DENOVALI SWINGFEST-Special 2010: DENOVALI RECORDS

DENOVALI ist ein ungewöhnliches Label. Sie haben keine feste Zielgruppe, sie wildern in den Genres, sie brauchen keine großen Zugpferde, ihnen ist die Qualität ihrer Veröffentlichungen wichtiger, als die Menge an Output, den sie haben, und trotzdem gibt es regelmäßig neues Material, das Sammlerherzen höher schlagen lässt und interessierte Hörer auf Entdeckungsreise schickt. Kein anderes Label hat derzeit ein ähnlich gutes Händchen für talentierte Bands, die nicht in Schubladen passen, wie DENOVALI. Im Zuge unseres SWINGFEST-Specials befragen wir Labelboss Timo über die Geschichte, Arbeitsweise und Hintergründe von DENOVALI.

DENOVALI ist ein ungewöhnliches Label. Es hat keine feste Zielgruppe, wildert in den Genres, braucht keine großen Zugpferde. Den Labelgründern ist die Qualität ihrer Veröffentlichungen wichtiger, als die Menge an Output, den sie haben, und trotzdem gibt es regelmäßig neues Material, das Sammlerherzen höher schlagen lässt und interessierte Hörer auf Entdeckungsreise schickt. Kein anderes Label hat derzeit ein ähnlich gutes Händchen für talentierte Bands, die nicht in Schubladen passen, wie DENOVALI. Im Zuge unseres SWINGFEST-Specials befragen wir Labelboss Timo über die Geschichte, Arbeitsweise und Hintergründe von DENOVALI.


DENOVALI existiert seit 2005 – zunächst als Minilabel, heute seid ihr ein aufstrebender Indie, der genreübergreifend Anhänger hat. Wie hat sich das entwickelt, dass ihr so groß geworden seid?

Aufstrebender Indie ist eventuell etwas zu hoch gegriffen, beziehungsweise es entspricht nicht unserer Herangehensweise. Wir setzen uns ja keine expliziten Ziele oder Marken, die wir mit dem, was wir machen erreichen möchten. Wir unterstützen Musik, die uns gefällt. Das ist der simple und naive Erstansatz. Natürlich machen wir das teils auf andere Art als andere Labels, und bei uns existiert zumeist auch sehr schnell eine enge Bindung zu den Künstlern – aber wirkliche Ambitionen haben wir nicht. Wir stecken eine Menge Zeit, Arbeit und Geld in (aus unserer Sicht) authentische und qualitativ gute Musik – primär erstmal aus einer Art erweiterter Befriedigung des eigenen Interesses an den Künstlern und um den Musikern weiterzuhelfen. Natürlich ist es schön, wenn es dann auch Anderen gefällt, aber wir betonen immer wieder, dass uns das wirklich nicht so wichtig ist, beziehungsweise, dass wir den Hörerkreis nicht zwanghaft erweitern müssen. Zum zweiten Teil der Frage: Ich denke wir arbeiten recht zuverlässig, und die Künstler und wir liegen auf einer Wellenlänge. So etwas kommuniziert sich auch schnell nach außen und die Leute checken eventuell relativ schnell, dass die Dinge primär aus Liebe zur Musik passieren und nicht aus kommerziellen Motiven. Fernab davon waren es aber 5 Jahre mit extremem Zeitaufwand. Was nach außen hin relativ einfach und aus einem Guss erscheint, ist im Innenleben – gerade in den finanziell schwierigen Anfangszeiten – oftmals ein Krampf und Kampf.

Beinahe wöchentlich berichtet ihr von kommenden, wunderschönen Special Editions und neuen Künstlern, die auf DENOVALI veröffentlichen. Habt ihr ein so großes Budget, oder kümmert ihr euch nur um das Pressen?

Wir haben weder ein großes Budget, noch kümmern wir uns nur um das Pressen. Wer – außer uns – sollte die Platten auch bezahlen? Zum Einen haben die Bands alle selbst kein Geld – zum Anderen ist es ja auch die Aufgabe des Labels alle Kosten zu übernehmen. Ich habe schon öfters mal von Bands gehört, dass ihre Labels ihnen Press- oder Werbekosten in Rechnung stellen. Das ist ja absurd und lächerlich. Zum Budget: Ein Release finanziert das Nächste. Wir erwähnen immer wieder, dass dies alles nur funktioniert, weil wir eine gute Anzahl an sehr loyalen Unterstützern haben. All die Leute, die physische Tonträger noch zu schätzen wissen, unsere Idee verstehen und regelmäßig bestellen, halten die Sache am Leben. Dafür kann man ihnen eigentlich nie genug danken. Und das groß aus der vorhergehenden Frage ist im finanziellen Sinne auch sehr vorsichtig zu betrachten. Natürlich finden unsere Releases in letzter Zeit auch in der Presse immer mehr Beachtung – aber das bedeutet nicht, dass wir automatisch mehr verkaufen. Ich glaube dadurch, dass wir relativ viel machen, denken einige Leute wir wären auch finanziell gut aufgestellt. Ich kann versichern, dass das eher auf gutem Timing als auf starkem finanziellen Background basiert.

Wie gelangt ihr an die neuen Bands? Für jemanden wie mich, der sich schon recht gut im Underground auskennt, ist es jedes Mal erstaunlich, was ihr da an Land zieht, vor allem, da ich die wenigsten Bands bereits vor DENOVALI gekannt habe.

Das ist unterschiedlich. Meistens finden wir Künstler durch die intensive Auseinandersetzung mit der Materie. Genauer gesagt: Durch die Labelarbeit surft man viel im Internet und hört teilweise nette Sachen und natürlich sehr viel Mist. Manchmal starten Mitglieder von DENOVALI-Bands Zweitprojekte. Zwei, drei Leute von HER NAME IS CALLA arbeiten derzeit zum Beispiel an einer neuen Band. Wir bekommen seit einiger Zeit auch sehr viele Demos und hören die meisten auch an – zusammengearbeitet aufgrund eines Demos haben wir bislang nur mit einer Band.

Stellt euch vor, ihr könntet euch jemanden aussuchen, welche Band hättet ihr gerne auf DENOVALI?

Da gibt´s nichts Explizites. Also, es gibt natürlich außerhalb des Labels viele Bands und Alben, die wir gut finden, aber zu einer Zusammenarbeit gehört ja auch mehr als nur die bloße Musik.

Die Fanfreundlichkeit ist ein großes Plus bei DENOVALI, einige Releases gibt es zum Gratisdownload, von allen Alben kann man sich sehr viel online bei euch anhören. Gehört ihr der Philosophie an, dass im Underground treue Käufer unterwegs sind, die auch dann kaufen, wenn sie bereits das Album gezogen haben?

Das ist die eine Seite der Medaille – sprich, wir denken, dass es noch genügend Leute gibt, die MP3s, genauso wie wir, nur als Zusatz sehen und dementsprechend gerne etwas Physisches bevorzugen. Zum anderen machen wir immer ganz klar deutlich, dass wir mit Anbietern wie Itunes absolut nichts anfangen können. Aus unserer Sicht werden bezüglich dessen sehr viele Leute für äußerst dumm verkauft. Dass dies im Mainstream funktioniert, ist nicht verwunderlich – aber wenn ich sehe, dass viele selbsternannte unabhängige Labels immer stärker auf solche Plattformen strömen, stimmt aus meiner Sicht in Sachen Selbstverständnis so einiges nicht. Wenn sich Apple von einem für 99 Cent verkauften Song gut die Hälfte in die Tasche steckt, ist das kein Konzept welches unabhängiger Musikkultur gerecht wird. Auf der anderen Seite liegt, wie immer, die Macht natürlich beim Käufer. Wir könnten jetzt darüber sprechen inwiefern Leute in der Lage sind zu reflektieren und Prozesse zu durchschauen. Das würde den Rahmen sprengen.

In letzter Zeit nimmt es aber ab, dass ihr Gratis-Downloads anbietet, oder wirkt das nur so? Wollt ihr längerfristig davon weg?

Das wirkt nur so. Wir überlassen die Entscheidung bezüglich dessen immer den Künstlern. Thomas und ich sagen klar, dass wir 100% für die Gratisbereitstellung der Downloads sind. Einige unserer Bands möchten das gerade in der Anfangsphase einer Veröffentlichung nicht. Das respektieren wir.

Wie läuft der Arbeitsalltag ab – arbeitet ihr von zu Hause aus und habt eure Wohnung voller Merchandise und Mailorderartikel, die ihr verschickt, oder ist das ausgelagert?

Leider sehen Thomas und ich uns zu selten. Er wohnt im Norden und ich im Ruhrgebiet. Ja, wir arbeiten von zuhause aus. Das ist ein Relikt der Anfangszeiten und auch heute immer noch am kostengünstigsten. Die Sachen lagern weder bei Thomas noch bei mir. Wir haben Teile des Kellers meines Elternhauses zum Lager umfunktioniert bzw. haben wir dort vor 4, 5 Jahren mal mit einer Plattenkiste begonnen und sind nie umgezogen. Ich pendle dann immer zwischen den Örtlichkeiten, um die Bestellungen auf den Weg zu bringen. Eventuell ändert sich das nächstes Jahr, mal schauen. Ansonsten besteht der Arbeitsalltag überwiegend aus Kommunikation.

 

 
Einjahresprojekte sind bei DENOVALI keine Seltenheit. Beispiel: HER NAME IS CALLA

Timo, du schreibst immer E-Mails zu den unmöglichsten Zeiten, so als würdest du nur arbeiten und nie schlafen. Ist das tatsächlich so? Ist das der Preis für euer florierendes Jungunternehmen?

Haha. Ich denke das liegt eher daran, dass ich Nachtmensch bin. Ich lebe schon seit Studienanfangszeiten in einem ungängigen Rhythmus. Da habe ich auch meistens bis 2, 3 Uhr nachts irgendwas gelesen oder geschrieben, bin dann morgens um 8 in irgendeine Vorlesung getaumelt und habe vielleicht um 10 Uhr nochmals eine Stunde geschlafen. Ich arbeite aber nicht nur – auch wenn das die hoffentlich schnellen Antworten zu verschiedensten Uhrzeiten vermuten lassen. Meistens läuft der PC und ich mache parallel andere Dinge. Bei mir gibt´s keine Trennung zwischen Privatleben und Arbeit. Ich gestalte das wie ich Lust habe und finde das recht angenehm. Leider wird wirklich freie Zeit immer weniger.

Könnt ihr von Label und Mailorder leben, oder habt ihr noch andere Nebeneinkünfte?

Interessant, dass die Frage in jedem Interview auftaucht. Ich finde das vollkommen unwichtig. Darum geht es bei dem Label einfach nicht. Thomas hat dieses Jahr seinen Doktor der Physik gemacht und arbeitet noch ein, zwei Jahre weiter an der Uni. Ich bin seit Mitte 2009 mit der Uni fertig und mache seitdem erstmal nur das Label. Wir basteln gerade an einem Selbständigkeitskonzept, das es uns ermöglicht das Label weiter zu führen ohne am Hungertuch zu nagen. Das Label frisst sehr viel Zeit – finanziell ist´s nicht gerade die Erfüllung. 2 Personen könnten davon derzeit nicht leben und eine Familie wäre auch nicht zu ernähren. So viel zum aufstrebenden Indie…

Welche Musik hört ihr Privat – oder bietet DENOVALI einen Überblick über euren persönlichen Musikgeschmack?

Der Geschmack ist breit gefächert. Das reicht bei mir von Platten, die eher dem Labelprogramm entsprechen, bis hin zu STOCKHAUSEN, GUSTAV MAHLER oder auch MAX RICHTER. Während der Beantwortung der Fragen höre ich zum Beispiel ZOLA JESUS – ansonsten letzte Zeit sehr viel Ambient und Experimentelles. Ich merke, dass ich daheim im Laufe der Jahre immer weniger aggressivere Musik mag. Wird man alt? CELESTE ist, glaube ich, derzeit die einzige Metal-Band, die ich noch regelmäßig höre. Thomas bevorzugt teils noch andere Dinge als ich, gerade auch auf dem elektronischen Sektor.

Erhaltet ihr viele Anfragen von Bands, die mit euch zusammen arbeiten wollen?

Es hält sich noch in Grenzen. Viele schicken ihren Myspace-Link mit zwei, drei geschriebenen Sätzen, um uns zu erklären warum sie, und nur sie zu uns passen. Das ist uns eigentlich auch lieber als Demos ins Haus zu bekommen. Da kann man einmal klicken – es gut oder nicht gut finden – kurz antworten und die Mail löschen. Das jetzt bitte nicht als Aufforderung verstehen! An sich sind wir an Demos nicht so wirklich interessiert.

In diesen Zeiten ein Label zu gründen ist für Außenstehende sowas wie finanzieller Selbstmord. Warum habt ihr euch darauf eingelassen? Und wie kann man ein junges Label zum Erfolg führen ohne Pleite zu gehen?

Es ist bei uns ja einfach homogen gewachsen. Wir haben irgendwann ohne große Planung ein paar CDR- und 7-Releases veröffentlicht, uns dann recht schnell auf eine bestimmte Philosophie besonnen und einfach immer weiter gemacht. Der heutige Stand existiert aufgrund von Beständigkeit. Wer etwas zum Erfolg führen möchte, sollte ehrlicherweise eine andere Musik als wir veröffentlichen oder ein fesches Internet-Startup-Unternehmen gründen. Ich hörte davon, dass im Schlagersektor und mit DEICHKIND-Klonmusik derzeit noch ein schneller Euro zu machen ist. Erfolg definiert sich, glaube ich, durch das Erreichen selbst gesetzter Ziele. Manche wünschen sich da Anerkennung, manche den finanziellen Erfolg. Wir wollten beim Start eigentlich nichts von Alledem. Wer keine expliziten Absichten hat, kann sie auch nicht in Resultate umwandeln. Uns geht es eher um die interne Sicht der Dinge – also was uns persönlich die Veröffentlichung bedeuten und wie wir den Bands bestmöglich helfen können. Externe Anerkennung ist uns auch heute noch aus vielerlei Gründen nahezu unwichtig. Es geht ja auch nicht um uns, sondern um die Musiker. Wir können uns vielleicht darauf einigen, dass unser Ziel darin besteht den Laden einfach in Gang zu halten.

Eure Philosophie ist, nicht nur Musik, sondern auch ein ansprechendes Drumherum zu bieten. Hand aufs Herz, würdet ihr weniger verkaufen, wenn ihr nicht so wunderschöne Special-Editions und so weiter bieten würdet?

Kann ich nicht sagen. Dem liegt aber auch schon wieder die Prämisse zugrunde, dass wir Dinge aufwendig gestalten, um Verkaufszahlen zu steigern. Das stimmt nur sehr bedingt. Dass es eine bestimmte Vinylversion nur via Mailorder gibt, ist sicherlich der Tatsache geschuldet, dass wir gerne so schnell wie möglich unsere Kosten decken möchten. Andererseits gibt´s bei uns nie farbiges Vinyl aus Limitierungsgründen. Die Vinylfarben fügen sich immer in das gesamte Artwork-Konzept ein. Ob´s dann nur eine  oder es fünf verschiedene Farben gibt, ist doch vollkommen egal. Es gibt doch auch Wichtigeres im Leben als über die Verpackungen von DENOVALI-Releases zu philosophieren. Das Drumherum, wie du es nennst, ist eigentlich ein umfassendes Konzept in dem Artwork plus Verpackung eine gewisse Teilrolle spielen.

Die LP ist ja in den letzten Jahren wieder verstärkt am kommen. Ist das ein Grund, warum ihr so gut Fuß fassen konntet? Was fasziniert euch an dem Medium LP, mal abgesehen von der Optik?

Wenn wir von der aktuellen N Veröffentlichung 100 Stück pressen und es sicherlich ein Jahr dauert, bis diese ausverkauft ist, oder wir von anderen Bands circa 500 LPs unter die Menschheit bringen, würde ich das nicht als Fuß fassen bezeichnen. Auf die Gefahr hin mich zu wiederholen: Es ist toll, dass wir einen konstanten Unterstützerkreis haben – wir sind auch dankbar, dass von einer CELESTE-CD vielleicht mal 1000 bis 1500 Exemplare gekauft werden – aber in dem Kontext können Verkaufszahlen wirklich nicht als Motivation des Fortführens wahrgenommen werden. Zur LP: Wir sind beide sehr an Verpackungsmöglichkeiten und Artwork-Gestaltung interessiert. Die LP, als größtes Format, bietet da die meisten Möglichkeiten. Der Sound mag für viele auch wärmer klingen, aber wir sind beide nicht audiophil oder Soundtüftler genug, um das als Grund anzuführen.

Viele Labels legen ihren LP-Releases digitale Download-Gutscheine bei. Warum macht ihr das nicht?

Gute Frage. Unser Wunschkonzept war es ja immer die Mp3s frei zugänglich auf die Homepage zu stellen. Dementsprechend haben wir auch nie über Coupons nachgedacht.

 DENOVALI
Aufwändig und ambitioniert: Das THE SAMUEL JACKSON FIVE-LP-Boxset.


Auch die CDs sind ungewöhnlich verpackt. Meist kommen sie in schicken Kartonverpackungen, sind ungewöhnlich geformt und bedruckt. Ist das Jewel Case für euch uninteressant und versucht ihr Plastik zu vermeiden? Evtl. aus Umweltschutzgründen?

Naja, wenn man CD-Pappcover aus den USA importiert, wertet das sicherlich nicht die Ökobilanz der Veröffentlichung auf. Andererseits würden wir die Cover gerne in Europa kaufen, allerdings gibt es keine Firma, die vergleichbare Qualität liefert. Wir mögen Jewel Cases nur im Ausnahmefall: Bei An Anxious Object von MOUSE ON THE KEYS fand ich es zum Beispiel ästhetisch gesehen recht gelungen. Die Umwelt kann man beim Betreiben eines Labels wohl nur in geringem Maße schützen. Wir achten aber schon auf solche Details. Vollkommen abstrus finde ich in dem Zusammenhang das Aufkommen der Argumentation, dass CD und Vinyl ja auch aus Umweltschutzgründen nicht mehr zeitgemäß wären und dass der Download von Mp3s ja hinsichtlich dessen sehr innovativ sei. Solange man in den letzten 50 Jahren den Konsumenten mit Vinyl- und CD-Verkäufen melken konnte, war die Umweltbelastung natürlich kein Thema. Da die physischen Verkaufszahlen jetzt immer mehr nachlassen, kann man als Label in dem Kontext urplötzlich auch das Umweltschutzmarketingpony reiten.

Die einzige CD, die etwas konventioneller, also im Jewel Case kam, war MOUSE ON THE KEYS An Anxious Object. An was lag das? War das der Wunsch der Band?

Alle Involvierten fanden es so am passendsten. Ohne dieses Pappslipcase und das aufwendige Booklet hätten wir kein Jewel Case gemacht.

Wie lange dauert es, bis das Konzept für ein Release steht, ich denke hier zum Beispiel an THE EYE OF TIME und die LP-Version von HER NAME IS CALLA. Schließt sich Thomas mit den Bands kurz und erstellt in akribischer Arbeit die Artworks?

Das variiert von Release zu Release. THE EYE OF TIME ist da ein Sonderfall. Thomas hat Marc versprochen zu jeden Song ein Bild zu gestalten. Marc wiederum arbeitet lange am Mastering der Songs. Dementsprechend braucht so ein Release gerne mal ein Jahr oder länger. Ansonsten gilt die Regel, dass kein Artwork verwendet wird, mit dem nicht alle Beteiligten zufrieden sind.

Auf welche Bandentdeckung und auf welches Produkt seid ihr besonders stolz?

Wir möchten niemanden hervorheben.

Soweit ich weiß, habt ihr gewisse Partner mit denen ihr sehr eng zusammenarbeitet? Ein bestimmtes Presswerk oder Black Ink für die T-Shirts? Sind die Firmen genauso gepolt wie ihr?

Hinsichtlich des Presswerkes arbeiten wir flexibel. Wir nutzen mehrere. Die letzten ein, zwei Jahre wurde allerdings sehr viel via Piratespress produziert, das ist richtig. Das liegt vor allen Dingen daran, dass sie bezüglich bestimmter Details eine Variation und Qualität liefern, die wir woanders nicht bekommen. Zum anderen ist unser Betreuer dort sehr gut. Da gab´s an anderer Stelle schon erheblich mehr Schwierigkeiten. Ja, die Shirts druckt Benni von Black Ink. Er ist quasi der heimliche DENOVALI-Mitarbeiter. Persönliche Strukturen sind uns wichtig. Die Werbearbeit macht auch jemand, der unsere Philosophie versteht und bezüglich Magazin- und Reviewzirkus unsere Ansichten teilt.

Ein interessanter Punkt ist, dass ihr keine in Malaysia hergestellten Shirts für euer Merchandise verwendet, sondern American Apparel-Shirts, die eben in den USA hergestellt werden. Ist das eine Art Aussage? Und wie kriegt ihr es hin, dass eure Shirts immer noch deutlich günstiger sind, als die von anderen Labels?

Naja, ob American Apparel wirklich diesem Fair Trade Siegel entsprechen, das sie sich lange Jahre gaben, ist ernsthaft in Frage zu stellen. Es gab ja auch interessante Berichte zum sexuellen Trieb des Besitzers Charney. Aber was sind die Alternativen? Wenn ich bei vielen selbsternannten Fairtrade-Shops solche Slogans wie 100% Attitüde. Schwimme gegen den Strom lese, kommt mir genauso die Magensäure hoch wie bei American Apparel – bei denen passen zumindest die Shirts noch. Ich war gestern auf einer Seite wo 8 bis 10 Biozertifikate erwähnt wurden und unter unsere Marken dann natürlich auch American Apparel auftauchte. Bewusster Konsum kann sicherlich sehr viel in der Welt verändern, aber das geht nur bei vorhandener Transparenz. Wirklich fair gehandelte Textilien sind dem Käufer im Bandmerchkontext schlichtweg zu teuer. Unsere Shirts sind deutlich günstiger als jene von großen Labels, aber da wir MwSt. abführen müssen, auch etwas teurer als solche von DIY Bands und Labels. Hinsichtlich der Vinylpreise wird uns von Ahnungslosen ja oft genug Wucher unterstellt.

Weil ihr ja noch immer zu wenig arbeitet, gibt es das DENOVALI SWINGFEST, das heuer am 9. und 10. Oktober stattfindet. Ein tolles Event mit den unglaublichsten Live-Acts. Ist das eine Art Bonus für euch, oder einfach nur ein Traum, den ihr euch erfüllen wolltet?

Da das Fest sehr viel Arbeit bedeutet, ist´s alles andere als ein Traum. Es ist, wie vieles Andere bei uns, einfach aus einer idiotischen Idee entstanden. 2006 kannte das Label ja noch niemand, das Fest war auch nicht wirklich gut besucht. 2009 war die Nachfrage überraschenderweise – gemessen an unserer Größenordnung – immens. Wir schauen von Jahr zu Jahr. Wenn wir 2012 keine Lust mehr haben, setzen wir eventuell auch wieder ein, zwei Jahre aus. 2011 wird es aller Voraussicht nach stattfinden.

Dieses Jahr findet das  SWINGFEST nach dem positiven Auftakt 2009 an zwei Tagen statt. Habt ihr euch dieses Mal mehr getraut?

Das trägt dem Umstand Rechnung, dass wir einigen mehr Labelbands die Möglichkeit zu einem Auftritt vor einem angemessenen Publikum geben wollten. Auch den Umfang des Fests setzen wir eigentlich jedes Jahr neu fest.

Haben die Fans, die 2010 noch kommen wollen, jetzt noch eine Chance an Karten zu gelangen? Wie ist der Zuspruchs seitens Fans und Presse bisher?

Da die Räumlichkeiten viel größer als letztes Jahr sind, gibt es noch genügend Karten für alle, die Interesse haben. Ich glaube die Leute nehmen das Line-Up recht gut auf. Presse interessiert uns nicht so wirklich.

Ihr wählt auch einen unkonventionellen Weg für dieses Festival. Nicht im Sommer, sondern im Herbst, und Indoor, noch dazu in der Kulturhauptstadt 2010 – ist das eure eigenwillige Art, einfach mal etwas Anderes zu bieten? Und, würde dieses Festival als Sommer-Open Air eurer Meinung nach überhaupt funktionieren? Ich denke klar: Nein.

 DENOVALI
Von wegen weder Fisch noch Fleisch: Auch HEIRS zweites Album Fowl kann sich sehen und hören lassen.

Wir mögen keine Sommer-Open Air-Festivals. Ich war zum Beispiel noch nie bei einem. Doch, einmal beim Rheinkultur Festival. Ich mag, außer vielleicht bei gewissen Sportveranstaltungen, keine Massen. Nenne mich ignorant, aber ich mag auch den überwiegenden Teil der Leute nicht, die solche Festivals besuchen. Da geht´s nicht wirklich um die Musik. Für mich besteht kein Unterschied zwischen dem Kölner Karneval, dem Oktoberfest, diesem Rudelfußballgucken und ROCK AM RING. Okay, die ersten beiden heucheln noch eine Art von Tradition. Wenn jemanden das glücklich macht, soll er gerne teilnehmen – ich bleibe zuhause. Andererseits würde das SWINGFEST musikalisch an der freien Luft nicht wirklich funktionieren und uns würde für die Umsetzung auch einfach das Geld fehlen.

Auch ungewöhnlich ist, dass allen Bands die Möglichkeit gegeben wird, ein komplettes Set zu spielen. Das beweist eigentlich, dass eure Künstler euch gleichermaßen am Herzen liegen. Wollt ihr daher weg von einer typischen Massenveranstaltung und lieber Klasse statt Masse bieten?

Auf dem Festival hat jede Band den gleichen Stellenwert und bekommt in etwa die gleiche Spielzeit. Mehr gibt´s dazu eigentlich nicht zu sagen. Wir haben auch, damit es nicht zu monoton wird, versucht eine gesunde Laut-Leise-Mischung zu gestalten. Ich verstehe auch nicht warum die Band, die als Letztes spielt, als wichtiger wahrgenommen wird als Andere. Das sind so typische Denkmuster, die sich aufgrund der großen Festivals festgesetzt haben und die von Kleinen adaptiert werden.

Was steht bei euch nach dem SWINGFEST an? Urlaub? Oder werdet ihr voller Motivation gleich wieder Vollgas geben?

So aufwendig ist´s dann auch wieder nicht. Wir machen davor und danach das, was wir immer machen. An sich sind wir äußerst langweilige Typen.

Nun zu euren Bands. Bitte brainstorme ein wenig und erzähle kleine Anekdoten, wie ihr zu den Bands steht, oder warum ihr deren Musik liebt.

KOM

Der Merchkoffer war früher Requisite bei Es geschah am helllichten Tag.

CELESTE

Ich muss ehrlich gestehen, dass es mit Abstand die lustigste und sexuellste DENOVALI-Band ist.

BLUENECK

Hippies.

HEIRS

Auch sexuell.

BERSARIN QUARTETT

Lieblingssoundtüftler.

SANKT OTTEN

Die neuen Flippers.

KIDCRASH

Urgestein.

HER NAME IS CALLA

Die schlimmsten Hippies.

THE EYE OF TIME

Marc bringt eine noch größere Portion Depression in die Musik als die anderen DENOVALI-Bands.

THE KILIMANJARO DARKJAZZ ENSEMBLE

Wir freuen uns wie kleine Kinder mit ihnen arbeiten zu dürfen. Seppo (KODIAK – Anm. d. Verf.) trinkt jeden Abend Wein dazu.

OMEGA MASSIF

Besser als MASSIV.

KODIAK

The Fab Three

MOUSE ON THE KEYS

Songwritingtechnisch sicherlich die talentierteste DENOVALI-Band. Die japanische Mentalität entspricht unserer.

BIRDS OF PASSAGE

Alicia haben wir vor nicht langer Zeit über ein kleines, feines US-Label kennen gelernt. Unglaublich gut und ein unglaublich netter Mensch.

IROHA

Fuzzy.

N

Hellmut ist genauso unambitioniert wie wir und erschafft die perfekte Monotonie.

CONTEMPORARY NOISE SEXTET

Auf dem SWINGFEST werden viele Kinnladen herunterfallen.

THE DALE COOPER QUARTET

Der Beweis, dass sinnloses Herumsurfen im Internet zu etwas führen kann.

Ich hab’ irgendwann durch Zufall mal reingehört und war sofort 100% überzeugt. Grandios.

SWITCHBLADE

Jetzt nur noch The Fab Two.

THE SAMUEL JACKSON FIVE

Jazzy.

POVAROVO

Ich mag russische Schwermütigkeit.

Habt ihr für unsere Leser noch ein paar letzte Worte, oder wollt ihr noch was loswerden?

Besten Dank an Dich für das lange Interview! Das nächste Mal fasse dich kürzer – du hast mir die halbe Nacht gestohlen! 😉 Letzte Worte bezüglich des Labels gebühren einem Forumsschreiber: Würde mir solchen pseudointellektuellen studentenfrisurenweltschmerzschickimickibusinesspunkquark zwar eh nicht kaufen, aber sonst haben sie bei DENOVALI noch alle Tassen im Schrank? Nein. Haben sie natürlich nicht.

WordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner