Hölzerner Wahnsinn: Sag mir, wo die Superstars sind. Ein Loblied auf den Sender Eurosport

"Eurosport" ist der beste Fernsehsender. Auch, wenn ihn niemand einschaltet, wird er die Welt retten; zumindest vor schleimigen Abziehbildchen aus dem Privatfernsehen.

Ausgehend von einer Vermutung, nämlich der, daß der Sender Eurosport genau deshalb existiert, weil er völlig sinnlos ist, möchte ich meinen heutigen Ausfall einleiten. Manche mögen sich fragen, wieso stets soviel Zeit verstreicht zwischen zweier meiner Ergüsse – angenommen, das hier liest überhaupt jemand -, und denen sei gesagt, daß es dafür keinen Grund gibt. Wenn man langsam immer älter wird und sich nichts wesentliches im Leben verändert, da man mit einem Verlangen nach Romantik geschlagen ist, kann es halt schon mal passieren, daß man lange apathisch vor sich hin siecht, zwischendurch zur Arbeit geht, dort meint zu wissen, was Leben ist, dann aber wieder nach Hause kommt, um plötzlich festzustellen, daß nach Hause kommen etwas höchst relatives ist.

Ja, wäre ich nicht so faul, könnte ich sogar Journalist werden.

Aber zum Thema: Ich kann mir nicht vorstellen, daß irgendjemand meiner werten Leserschaft jemals bewußt Eurosport eingeschaltet hat, denn Menschen, die so etwas tun, gibt es nicht. Der Grund ist einfach: Eurosport sendet nichts, was interessant ist, höchstens kuriosen Unsinn wie eine Hallenhockey-WM, bei der sich in der Halle etwa zehn (!) Zuschauer eingefunden haben. Liebe Verantwortlichen von Eurosport, wie viele Zuschauer wird ein Spiel im Fernsehen haben, wenn selbst live keiner zuguckt?

Diese Überlegungen führen natürlich zu weiteren: wer finanziert diesen Sender? Wer steckt hinter soviel organisierter Langeweile? Ich weiß es nicht. Was ich aber weiß, ist, daß Eurosport, was man jetzt vielleicht gar nicht vermuten würde, nicht nur einer der langweiligsten und sinnlosesten, sondern erst recht einer der besten Sender ist, die es gibt. Das hat folgenden Grund: Das öffentlich-rechtliche Fernsehen bietet drei bis vier gute Sendungen pro Woche, das Privatfernsehen hat die Simpsons, Futurama und Family Guy – und Deutschland sucht den Superstar. Letzteres überwiegt alles. Deutschland sucht den Superstar ist symptomatisch für eine Welt, in der Schein alles ist und Sein nichts – Eurosport ist das genaue Gegenteil, es ist einfach da und stört niemanden. Hingegen ist die Wirkung von DSDS, wie die Zumutung in Fachkreisen nur genannt wird, auf denkende Menschen vergleichbar mit dem unmittelbaren physischen Empfangen einer Kugel aus konzentriertem Erbrochenen, sprich: man könnte kotzen. Und der schleimigste, widerlichste, aalglatteste von den dort vertretenen Kandidaten ist aufgewachsen zehn Kilometer entfernt von mir und ging in meiner Stadt zur Schule, was zunächst einmal seine Stadt zum Anlaß nimmt, ihm einen Eintrag ins Goldene Buch der Stadt zu gewähren, und eben jene Schule in meiner Stadt kommt auf die Idee, zwei Stunden schulfrei zu geben für einen Auftritt dieses Hampelmannes. Schimpft mich einen Kulturpessimisten, das ist mir egal, ich spreche es aus: wir sind am Ende. Der Kampf gegen die Dummheit hat nicht gerade erst begonnen, wie die taz einmal schrieb, nein, er wurde vor langer Zeit schon verloren. Diejenigen, die noch hilflos seine Fahne aufrecht halten, werden belächelt und verlacht, und was, liebe Gemeinde, bleibt dann noch?

Vielleicht Have A Nice Trip von den Reitern. Bald steht die Rezension dieses exquisiten Stückchens Musik an, sowie ein Interview, da kann man doch schon mal feuchte Hände kriegen, oder? Zwar sind auch die Reiter jetzt im großen Musikgeschäft, aber da muß man als Fan wohl durch, immerhin hat es der Musik nicht geschadet, und das ist die Hauptsache – zumindest sollte das so sein. Ob die Hauptsache mittlerweile eher zur Promtion verkommt, wird die Zeit zeigen, hier gilt es halt, Kröten zu schlucken, bis man platzt, wie überall. Wobei mir der letzte Samstag in den Sinn kommt. Eine halbe Million Menschen in Berlin, vier Millionen in Spanien, weitere Millionen im Rest der Welt auf der Straße gegen einen neuen Irakkrieg. Eine willkommene Gelegenheit war das zu zeigen, wie toll man selbst Frieden findet, auch wenn einem das auch zwei Kriege früher hätte einfallen können, und eine willkommene Gelegenheit auch für die Herren Bush und Blair zu zeigen, daß man auf Demokratie scheißt. Donald Rumsfeld bekam zur gleichen Zeit übrigens den Orden für Freiheit und Demokratie verliehen und wurde damit zur Karikatur seiner selbst, was ihm natürlich nicht weiter aufgefallen ist.

Ach ja, die Weltgeschichte… ein Lied ohne Ende, zu singen, wenn man traurig ist und erst recht, wenn nicht. Ich will hoffen, daß die Apathie mit dem Frühling endlich verschwindet, ich will hoffen, daß am Donnerstag das Diktiergerät durchhält und der Hund nicht bellt. Ich will hoffen, daß es endlich wieder Spaß macht, die Dummheit zu verlachen, weil andere das selbe fühlen, und ich will hoffen, daß Alexander Klaws bei DSDS gewinnt, damit Sendenhorst in einer gigantischen Freudenexplosion den Bach runtergeht. Was singt Eumel gerade? Hey little boy, I wish you thousand wonders…

Danke.

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