ARCHETYPE: Dawning (Re-Release)

Anspruchsvoller, leicht progressiver US-Power Metal, spieltechnisch und größtenteils auch songwriterisch auf hohem Niveau.

Das Debütalbum dieser amerikanischen Progressive Power Metal-Combo hat eine lange und komplizierte Geschichte hinter sich. Laut Bandinfo begann man 2001 mit den Aufnahmen zu Dawning. Als es dann fertig war, war man jedoch nicht zufrieden, und die Songs wurden alle nochmal neu arrangiert und aufgenommen. Das Ergebnis wurde 2003 auf Lucretia Records veröffentlicht, und der vorliegende Re-Release ist mit dieser Veröffentlichung identisch, enthält aber mit Visionary und Hands Of Time noch zwei Bonustracks, die ursprünglich auf der 1998er EP der Band enthalten waren. Noch nicht kompliziert genug? Nun, unser Fierce hat Dawning als Eigenproduktion bereits im März 2002 besprochen. Dabei müsste es sich also eigentlich um die ursprüngliche Version handeln, mit der die Band nie zufrieden war. Ein Vergleichstest dieser alten Scheibe mit dem vorliegenden Re-Release brachte jedoch keine Unterschiede hinsichtlich der Arrangements zutage, nein, auch die Gesangsphrasierungen und Gitarrensoli klingen identisch. Einzig die Produktion ist druckvoller, was aber leicht durch einen neuen Mix oder auch nur durch ein neues Mastering erreicht werden kann. Zudem enthält die Wiederveröffentlichung nicht nur die zwei erwähnten Bonustracks, sondern auch einen weiteren regulären Albumtrack namens Reflection, der auf der Eigenproduktion nicht enthalten war.

Nun aber genug der einleitenden Worte. Dawning bietet im Grunde nichts anderes als typischen Progressive Power Metal amerikanischer Prägung, mit vielen Stakkato-Riffs, Gitarrenharmonien und verspielten Gitarrenleads und virtuosen Soli, dafür ohne jegliche Keyboards. Neue Impulse kann die Band dem Genre zwar nicht geben, das, was sie machen, machen sie dafür aber verdammt gut. ARCHETYPE verstehen es, Maß zu halten. Die Songstrukturen sind zwar recht komplex, rhythmisch ziemlich komplizierte Parts finden sich auf dem Album nicht nur vereinzelt, und die technischen Fähigkeiten der Musiker werden deutlich aufgezeigt. All dies bleibt jedoch so im Rahmen, dass die Songs stets nachvollziehbar bleiben und deren Fluss nicht gestört wird. Wo andere einen Flickenteppich von Ideen abliefern, der keinen Zusammenhang deutlich werden lässt, wirkt hier alles aus einem Guss, und Breaks werden nicht übertrieben eingesetzt.

Was das Album außerdem derart hörenswert macht, ist die große Abwechslung, die Dawning bietet. Ob treibender Power Metal, Midtempo-Stakkato-Riffing, atmosphärische, balladeske Parts oder die erwähnten melodischen Soli, sämtliche Elemente sind vertreten und werden sehr ausgeglichen eingesetzt. Mit Greg Wagner hat man zum Zeitpunkt der Aufnahmen zudem einen äußerst talentierten Sänger in den Reihen gehabt. Sowohl sein hoher, kräftiger, klarer US-Power-Metal-Gesang, in den Refrains oft mehrstimmig, als auch seine aggressiven Grunts klingen mehr als überzeugend. Nicht zuletzt den eingängigen, oft hymnischen Gesangslinien Wagners ist es außerdem zu verdanken, dass die Songs trotz aller Komplexität schnell ins Ohr gehen und auch dort verbleiben. Besonders gut gelingt dies bei Premonitions, das zwar unkonventionell strukturiert ist, aber mit einem echten Hammer-Refrain daherkommt. Highlight ist aber das dreizehnminütige Years Ago, das mit virtuosen Konzertgitarren beginnt (hier macht sich das langjährige Studium der klassischen Gitarre bemerkbar, das Bandgründer Chris Matyus genossen hat) und sämtliche Facetten der Band abdeckt: von getragenen Parts über rasante, treibende Passagen bis hin zu waschechtem 70er-Progrock mit tollen Chören.

Das Bonusmaterial ist leider nicht besonders spektakulär und wohl nur für echte Sammler interessant, handelt es sich doch um Songs, die mit besserer Produktion auch auf dem eigentlichen Album enthalten sind. Im Gegensatz zu Fierce in seiner Rezension der Eigenproduktion würde ich ARCHETYPE nach intensivem Hören von Dawning durchaus zur Speerspitze des amerikanischen Progressive Power Metal zählen. Mit Bands wie ANTITHESIS können ARCHETYPE ohne Probleme konkurrieren, und MYSTIC FORCE, MIDEVIL oder ION VEIN spielt man locker an die Wand. Wer auf diesen Sound schwört, macht mit dem Kauf von Dawning, das im übrigen mit einer Spielzeit von über 80 Minuten wirklich value for money bietet, keinen Fehler. Für Besitzer der alten Auflage hingegen ist diese Wiederveröffentlichung trotz der Bonustracks verzichtbar.

Veröffentlichungstermin: 15.11.2004

Spielzeit: 81:59 Min.

Line-Up:
Chris Matyus – Gitarre

Greg Wagner – Gesang

Jamie Still – Bass

Keith Ziegler – Schlagzeug

Produziert von Ed Tomecko und Chris Matyus
Label: Limb Music Products

Hompage: http://www.archetype1.com

Email-Adresse der Band: archetype@archetype1.com

Tracklist:
1. Final Day

2. Hands Of Time

3. Dawning

4. Dissension´s Wake

5. Inside Your Dreams

6. Premonitions

7. Visionary

8. Arisen

9. The Mind´s Eye

10. Years Ago

11. Reflection

12. Visionary (1998 Version)

13. Hands Of Tome(1998 Version)

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