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ANVIL: Juggernaut Of Justice

ANVIL zeigen sich endlich wieder von ihrer besten Seite, zocken unverkrampft und mit neuer Energie ihren altbewährten Simple-Metal-Sound.

Es gibt Bands, da freut man sich einfach schon, dass es sie gibt, auch wenn die Band sich davon nichts kaufen kann. Dazu gehören ohne Zweifel auch ANVIL, die mit ihren ersten beiden Alben Metal On Metal und Forget In Fire 1982/83 zwar die Metal-Flagge in Kanada setzte, aber nie wirklich erfolgreich war und von den Bands, die sie selbst beeinflusst hatten, ohne Umwege überholt wurde. Woran es nun wirklich lag, an dem einen fehlenden besonderen Song, der eine Band nach oben schiebt, am Geschick, sich irgendwie immer selbst im Wege zu stehen und die Bandgeschichte konsequent am Zeitgeist und am Business der Metal-Szene vorbei zu manövrieren, man kann die Band ohne schlechtes Gewissen als Pechvögel der Metalgeschichte betiteln. Auf der anderen Seite steht aber die tiefe Freundschaft von den Bandgründern Lipps Kudlow an Mikro und Gitarre und Drummer Robb Reiner. Dass sie immer noch ihr Ding so tapfer durchziehen, das verdient ohne Zweifel mehr Respekt als Mitleid. Nun nach der interessanten, durchaus rührenden Doku The Story Of Anvil erlangt die Band endlich mal wieder etwas mehr Aufmerksamkeit. Wieder mit ordentlichem Label und einem erfahrenen Produzenten wie Bob Marlette (u.a. ALICE COOPER, OZZY OSBOURNE, BLACK STONE CHERRY, AIRBOURNE) stehen alle Zeichen auf Sturm. Wenn es die Jungs nicht wieder irgendwie versemmeln…

So wird jeder Metalhead beim Titelsong sofort die Luftgitarre aus dem Schrank holen, das ist ANVIL pur: simpel, eingängig, ein fröhlicher Mitgröhl-Refrain, man reckt die Faust gen Zimmerdecke, der Kopf wackelt im Takt, und schon hat man die Jungs wieder gern. Dieser Sympathie-Bonus, den so nur wenige Bands genießen, nützt aber wenig, wenn die Songs nicht stimmen. Und hier sind die Kanadier wieder voll da, was die letzten Jahre ja nicht wirklich der Fall war. Statt eine gewisse, bei dieser Band auch glaubhaft echten Sturheit zu transportieren, spürt man jetzt eine fast vergessene Energie. Die neue Aufmerksamkeit scheint den Herren wieder ordentlich Mut zu machen, mit Lust und Laune zu agieren. When All Hell Breaks Loose zeigt das deutlich, mit reichlich JUDAS PRIEST an Bord, ich muss etwas irritiert auch immer wieder an RUNNING WILD denken. Beim treibenden On Fire hingegen hab ich immer wieder das Verlangen, endlich mal wieder eine frühe RIOT-Scheibe auszugraben. Mal wird leicht thrashig losgerattert, mal gibt es Party-Metal wie bei FukenEh! oder Not Afraid, mal stampft man heavy vor sich hin. Als Zuhörer spürt man die Energie, die bei ANVIL neu entfacht wurde. Die Songs machen Spaß, man singt fleißig mit, blamiert sich auch nicht dabei, denn ein guter Sänger war Lipps auch nie. Sein eigenwilliger Gesang ist einerseits ein Markenzeichen der Band, sicher aber auch ein Stolperstein, was den nachhaltigen Erfolg angeht. Dass man musikalisch eher einfache Kost präsentiert, das ist gut so und dafür steht die Band. Dass Lipps bei den Leads ebenfalls wieder auf seinen schrill-quäckigen Solo-Sound setzt, das ist schade. Da wäre bei diesem Produzenten sicher theoretisch mehr drin gewesen. Dem entgegen steht aber dessen Know-how, warum soll er einen Sound ändern, den die Band seit über 30 Jahren so fährt und den man genau so kennt? Der Name ANVIL steht für ein der ehrlichsten Metal-Bands überhaupt, die dürfen genau so klingen, weil es echt ist. Dafür ist natürlich der Gesamtsound sehr kräftig und zeitgemäß, aufgenommen wurde im Studio von Dave Grohl (FOO FIGHTERS).

So bekommt der gestandene ANVIL-Fan und die hoffentlich zahlreichen neuen Verehrer alles geboten, wofür die Band seit jeher steht, nur alles ein wenig besser und deutlich frischer. Zudem hat man sich zum Ende hin zwei Highlights aufgehoben, die wirklich überraschen können. Paranormal ist ein echter Doom-Song, der sich permanent wachsend über 7 Minuten aufbaut. Am Ehesten mit der Stimmung Spät-90er CANDLEMASS oder auch KRUX wälzt sich der Song zäh aus den Boxen bis zum aufbrausenden Ende. Hier und da ein fettes TONI IOMMI-Riff, mit dem Produzent Marlette ja auch schon solo und z.B. für die letzte BLACK SABBATH-Reunion gearbeitet hat, da ist im Moshpit gepflegtes Doomdancing angesagt, stark! Zum Abschluss dreht man noch mal richtig durch, das Swing Thing zeigt sich – nomen est omen – als wilde Jazzorgie mit reichlich Bläsereinsatz im knackigen Metalgewand. Das passt zur Band, die nie so lange durchgehalten hätte, wenn die sich selbst so ernst nehmen würde, wie es viele Kollegen machen. Die scheitern dann und lösen sich auf, ANVIL können noch über sich selbst lachen. Auch wenn ihnen das bei den zahllosen Fettnäpfchen ihrer Karriere oft vergangen sein dürfte.

ANVIL zeigen sich endlich wieder von ihrer besten Seite, zocken unverkrampft und mit neuer Energie ihren altbewährten Simple-Metal-Sound. Ob es ihnen nun endlich gelingt, nach so vielen Jahren im Underground, vielleicht nicht den Erfolg, aber zumindest den verdienten Respekt zu bekommen, den sie verdienen – es bleibt spannend! Denn ob das aktuelle Interesse der Metal-Szene an den Kanadiern dauerhaft hält oder ob man weiter wieder eher in der zweiten Reihe ackern muss, das wird sich wohl erst beim nächsten Album zeigen. Und wenn es doch sogar mit dem echten Erfolg klappt, dann freut das die alten Fans genauso wie die Band, bei der man sich ja immer so gefreut hat, dass es sie gibt. Juggernaut Of Justice gibt es auch als limitiertes Digi-Pack mit zwei Bonustracks sowie für echte Fans als Vinyl.

Veröffentlichungstermin: 17.06.2011

Spielzeit: 44:58 Min.

Line-Up:
Steve Lips Kudlow – Guitar, Vocals
Glenn Five – Bass, Vocals
Robb Reiner – Drums

Produziert von Bob Marlette
Label: SPV / Steamhammer

Homepage: http://www.anvilmetal.tk

MySpace-Seite: http://www.myspace.com/anvilmetal

Tracklist:
1. Juggernaut Of Justice
2. When All Hell Breaks Loose
3. New Orleans Voo Doo
4. On Fire
5. FukenEh!
6. Turn It Up
7. The Ride
8. Not Afraid
9. Conspiracy
10. Running
11. Paranormal
12. Swing Thing

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