DAS METAL-UTENSIL DES MONATS: ´Hefte raus, Klassenarbeit!´

Heavy Metal unterscheidet sich nicht zuletzt dadurch vom Mainstream, dass es dabei nicht nur um Musik geht, sondern einen ganzen Lebensstil, ein spezielles Lebensgefühl mit sich bringt. Das äußert sich nicht zuletzt in all dem kleinen Zubehör, das das Metallerleben erst so richtig speziell werden lässt. Wir wollen euch in dieser neuen Rubrik einige Klassiker des Metallerbedarfs in loser Folge vorstellen. Den Anfang machen die üblichen Gebrauchsgegenstände, die den Schulunterricht des angehenden Metallers etwas erträglicher gestalten…

Heavy Metal unterscheidet sich nicht zuletzt dadurch vom Mainstream, dass es dabei nicht nur um Musik geht, sondern einen ganzen Lebensstil, ein spezielles Lebensgefühl mit sich bringt. Das äußert sich nicht zuletzt in all dem kleinen Zubehör, das das Metallerleben erst so richtig speziell werden lässt. Wir wollen euch in dieser neuen Rubrik einige Klassiker des Metallerbedarfs in loser Folge vorstellen. Den Anfang machen die üblichen Gebrauchsgegenstände, die den Schulunterricht des angehenden Metallers etwas erträglicher gestalten…

„Hefte raus, Klassenarbeit!“

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Fünfundvierzig Minuten. Zweitausendsiebenhundert Sekunden Langeweile. Bis zu zehn Mal hintereinander. Fünf bis sechs Mal die Woche. Und das jahrelang. Kaum eine Zeitspanne kann dermaßen lang werden wie eine Schulstunde. An diesen zähen Lavafluss der Augenblicke kommt höchstens noch der nicht enden wollende Auftritt einer Nu-Metal-Vorband auf einem MANOWAR-Konzert heran. Und wie schlägt der gerade erst in den Bann von METALLICA, AC/DC oder IRON MAIDEN geratene Schüler all diese Zeit am besten tot? Nun, auf dem Schultisch liegen Stifte und ein jungfräuliches Heft (Din A 4, liniert, mit Rand)…es wird nicht lange dauern, bis die ersten zaghaften zackigen Ms, die ersten kantigen, Is, Rs, Os und Ns ihren Weg auf die Hülle des eigentlich als Grammatikheft gedachten Blätterhaufens gefunden haben. Mal ehrlich, wer hat sich nie zeichnerisch an den Logos seiner stählernen Heroen vergangen? Wahre Meisterwerke entstanden, je krakeliger, desto Metal. Und noch während man noch mit zwischen die Zähne gepresster Zunge letzte Hand an das SLAYER-Pentagramm legt, verkündet auch schon die Schulglocke die große Pause. Und wenn mal Nachsitzen ansteht, gibt´s ja immer noch das Mäppchen, das mit dem entsprechenden Sammelsurium an zackigen Buchstaben verziert werden kann, damit die Mädels in der Klasse keinen Platz mehr für Herzchen und anderen Poserkram darauf finden.

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Doch nicht nur die Hefte und Mäppchen mussten dran glauben, denn letztlich ist jeder Metaller mit Sendungsbewusstsein ausgestattet und kann den Wunsch, den kleinen Nervbündeln aus der Siebten den rechten Weg zum Highway to Hell weisen zu wollen, kaum zügeln. Und so müssen eben auch die vom Format her eh schon einladenden Tische dran glauben. In einer Mathestunde übte ich mich in Statistik, indem ich sämtliche mir bekannte Metalbands auf dem Tisch vor mir auflistete. Es waren fast 200, hehe. Ich bin außerdem vermessen genug zu behaupten, mit dem ungekrönten König des Tischebesudelns in eine Klasse gegangen zu sein: Mein Kumpel, mit dem ich gerade unsere erste Band – Name: RADAU – gegründet hatte (unser Repertoire bestand aus zwei Takten „Stranger Aeons“ von ENTOMBED und dem Eingangsriff von BOLT THROWERs „World Eater“…), brachte das Kunststück fertig, in nur wenigen Stunden Mathe und Religion eine den kompletten Tisch ausfüllende, bis zum letzten Spinnweben exakte Kopie des UNLEASHED-Logos zu zeichnen. Leider fand dieses Meisterwerk keine würdigen Betrachter, da unserer Klasse nur wenige Stunden später ein seltener Unterrichtsbesuch unseres Rektors in Gesellschaft eines älteren, konservativen Herrn vom Oberschulamt abgestattet wurde. Lapidarer Kommentar, bevor die Klasse in der darauffolgenden Pause zum Tischeputzen antreten musste: „Da hat wohl einer sein künstlerisches Potential entdeckt…“.

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Dieser nostalgische Rückblick wäre nicht vollständig ohne die gesonderte Erwähnung einer besonderen Leinwand für unsere Eddings, Bleistifte und Füller (Na, hast du zur Geha- oder Pelikan-Gang gehört?): Reclam-Hefte! Nicht erst die von meiner Mutter und Tante vererbten, ausgeblichenen und ausgiebig verzierten Exemplare von Meyers „Amulett“ oder Goethes „Faust“ machten mir klar, dass Reclam-Hefte zu 99 Prozent zum Vollkritzeln da sind. Das restliche Prozent wurde von den Versuchen abgedeckt, mittels zusätzlicher oder veränderter Buchstaben bessere Titel für die guten alten Klassiker zu entwerfen (ich sag nur „Napalm, das Heiße“ von Lessing). Wie sollte ich heute noch wissen, wann wir welches Drama im Deutschunterricht durchgenommen haben, wenn da nicht der zunehmende Härte- und Unleserlichkeitsgrad der Bandlogos auf den Werken von Sophokles und Schiller wäre? Oder wüsste ich sonst noch, dass es von SEPULTURA ein Lied namens „Primitive Future“ gibt? Da sage noch einer, dass Literatur nicht bildet, hehe! Und vielleicht hätte ich mich auch früher für den Inhalt zwischen den gelben Titelseiten interessiert, hätten mich meine Lehrer darauf aufmerksam gemacht, dass Maria Stuart geköpft wird, dass Götz von Berlichingen ein deftiges „Lecke er mich im Arsche“ von sich gibt oder dass König Ödipus mit einer heißen Klinge bis zur Blindheit geblendet wird. Stattdessen wurde alles salbadernd vom feministischen Standpunkt aus unter die Lupe genommen, zynischerweise bei Werken, deren Autoren oft genug selber Rock´n´Roll waren. In Tübingen hängt heute noch das Schild „Hier kotzte Goethe“ (gerüchteweise tat er das nach dem Genuss von zwei Flaschen Wein, da müsste ich schon vorher passen), Hölderlin suchte die Einsamkeit mindestens so sehr wie jeder anständige Blackmetaller, und der Rebell Schiller stammt aus der Heimat von vampster, das sollte schon alles sagen, hehe…

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Die Abbildungen wurden freundlicherweise zur Verfügung gestellt von: Rachendrachen, doomster und vampi – (der Layouter).

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