CALIBAN: I Am Nemesis

CALIBAN gehen neue Wege, bleiben sich aber trotzdem treu – ein gelungenes Experiment.

Für  ihre tollen Cover-Artworks waren die fünf Essener ja noch nie berühmt, aber mit einem derart grausam schlechten Cover schicken CALIBAN mit ihrem neuen Output I Am Nemesis bereits zu Beginn des Jahres 2012 einen ganz heißen Favoriten in der Jagd um das hässlichste Cover des Jahres ins Rennen. Deshalb schieben wir doch dieses wirklich ganz arg böse Corpsepaint-Gesicht doch am besten zur Seite und widmen uns dem, was letztlich wirklich zählt: der Musik.

Und hier gibt es eigentlich nur eine Sache zu sagen: CALIBAN haben ihre Hausaufgaben gemacht. Die Band weiß genau, dass in einem Genre wie dem Metalcore Stillstand sofort den Tod bedeutet, und dutzende Nachwuchsbands nur auf eine Chance warten, an den großen Bands vorbeizuziehen. Bereits mit The Awakening von 2007 hatten CALIBAN ihren Stil perfektioniert. Doch anstatt nun munter mit Selbstkopie zu beginnen, kamen mit dem Nachfolger Say Hello To Tragedy erste Versuche, neue Wege zu gehen, sei es mit Keyboard-Spielereien oder melodischen Experimenten. Mit I Am Nemesis werden diese Wege nun konsequent weiter verfolgt.

Besonders die Keyboard-Elemente, so wie flirrende Gitarrenmelodien, scheinen es CALIBAN angetan zu haben, denn in mindestens der Hälfte der Songs finden sie sich wieder. Allerdings wiederholt sich die Bands keineswegs, sondern baut mal atmosphärische Keyboard- oder Gitarren-Teppiche (We Are The Many, Dein R3.ich, Broadcast To Damnation) ein, mal hingegen nur kurze Keyboardeinsprengsel wie etwa im spacigen Refrain von The Bogeyman. Das erwähnte Dein R3.ich überrascht zudem mit teilweise deutschen Vocals.
Aber auch Melodien spielen verstärkt, dabei aber immer nur wohldosiert eine Rolle. Mal in homöopathischen Dosen, wie etwa die gelungenen Gitarrenharmonien in No Tomorrow, mal, wie im teils sehr reduzierten, dann wieder heftigen, aber stets hochmelodischen This Oath, ganz deutlich.

Doch auch andere Hürden meistern CALIBAN mit fast traumwandlerischer Sicherheit. Die beim Thema Metalcore oft beschimpften Breakdowns sind auch bei CALIBAN natürlich immer noch regelmäßig präsent, doch das Quintett schafft es, ihre polyrhythmischen Stakkatomassaker so zu arrangieren, dass diese auch nach dem zwanzigsten Hören im Kopf unwillkürlich einen Moshpit ausrufen lassen. Allein das hebt CALIBAN schon über 90 Prozent aller Metalcore-Bands hinweg.
Und auch bei den Refrains, egal ob clean oder geshoutet, ist die Band weiterhin eine Macht für sich. Die Hooklines von Memorial, Edge Of Black, Dein R3.ich oder Modern Warfare (erinnert im Refrain stark an MUSE), um nur einige zu nennen, kriegt man jedenfalls nicht wieder aus dem Kopf.

Gut, neben erwähntem Cover gibt es mit der selbst für Metalcore-Verhältnisse etwas zu klinischen Produktion, sowie den beiden höchstens durchschnittlichen Deadly Dream und Open Letter, die in der Mitte von I Am Nemesis für ein kurzes Qualitätstief sorgen, noch zwei weitere kleine Schwachpunkte, doch muss man vielleicht auch bedenken, dass CALIBAN hier eine wichtige Entwicklung durchmachen, bei der eben noch nicht alles klappt.
Letztlich aber bleibt die Erkenntnis, dass CALIBAN mit I Am Nemesis ein mutiges, starkes Album voller Experimente liefern, sich dabei aber trotzdem stets selbst treu bleiben. Und genau deswegen wird es für die Metalcore-Szene Segen und Fluch zugleich sein. Denn dieses Album wird 2012 als Referenz dienen müssen. Und es zu toppen ist beileibe keine kleine Hürde.

Veröffentlichungstermin: 06.02.2012

Spielzeit: 45:13 Min.

Line-Up:
Andreas Dörner – vocals
Marc Görtz – guitar
Patrick Grün – drums
Denis Schmidt – guitar & vocals
Marco Schaller – bass

Produziert von Benny Richter und Marc Görtz
Label: Century Media Records

Homepage: http://calibanmetal.com/

Mehr im Netz: http://de-de.facebook.com/CalibanOfficial

Tracklist:
01. We Are The Many
02. The Bogeyman
03. Memorial
04. No Tomorrow
05. Edge Of Black
06. Davy Jones
07. Deadly Dream
08. Open Letter
09. Dein R3.ich
10. Broadcast
11. This Oath
12. Modern Warfare

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