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ABIGAIL WILLIAMS: Becoming

ABIGAIL WILLIAMS in the throne room.

ABIGAIL WILLIAMS hatte die vergangen Jahre keinen leichten Standpunkt in der Black Metal-Szene. Viele belächelten sie wegen ihrer Core-Vergangenheit, die aus der Mitgliedschaft der Musiker in so illustren Bands wie JOB FOR A COWBOY und BLACK DAHLIA MURDER resultierte, oder betitelten sie schlicht als Imitation von Bands wie EMPEROR. Besonders ihr letzter Output In the Absence of Light konnte sich den Vorwurf nicht vollständig erwehren, erhebliche Parallelen im melodischen und Keyboard geschwängerten Soundgemenge zu den Norwegern aufzuweisen, und stieß trotz der ordentlichen Umsetzung auf Ablehnung in elitären Kreisen.
Vielleicht führte dieser Kritikpunkt zu einem Umdenken im Hause von Frau Williams, denn Fakt ist zumindest, dass auf Album Nummer Drei versucht wird, neue Pfade zu beschreiten.

Ein erstes Indiz dafür findet sich in den gesteigerten Songlängen. Die Spielzeit der einzelnen Titel wurde merklich erhöht, und so finden sich allein auf diesem Album drei über 10-minütige Schwergewichte, die von einer gesteigerten Komplexität der Band zeugen. Doch kann auch der Sound halten, was die Titellängen scheinbar versprechen: tiefgründige und atmosphärische Musik? Der Opener Ascension Sickness versucht mit seinen närrischen 11 Minuten und 11 Sekunden Spielzeit diesen Anforderungen gerecht zu werden. Nach einem obligatorischen Windrausch-Intro erklingen die ersten Instrumente mit einem soften Fade In, und bereits dabei wird  klar, dass sich einiges geändert hat im Vergleich zu den vorherigen Werken der Amerikaner. Das Schlagzeug, kommt nicht mehr getriggert daher, verliert damit glücklicherweise etwas seiner Omnipräsenz und auch der Gesang wird distanzierter zur Geltung getragen, was sich in mehr Freiraum für die Gitarren auswirkt. Insgesamt zeigen sich, produktionstechnisch gesehen, große Parallelen zur letzten WOLVES IN THE THRONE ROOM-LP, und auch das Songwriting scheint von ihren Landsmännern inspiriert wurden zu sein. Es dominieren lang gezogene melancholische Melodiebögen, teils in Blastbeats verpackt, genauso wie fast schon doomig anmutende Passagen, die sehr an das komplexe Zusammenspiel der Weaver-Brüder erinnert.

Und auch eine weitere prominente US-Band schießt mir immer wieder durch den Kopf, wenn ich die Intros von Tracks wie Radiance und Elestial höre. Man bedient sich anfänglich recht zügellos bei den typischen Trademarks von AGALLOCH, das heißt stark reduziertes Tempo in Verbindung mit cleanen Gitarrenspuren, die weiße Schneelandschaften vor dem geistigen Augen erscheinen lassen und zum Träumen anregen. Doch man wird Becoming nicht gerecht, wenn man diese Platte als total Rip-Off bezeichnet, denn ABIGAIL WILLIAMS versuchen auch eigene Zutaten wie Streicher zu verbauen, die sich vorzüglich integrieren. Ein gutes Beispiel stellt das Outro von Ascension Sickness dar, in dem sich Gitarre und Geige perfekt ergänzen und das Outrothema gelungen umspielen. Etwas übertrieben wurde der Einsatz von diesem klassischen Instrumentarium lediglich beim letzten Stück der Platte, bei dem der Hörer stellenweise das Gefühl hat, eine APOCALYPTICA-CD im Player liegen zu haben. Beyond The Veil stellt gleichzeitig auch das längste und anspruchsvollste Stück der an sich schon fordernden CD dar. Mit einer Laufzeit von circa 17 Minuten kreiert die Band ihr komplexestes Stück, dass sie jemals geschrieben hat, und offenbart damit leider auch einige Längen. Denn es gelingt ihnen leider nicht, den Spannungsbogen durchgängig hoch zuhalten. Zu wenig zwingende Riffs lassen den Song etwas zu aufgeblasen wirken. Vielleicht hätte hier eine Straffung des Aufbaus wahre Wunder gewirkt, denn an sich besitzt der Song gute Ansätze im Mittelteil. Fast schon ein Höhepunkt des Albums stellt nämlich der unverhoffte Wechsel vom stampfenden Strophenteil in den von Streichern geklagten wehmütigen Instrumentalpart dar.

ABIGAIL WILLIAMS haben mit Becoming einen Schritt in die richtige Richtung getätigt und ihrem Sound einer unerwarteten Wartung unterzogen. Fernab von Breakdowns und anderen ehemaligen Stilmitteln erschafft man ein atmosphärisch dichtes und gereiftes Werk, dass viel Aufmerksamkeit von Zuhörer einfordert, das Durchhaltevermögen jedoch schlussendlich belohnt. Ob diese Ausdauer allerdings bei der Fanbase besteht, bleibt abzuwarten, denn der Stilwechsel fällt im Vergleich zu den Anfängen recht deutlich aus. Damit öffnet man gleichzeitig auch eine neue Tür für Fans von Bands wie AGALLOCH oder WOLVES IN THE THRONE ROOM, die durchaus ein Ohr riskieren sollten, sofern sie sich nicht an der teilweise fehlenden Eigenständig stören.

Veröffentlichungstermin: 23.01.2012

Spielzeit: 55:05 Min.

Line-Up:
Ken Sorceron – Guitars, Vocals
Ian Jekelis – Lead Guitar
Griffin Wotawa – Bass
Zach Gibson – Drums

Label: Candlelight Records

Homepage: http://www.myspace.com/abigailwilliams

Mehr im Netz: http://www.facebook.com/abigailwilliamsofficial

Tracklist:
1. Ascension Sickness
2. Radiance
3. Elestial
4. Infinite Fields of Mind
5. Three Days of Darkness
6. Beyond the Veil

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