CATHEDRAL: In Memoriam 2015 [Re-Release]

Ein Stück Doomgeschichte, das als Demo kein platter Vorgeschmack auf das kommende Album war, sondern als Monument für sich selbst steht. Pflichtkauf!

Es war schon cool damals, in einer Stadt mit britischem Militär aufzuwachsen. Die Metalheads unter denen hatten immer Plan über neue Bands, nicht nur zur spannenden NWOBHM, auch später. So auch irgendwann der Tipp zur neuen Band CATHEDRAL: Da singt der Typ von NAPALM DEATH! Na und, sie waren mir eh zu krachig. Die sind voll langsam! Ach erzähl! Die spielen auch einen Song von PENTAGRAM!!! Bingo, Kassette geordert … und erstmal beiseitegelegt, weil das nicht so recht zünden wollte – bis zu jenem Tag, als auf MTV´s Metal-Sendung Headbangers Ball das erste Mal das Video zu Ebony Tears lief, nun auf dem Debütalbum Forest Of Equilibrium, und mich auf die Knie zwang! War das fett, war das düster, und auf dem Demo-Tape war das doch auch! Somit begann das vergessene In Memorium erst mit gut einem Jahr Verspätung seinen Siegeszug durch das Tapedeck. Soweit zur eigenen Vergangenheitsbewältigung. Eben jene betreibt nun Lee Dorian und kramt das Demo nochmal aus, um es unter dem angepassten Titel In Memoriam 2015 wieder verfügbar zu machen. Der alte Release auf CD über Rough Trade von ´94 hat einen üblen Kratzer, da kommt dieser Re-Release gerade Recht. Zudem bringt er noch einen Livemitschnitt mit, da kommt man ums Nachrüsten schlichtweg nicht herum.

Metal so langsam spielen, dass es weh tut, das war das Ziel der Band damals, und eben das zelebrieren sie auf dem Demo perfekt, aufgenommen Anfang Oktober 1990  in den Rhythm Studios in West London. Mourning Of A New Day kriecht so zäh aus den Boxen, wie ein Tape im Walkman, dessen Batterien kurz vorm Exitus sind. Ja, es tut weh, eine eisige Hand legt sich auf den Rücken, die dreckigen, angenagten Fingernägel gaaaanz tief in die Haut, krrrrrrzzzz… Heute sieht man das natürlich alles etwas analytischer, spielt man eine Single von WITCHFINDER GENERAL oder WITCHFYNDE auf 33rmp ab, dann klingt das genauso. CATHEDRAL haben letztendlich normalen Metal auf halber Geschwindigkeit gespielt, schieben mal eine Passage von den damaligen Doomgöttern CANDLEMASS oder TROUBLE ein, aber selbst die laufen ein Drittel langsamer. Dass man bei Mourning Of A New Day mal kurz Gas gibt erschreckt fast, obwohl auch hier alles zurückgezogen gespielt wird, nicht dass sich noch gute Laune verbreiten könnte! Die kommt trotzdem, die ultrazähe Version des PENTAGRAM-Klassikers All Your Sins walzt alles nieder, wer das kauzig-rockige an den Amis mag, der verkriecht sich hier zitternd in die Zimmerecke. Hach, es macht so Spaß, wenn Musik so böse kommt, weil die Musiker es umsetzen können! Ebony Tears ist dann wohl das zermürbende Sinnbild des frühen CATHEDRAL-Sound. Den Song in Worte zu fassen ist kaum möglich, so viel Kälte, so viel Angst, so viel Dunkelheit – das toppt nur die Version auf dem Longplayerdebüt Forest Of Equilibrium. Alles passt zusammen, SloMo-Doom findet in diesem Song seine Definition, egal ob nun Death-Doom oder Funeral-Doom, Ebony Tears ist der Anfang von allem! Nennt heute jemand den Namen CATHEDRAL, dann denken viele natürlich an spinnigen Hippie-Doom, bei mir kriecht immer zuerst dieser Song durch die Gehörgänge und über den Rücken. Ok, The March, nicht wirklich essentiell, sieben Minuten träges Marschieren Richtung Front, immer mit dem Gedanken, dass man nicht wieder heimkehren wird. Was er rüberbringen soll, das ist greifbar, meistens greif ich dann zur Skiptaste. Letztendlich haben wir nun schon gut eine halbe Stunde Dröhnung hinter uns, die bereits zeigt, wohin die Reise dieser Band gehen wird.

Als Bonus hat Band/Labelkopf Lee Dorian einen Livemitschnitt rausgekramt. Der dürfte aus dem niederländischen Groningen stammen, wo CATHEDRAL die mit Gothic voll durchstartenden PARADISE LOST begleitet haben. Bei der Show in Tillburg im März ´91 plus den Death-Metallern DELIRIUM aus Nordholland gab sich auch der Verfasser dem gepflegten Doomdancing hin. Der Mitschnitt bietet eine Mischung aus Songs vom Demo und natürlich dem Debütalbum. Dessen Opener Comiserating The Celebration, der bereits zahlreiche spinnige Momente aufzeigt, welche die Band auf den letzten Alben ausgiebig zelebriert hat, das auch live unschlagbare Ebony Tears, das zermürbende Neophytes For Serpent Eve, eine krachige Version von All Your Sins und Mourning Of A New Day, mehr brauchten CATHEDRAL nicht, um ihren eigenen Sound zu manifestieren und um den normalen Metaller zu erschrecken und die Fans dunkler Klänge auf die Knie zu schicken. Gut, dass man sich diesen Live-Mitschnitt nun sichern kann, welcher der CD auch als DVD beiliegt für die gepflegte Doom-Runde vorm TV.

Als Doom-Jünger und natürlich CATHEDRAL-Fan führt am Nachrüsten kein Weg vorbei. In Memoriam 2015 ist ein Stück Doomgeschichte, das als Demo kein platter Vorgeschmack auf das kommende Album war, sondern als Monument für sich selbst steht. Pflichtkauf! Dass man In Memoriam 2015 natürlich auch als Vinyl bekommt, nun ja, wir reden hier von Rise Above!

Veröffentlichungstermin: 10.07.2015

Spielzeit: ca. 72 Min.

Line-Up:
Lee Dorian – Vocals
Gary Jennings – Guitar
Adam Lehan – Guitar
Mark Griffiths – Bass
Ben Mochtie – Drums

Label: Rise Above

Homepage: http://www.cathedralcoven.com

Mehr im Netz: http://www.facebook.com/cathedral

Tracklist:
Demo In Menorium 1990
1. Mourning Of A New Day
2. All Your Sins
3. Ebony Tears
4. March

Live 1991
5. Intro/Comiserating The Celebration
6. Ebony Tears
7. Neophytes For Serpent Eve
8. All Your Sins
9. Mourning Of A New Day
 
DVD Live in Groningen (NL) May 1st 1991
1. Intro/Comiserating The Celebration
2. Ebony Tears
3. Neophytes For Serpent Eve
4. All Your Sins
5. Mourning of a New Day

Total
0
Shares
WordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner