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BALD ANDERS: Spiel

BALD ANDERS wollen doch nur spielen – Fluch und Segen gleichermaßen?

Als Freund unkonventioneller Klänge mit Metal-Hintergrund war ich von der Ankündigung des ersten BALD ANDERS-Albums “Sammler” ganz aus dem Häuschen: U.a. zwei gestandene Black-Metal-Musiker (von LUNAR AURORA) leben ihre Liebe für das Kindliche, Spielerische aus, indem sie – nun ja – deutschsprachige Rockmusik mit leicht durchgeknallter Attitüde machen? Warum nicht, kann geil werden! Das Album selbst enttäuschte mich aber, es klang schwach auf der Brust, irgendwie unausgegoren, und die Texte gaben mir wenig. Nur ein Jahr später nun also “Spiel”, das – so die Ankündigung – eine besser auf die Band abgestimmte Produktion haben sollte.

BALD ANDERS scheuen sich nicht vor dem ganz Absurden

Und so ist es auch. “Das achte Haus” überrascht nach gewollt dünnem Intro mit knackigem Bass, vollem Gesang und einer Akkordfolge, die man am liebsten sofort nochmal hören möchte. So hab ich mir das vorgestellt mit dieser Band! Wer Vergleiche braucht: die ruhigeren Alben von NOCTE OBDUCTA bzw. DINNER AUF URANOS drängen sich fast zwangsläufig auf, da Hintergrund und Herangehensweise ja ähnlich sind und auch die Stimmfarbe des Sängers da bekannt vorkommt. BALD ANDERS jedoch gehen weniger elegisch zu Werke, sind spritziger, rockiger, eingängiger unterwegs und scheuen sich auch nicht vor dem ganz Absurden und dem ganz Banalen. “3 Wünsche” ist z.B. ein Ohrwurm par excellence, der allerdings in seinem Refrain mir etwas zu sehr in Richtung SUBWAY TO SALLY und Konsorten geht… nun ja. Man merkt, hier hat man’s mit Spaß in den Backen zu tun, aber auch mit mehr?

Was wollen BALD ANDERS mit “Spiel” eigentlich sagen?

Trollmusic jedenfalls sind nicht müde geworden, BALD ANDERS zu verkaufen als eine Band mit dem Tenor “alles ist möglich – hier wird sich gnadenlos ausgetobt”, und so ist klar, dass noch mehr kommen muss: “Taugenichts” und “Verhext” spielen angenehm mit der Metal-Vergangenheit und überraschen durch viel Melancholie, “Fantasma” stolziert mit seinem opernhaft anmutenden Gesang in Richtung Avantgarde, und das “Rosenspalier” startet als herrlich kitschige Ballade und driftet dann mit singender Säge und Gejaule ins Geisterhafte ab, ehe es mit “Le Fuet” nochmal so richtig rockig wird und “Pestulon” sogar einen Ausflug ins Englische bietet. Das ist alles kompositorisch klug durchdacht, toll gespielt und gesungen und als ungewöhnliche Abwechslung mir sehr willkommen, allein, irgendwas fehlt. Vielleicht sind es die etwas zu beliebig anmutenden Texte, die mich stören, die das Gefühl, dass hier etwas Großes entstehen könnte, aber noch nicht entstanden ist, erzeugen. Oder es ist generell der rote Faden, der mit dem guten alten Swingerclub-Motto “Alles kann, nichts muss” vielleicht dann doch etwas zu gewagt gespannt ist – trägt er einfach nicht auf Albumlänge? Was wollen BALD ANDERS eigentlich noch sagen außer eben dies? Na ja. Vielleicht ist es aber auch ganz logisch bei einer Band wie BALD ANDERS, dass sie den Rezensenten etwas ratlos zurücklässt. Ein Reinhören ist “Spiel” allemal wert, denn ich bin mir sicher, dass es auch ganz anders empfunden werden kann.

Spielzeit: 47:06 Min.
Veröffentlicht am 21.9.2018 auf Trollmusic
Bald Anders auf bandcamp

BALD ANDERS “Spiel” Tracklist

1. Das achte Haus
2. 3 Wünsche
3. Taugenichts
4. Verhext
5. Fantasma
6. Rosenspalier
7. Le Fuet
8. Pestulon
9. Der Onkel

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