache das Bein kann immer mitwippen und die Tanzfläche brodelt. Immerhin, spielerisch ist das ganz großes Kino, vor allem das Schlagzeugspiel und die Gitarren sind wirklich beeindruckend. Aber Vorsicht: Sogar das angesprochene Jazzpublikum sollte offen sein, wenn es sich an Lent Et Sexuel heran wagt, und das gilt für das Metalpublikum erst recht.

Veröffentlichungstermin: November 2014

Spielzeit: 40:14 Min.

Line-Up:
Aymeric Avice – Trumpet, Percussions
Antoine Viard – Saxophone
Rafaelle Rinaudo – Electric Harp
Romain Clerc-Renaud – Keyboards
Julien Desprez – Guitar
Simon Henocq – Guitar
Xuan Lindenmeyer – Bass
Yann Joussein – Drums

Produziert von COAX ORCHESTRA
Label: Coax Records / Atypeek Music

Homepage: http://www.coaxorchestra.com

Mehr im Netz: https://www.facebook.com/coaxorchestra

Tracklist:
1. Lent Et Sexuel
2. Intro
3. Discoax
4. Funky
5. Musique d´ascenseur
6. Rituel
7. Fable
8. Yoyochie
9. Coccibelle

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