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RAVENSCRY: One Way Out

Wer eh den ganzen Tag jede neue Gothic Metal-Scheibe rauf und runterdudelt, der wird an "One Way Out" sicher etwas nüchterner rangehen. Zu diesem Kreis zähle ich nicht, sodass ich das Debütalbum von RAVENSCRY absolut genießen kann.

Na das ist ja praktisch: da die ItalienerInnen von RAVENSCRY die Songs ihrer 2009er EP komplett auf ihr Debütalbum One Way Out gepackt haben, kann man bequem auf das Review zu Ravenscry verweisen. Aber das wäre dann doch nicht wirklich ben fatto.

Der positive Eindruck der EP bestätigt sich hier sehr schnell. Am Stil hat sich natürlich nichts geändert, es gibt Gothic Metal mit einem ausgewogenen Mix aus süßlich-sentimentalen Melodien und einer kraftvollen Portion Härte. Die Parallelen vor allem zu WITHIN TEMPTATION bleiben dabei allgegenwertig, auch wenn die Italiener diesen Vergleich sicher nicht mehr hören wollen. Den Herren hört man deutlich an, dass sie sicher auch schon bei typisch italienischen Metal-Bands gespielt haben, immer mal taucht in den recht modernen Klängen ein Riff aus dem traditionellen Metal auf oder eine Passage, die eher nach Prog-Metal klingt. So sind auch die neuen Songs nicht gerade eigenständig, aber besser als vieles, was uns im großen Boom des Gothic Metal von zahllosen Bands vorgesetzt wurde. Der ist ja zum Glück auch schon eine Weile vorbei, sodass man RAVENSCRY definitiv nicht vorwerfen kann, dass sie nur ein Stück vom angesagten Kuchen abhaben wollen. Wer heute noch diesen Sound spielt, der macht das aus Überzeugung.

Letztendlich sind RAVENSCRY auch nicht so catchy und eingängig wie die Genregrößen und haben auch keinen echten Hit im Gepäck. Aber sie schaffen es, dass ich mich hinsetze und ihren Songs wirklich zuhöre. So wirkt hier auf dem Album auch der Dreier Redemption ganz anders und größer als noch auf der EP. Bei der introvertierten Piano-Ballade  Rainy sieht man förmlich die Regentropfen am Fenster herunterlaufen, während Bella Giulia mit sentimentalem Blick auf die nächtliche Straßen Roms (oder Mailands, wenn sie zu Besuch bei den Herren der Band ist) theatral ihre Geschichte erzählt. Auch das ausgedehnte Instrumental Reflection im Soundtrack-Stil, wo die Keyboards sich ausleben dürfen, wirkt auf der Länge eines Albums stimmiger als noch auf der kurzen EP. Die Jungs liefern einen guten Job ab, sie achten auf Abwechslung und lassen meistens den Metal im Vordergrund, die Keyboards kriegen abgesehen vom Instrumental nur kurze Spots, um hervorzustechen, mehr bitte nicht. Wenn beim recht poppigen Journey mit einem energischen Go zum Mithüpfen eingeladen wird, dann ist das nicht wirklich neu, es funktioniert aber und viele kleine Italiener und Bella Donnas werden fleißig mitspringen.

Aber egal, wie viel Mühe sich die Herren Musiker geben, wie in diesem Genre nun mal üblich, steht und fällt die Band mit der Sängerin. Hier bestätigt auch Giulia Stefani den guten Eindruck von der EP. In der Melodik und in den hohen Momenten bleibt da nicht viel Eigenes, da orientiert sie sich sehr an den Sängerinnen der Genreführer. Giulias Stimme hebt sich immer dann wirklich hervor, wenn sie eine Etage tiefer geht und dann weiterhin sehr an JENNIFER RUSH erinnert. Das kommt mit einer beachtlichen Sicherheit, verleiht dem Gesamtbild etwas Besonderes im großen Kreis der Träller-Elfen. Bei einigen Momenten, vor allem bei den ruhigen Passagen, dürfte den Herren beim Aufnehmen so manche Gänsehaut über den Rücken gelaufen sein. Das Einzige, was schade ist: Bella Giulia singt durchgehend nur sehr gut und mit schöner Stimme, trägt dabei ordentlich Melancholie in die Songs. Über die Länge des Albums wünscht man sich aber doch, dass sie mal die Sau raus lässt. Mit so einer kraftvollen Stimme könnte sie es zum Beispiel bei This Funny Dangerous Game doch etwas mehr krachen lassen. Da etwas mehr Mut, und die Frau hat mich. Ebenfalls auf dem Album findet man das Video zu Nobody.

Klar, wer eh den ganzen Tag jede neue Gothic Metal-Scheibe rauf und runterdudelt, der wird an One Way Out sicher etwas nüchterner rangehen. Zu diesem Kreis zähle ich nicht, sodass ich das Debütalbum von RAVENSCRY absolut genießen kann. Genrefans können natürlich direkt zugreifen, wenn sie ohne große Hits leben können. Schiebt man die mit dem nächsten Album hinterher, dann kann man vielleicht auch mal am Thron der mittlerweile doch recht faulen LACUNA COIL rütteln.

Veröffentlichungstermin: 15.04.2011

Spielzeit: 51:01 Min.

Line-Up:
Giulia Stefani – Vocals
Paul Raimondi – Guitars
Mauro Paganelli – Guitars
Andrea Fagiuoli – Bass
Simon Carminati – Drums

Produziert von Ravenscry
Label: Worm Hole Death/Soulfood

Homepage: http://www.ravenscryband.com

MySpace-Seite: http://myspace.com/ravenscryband

Tracklist:
1. Calliope
2. Elements Dance
3. Nobody
4. A Starless Night
5. Redemption I – Rainy
6. Redemption II – Reflection
7. Redemption III – Far Away
8. Embrace
9. Journey
10. Back To The Hell
11. This Funny Dangerous Game
12. My Bitter Tale
+ Video Nobody

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