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Jahresabrechnung 2006 von Fierce

Die vampster-Jahresabrechnung 2006 von Fierce.
HAMMERS
HAMMERS OF MISFORTUNE: The Locust Years

HAMMERS OF MISFORTUNE: The Locust Years
Keine Frage, ganz an der Spitze meiner Bestenliste stehen die Alben von DISILLUSION und HAMMERS OF MISFORTUNE, wobei ich der Band um John Cobett fast noch ein bisschen den Vorzug geben würde, weil der Suchtfaktor ein Stück höher ist und das Album mehr Kanten besitzt. Keine Ahnung, wie viel Beachtung die Band 2006 tatsächlich erhalten hat, The Locust Years ist aber definitv ein Meisterwerk, das man sich nicht entgehen lassen sollte.

DISILLUSION: Gloria
Metal-Kunst Teil 2. DISILLUSION schaffen Musik, die man mit keiner anderen direkt vergleichen kann. Einige Alt-Fans hatten ihre liebe Mühe, mit den modernen Ansätzen von Gloria, doch wer die erste Hürde erst einmal überwunden hat, erkennt schnell, dass es sich hier um ein Werk handelt, dass man in erster Linie als zeitlos bezeichnen kann.

AMORPHIS: Eclipse
Fade-Out-Promos sei Dank, habe ich das neue AMORPHIS-Album zunächst vollkommen unterschätzt. Es schien, als hätte die Band nichts zu sagen gehabt und der Line-Up-Wechsel seine Spuren in Sachen Kreativität bzw. Unkreativität hinterlassen. Doch siehe da: Kaum hat man die Band mal live gesehen und das Album in voller Länge gehört, schon muss man erkennen, dass den Finnen wieder ein Hammeralbum ganz der eigenen Tradition verpflichtet gelungen ist, das in erster Linie durch die Songs und deren herrliche Melodien überzeugt. Stilistisch stagniert die Band, was bei AMORPHIS aber nicht zur Folge hat, dass die Begeisterung an der Musik nachlässt.

BEYOND TWIIGHT: For the Love of Art and the Making
Definitiv nicht mein meistgehörtes Album 2006. Auch das Experiment, eine Metal-Oper zu kreieren, bei der man über die Random-Funktion des CD-Players immer wieder ein neues Werk erschaffen kann, hielt ich zunächst für missglückt – zu zerfahren wirkte das Songwriting. Und dennoch: nach zig Hördurchläufen kam die Magie von BEYOND TWIIGHT zum Vorschein und For the Love of Art and the Making steht für sich selbst.

LACASA DEL CID: Who killed Barbie?
Ein Akustik-Singer/Songwriter-Album in der Jahres-Top-Ten? Bezeichnet mich als verweichlicht, aber wenn ein Musiker derart intensive und einzigartige Songs auf ein Album bannt, wie in diesem Fall, dann ist es mir grad mal egal, ob das Ganze mit harten Gitarren oder eben nur ein paar akustischen Instrumenten dargebracht wird. Ein Muss für den anspruchsvollen, open-minded Metal-Fan

LAIBACH: Volk
Hah, schon wieder kein Metal. Was ist los? Die LAIBACH-Kunst-Maschine ist los! Fantastisch, was für ein Monumentalalbum die umstrittenen Slowenen hier wieder abgeliefert haben, selbst wenn das Werk überraschend stark auf leise Töne setzt. Die Vertonung von 14 Nationalhymnen ist einzigartig in der Ausführung und Kopf und Herz werden gleichermaßen in Verzückung versetzt.

QUEENSRYCHE: Operation: Mindcrime 2
Für viele ist der zweite Teil von Operation: Mindcrime eine herbe Enttäuschung – für mich war es die große Überraschung des Jahres, da ich von diesem Album wirklich gar nichts erwartet habe. Man sollte dieses Werk nicht mit seinem wegweisenden Vorgänger vergleichen und stattdessen der Musik und der erzählten Geschichte eine Chance geben. Mit etwas gutem Willen und ein paar intensiven Durchläufen entpuppt sich Operation: Mindcrime 2 als ambitioniertes Album, das es nicht verdient hat, derart mit Füßen getreten zu werden.

SUMMONING: Oath Bound
SUMMONING belegen mit Abstand die Spitzenposition in meinem Kleiderschrank. Derart viele unterschiedliche Shirts habe ich von keiner anderen Band rumfahren. Warum das so ist? Ich weiß es nicht? Warum mich die Musik trotz einer unglaublichen Stagnation immer wieder begeistert? Ich kann es nicht sagen. Fakt ist, dass SUMMONING mit Oath Bound eines ihrer besten Alben abgeliefert haben, dessen Faszination man wahrscheinlich nur jemandem erklären kann, der ebenfalls dem Sound der Österreicher verfallen ist.

SOLITUDE AETURNUS: Alone
Ich hätte es im Leben nicht geglaubt, dass man von SOLITUDE AETURNUS noch etwas zu erwarten hat und dann veröffentlichen die Texaner ein Album, das ohne Weiteres ganz nah an die ersten Monumentalwerke der Band heranreichen kann. Die lange Pause scheint man sinnvoll genutzt zu haben und die Musik macht die Enttäuschung der vergangenen Jahre und Monate fast wieder wett. Jetzt sollte sich die Band einfach etwas am Riemen reißen und den Fans zeigen, dass man sich auch in anderen Belangen auf sie verlassen kann.

MIRROR OF DECEPTION: Shards
Und noch ein herrliches Doom-Album, das allerdings wieder einmal ein paar Durchläufe braucht und hundertprozentig festgesetzt haben sich die Stücke bei mir immer noch nicht. Trotzdem begeistern mich diese wunderschönen Doom-Hymnen bei jedem Hördurchlauf erneut.

Zwei Alben, die vermutlich ebenfalls das Potential gehabt hätten, in die Jahres-Top-Ten zu gelangen, für die mir aber einfach die Zeit gefehlt hat, mich intensiv damit zu beschäftigen sind zudem die aktuellen Releases von MY DYING BRIDE, KRUX und CRESCENT SHIELD. Unerwähnt möchte ich sie einfach nicht lassen.

ALBUMNIETEN

Wie auch in den Vorjahren – eine richtige Niete oder Enttäuschung war einfach nicht dabei. Vermutlich habe ich aber auch einfach Glück, dass meine Helden in den seltensten Fällen völlige Totalausfälle abliefern.

BESTE

LAIBACH
LAIBACH am 14. Dezember 2006 im Müncher Backstage
Ein echtes Konzert-Highlight vor kleinem Publikum. Mit dem von Marsch-Musik begleiteten Betreten der Halle begann die Faszination und bis zur Film-/Theater-artigen Verabschiedung hielt sie an. Ein Konzert, das absolut nicht von der Stange kommt und bei dem man nur so von optischen und akustischen Reizen überflutet wird. Das sollte sich so manche Metal-Band mal ne Scheibe abschneiden.

KING DIAMOND am 07. Juni 2006 im Nürnberger Hirsch
Ich habe den KING gesehen! Ich liebe ihn. Ich liebe seine Musik. Ich liebe seine Show. Lang lebe der König!

KONZERTNIETEN

Wer geht schon auf Konzerte, bei denen eine Enttäuschung zu befürchten ist? 😉

BESTES

DOOM SHALL RISE
Der Klassiker. Familiäre Atmosphäre, gute Musik, schönes Ambiente. Herrlich!

PROGPOWER EUROPE
Der Klassiker Teil 2. Familiäre Atmosphäre, gute Musik, schönes Ambiente. Herrlich!

SUMMER BREEZE
Die große Festivalüberraschung. Der Umzug auf ein größeres Gelände hat dem Festival so was von gut getan. Hoffentlich kann man dieses Niveau halten und die kleinen Schwächen noch verbessern. Dann könnts ein alljährliches Festivalhighlight werden, bei dem man eine sehr schöne Mischung aus unbekannteren und bekannteren Acts der verschiedensten Genres zu sehen bekommt.

FESTIVALNIETE

Auch das habe ich mir dieses Jahr wieder ersparen können.

GEWINNER

LORDI
LORDI
Ich bin kein übertriebener Fan dieser Band, mag sie aber ganz gerne. Den Sieg, den die Finnen beim Eurovision Songcontest eingefahren haben, ist jedoch jetzt schon ein historisches Ereignis und ich denke DIE haben 2006 wirklich gewonnen.

VERLIERER

Es wird zur Tradition: MANOWAR. Aber sie liefern ja auch immer wieder hervorragendes Material für diesen Titel.

SCHÖNSTER

Pornoclip on a Viking Ship von den Ultra-Sleazern STIKKI FYKK. Mehr geht einfach nicht.

BESTER

DISILLUSION: Don´t go any further

NEWCOMER

Ja, wo sind sie denn, die Newcomer? Die Bands, die auf einmal aus dem Nichts auftauchen und einen so richtig umhauen? Die einen von den ersten Tönen an fesseln und einem bewusst machen, dass in Sachen Heavy Metal noch lange nicht alles gesagt ist? Mir persönlich ist der Newcomer, der 2006 genau das diese Kriterien erfüllt hat, irgendwie entgangen…

UNSIGNED

Sidney
BABYLON MYSTERY ORCHESTRA
Aufgrund der fundamentalistisch christlichen Ausrichtung von Bandkopf Sidney Allan Johnson wird das vermutlich nie meine ganz große Lieblingsband und dennoch hat BABYLON MYSTERY ORCHESTRA etwas faszinierendes an sich. Ein schöner Spagat zwischen Unterhaltung und Aussage.

INTERVIEWPARTNER/-SATZ

Das Interview mit Sidney Allan Johnson von BABYLON MYSTERY ORCHESTRA war für mich eine echte Herausforderung, hat mich aber wieder über Dinge nachdenken und mich damit beschäftigen lassen, die mich lange Zeit wenig gerührt haben. Definitiv ist Sidney ein interessanter Mensch, der viel zu sagen hat, der kontroverse Meinungen vertritt, der sie einem aber nicht aufdrängt. Das betrifft sowohl das Thema Religion, wie aber auch den Heavy Metal: Es ist bedauerlich, dass der Heavy Metal zur Ansicht gekommen ist, dass dieser Teil (gemeint sind die Texte – der Verf.) seiner Ausdrucksmöglichkeit vernachlässigbar ist. Vielleicht ist das der Grund, weshalb Metal in ein solches Stadium von Nutzlosigkeit gefallen ist.

LUSTIGSTES

Unser diesjähriger Aprilscherz war wirklich ein voller Erfolg und die Reaktionen waren erstaunlich. Richtig gefreut hat mich dabei, dass anscheinend auch bei unseren Lesern rüber kommt, wie wichtig die einzelnen Leute bei uns im Team sind und welchen Stellenwert sie für das Magazin einnehmen. Spaß gemacht hats definitiv! 🙂

ENTTÄUSCHUNG

Ständig frage ich mich, ob ich von mir selbst enttäuscht sein soll, dass ich es einfach nicht mehr schaffe, mich derart für die Szene zu begeistern, wie das früher der Fall war, oder ob ich von der Szene enttäuscht sein soll, weil sie es nicht mehr schafft, mich zu begeistern. Wenn ich mir die Flut an zum Teil guten bis sehr guten Veröffentlichungen anschaue, von denen es aber nur die wenigsten Schaffen, wirklich etwas Einzigartiges zu vermitteln, komm ich zu dem Schluss: mein Fehler ist es nicht… 😉
Im Übrigen verweise ich auf die Enttäuschung 2005, die ich so 1:1 übernehmen kann. Es ging grad noch mehr bergab… 🙁

REALISTISCHE

Die Plattenlabels erkennen endlich, dass es wenig bringt, wenn man darauf hofft, dass Online-Zines die Probleme, die man sich selbst gemacht hat, von selbst und völlig kostenlos aus der Welt schaffen werden. Stattdessen überdenken sie die eigenen Strategien und bauen eine sinnvolle und faire Promotionstrategie im Online-Bereich auf.

UTOPISCHE

Für manchen mag meine realistische Hoffnung bereits utopisch klingen. Viel mehr würde ich mir aber wünschen, dass die Metal-Szene weiterhin derart boomt, wie in den letzten Jahren, die Legionen an talentierten, jedoch auf einem hohen Level durchschnittlichen Musikern aber erkennen, dass sie der Szene nichts wirklich Neues zu bieten haben, dass die Labels sich auf die maximal 5 % wirklich interessante Acts konzentrieren und das Thema Onlinepiraterie im Heavy Metal von heute auf morgen verschwindet. Die glorreichen 5 (Prozent) können alle herrlich von ihren Verkäufen leben, die Plattenindustrie erlebt unglaubliche Umsätze, die CD-Preise sinken auf ein vertretbares Niveau und vampster kann sich von der vielen Werbekohle endlich selbständig machen.

Keine Frage: Den Weltfrieden, das Ende des unglaublichen Egoismusses und der Doppelmoral in unserer Gesellschaft, sowie der Intoleranz, Habgier und Unehrlichkeit, und den Fußball-Weltmeisterschaftstitel 2007 wünsch ich mir natürlich auch… 😉

ACH,

…ein ziemlich hart arbeitendes vampster-Team. Im Jahr 2006 haben wir nicht ganz 1.200 CDs besprochen und das mit einem Kernteam von 17 Leuten. Da CDs-Besprechen aber nur ein Teil der Arbeit bei vampster ist, kann ich allen Mitstreitern hier nur mein dickes Lob und einen großen Dank für all ihre Mühen aussprechen. Ich bin stolz auf euch!
Gleichzeitig wird mir angesichts dieser Zahl aber erneut bewusst, wie abgefuckt unsere Szene geworden ist. Wir haben sicher noch lange nicht jeden Release des Jahres 2006 besprochen und ich frage mich ernsthaft: Wer soll das noch hören? Wer soll das alles kaufen? Wie soll das alles funktionieren? Wo bleibt die Kunst hinter der Musik? Wo die höheren Ansprüche? Wo die Qualität?

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