blank

HER NAME IS CALLA: The Quiet Lamb

Eine Lektion in Sachen Liebe und Zuversicht.

Wie sie sich winden. So pathetisch und theatralisch. So gekonnt und liebevoll. HER NAME IS CALLA haben mit ihrem neuen, eigentlichen Debütalbum die perfekte Balance aus dem Einfachen und dem Komplizierten gefunden und tauchen uns ein in ein tiefes, friedliches Blau, in einen Spätsommertag, im Gras, so mild und so sonnig, dass unser Herz vor Glück zerbrechen möchte. Sogar der Schmerz wird zum Schönsten, das wir jemals erlebt haben. In guten wie in schlechten Tagen. Immer festhalten. Eintauchen in diese große, unsagbare Güte, die in jedem von uns schlummert, auch wenn wir durch diese kalte Welt wandern, und in den Hintergrund in unserer Seele zu rücken droht. So wie manche Musik nötigerweise das Schlechteste in uns zum Vorschein bringt, so sehr erzeugen HER NAME IS CALLA in uns das Bedürfnis das auszudrücken, was am Wichtigsten ist: Liebe.

Du wirst dich fragen, auf welchen Drogen ich hängen geblieben bin, aber ich bin bei klarstem Verstand. Höchstens ein wenig vom Hippie-Virus infiziert, das auch in HER NAME IS CALLA schlummert. Leise und zärtlich, laut und eruptiv, dazwischen alles. Aufgepasst. Dieses Lamm ist nicht nur leise, sondern verteidigt auch allein seine Herde. Ergo gilt das auch für die Musik. Die Musiker aus England verwenden nicht nur das Minimale, sondern auch und gerne das Maximale. HER NAME IS CALLA finden sich also sowohl in der Gestalt der kleinen Rockband als auch in der Form eines großen Orchesters wieder. Während Moss Giant als lang gestrecktes, ausuferndes Intro beginnt, wird uns beim ersten Hören noch gar nicht so bewusst, was da unter der Oberfläche brodelt. Denn danach beginnen die fünf Bandmitglieder und ihre zahlreichen Gäste erst wirklich ihre Musik in den Hörer zu injizieren. Bereits am Anfang des Albums behaupten sie Stolz ihren Standpunkt, Pour More Oil, das in sanften Wogen beginnt und nach einiger Zeit einen Refrain parat hat, der uns Tränen in die Augen schießen lässt. Vor Glück, vor Freude. Bestes Lied des Jahres? Gar nicht so unwahrscheinlich.

Darauf bauen HER NAME IS CALLA die restliche Stunde lang auf und driften mal in Richtung Britrock ab, werden dann wieder etwas folkig und frönen aber schließlich wieder, weil das alles ja in keine Schublade passen mag, dem Post Rock. So zerbrechlich und die Grenze zum Kitsch mit quietschenden Reifen umfahrend, wie GREGOR SAMSA in ihren schönsten Momenten, sind die beiden kurzen Interludes und Long Grass. Thom Yorke würden bei dem Duo Homecoming und Thief vor Neid erblassen, und A SILVER MT. ZION und GODSPEED YOU! BLACK EMPEROR könnten, wie beim siebzehnminütigen Condor And River, sowie beim abschließenden, dramatischen Dreiteiler, The Union nicht schwerere Geschütze auffahren.

Trotz der enormen Länge des Albums und einiger der zwölf Stücke, wird es zu keiner Zeit langweilig, oder gar verkopft. HER NAME IS CALLA setzen auf die altbewährte Laut-Leise-Dynamik und versüßen diese mit Posaunen, Trompeten, Percussions, Streichern, Klavier und Chören, so dass hier jeder, der kitschfreie Epik liebt, auf seine Kosten kommt. Gleichzeitig beweisen die Briten, dass es auch reduziert funktionieren kann. Großspurig ist es schon, was sie uns kredenzen, aber gleichzeitig gekonnt und so sympathisch, dass es niemals angeberisch wirkt. Angeführt werden HER NAME IS CALLA von Multiinstrumentalist Tom Morris, der über eine sagenhafte Stimme verfügt und uns einen Schauer nach dem Anderen über den Rücken jagt. Ganz ehrlich, gegen diese Gesangsleistung können alle anderen einpacken.

So ungestüm und unschuldig wie HER NAME IS CALLA vorgehen und uns mental überwältigen, darf auch nicht vergessen werden, dass sie noch nicht am Zenith ihres Könnens angelangt sind und kompositorisch noch Potenzial haben zu wachsen. Ein paar Umwege in den Songs hätten nicht sein müssen, wie The Union beweist, ein paar mehr hätte es geben dürfen, gerade bei A Blood Promise. So wie uns HER NAME IS CALLA aber mit ihrer Leidenschaft und ihren großen Momenten gefügig machen, verzeihen wir ihnen aber großherzig jede Schwäche. Derer gibt es aber auf dem schön natürlich produzierten Album natürlich auch so nicht viele. Vielleicht hätte der Gesamteindruck ein wenig homogener sein können, aber auch so ist uns bewusst, dass The Quiet Lamb mehr ist als nur eine Ansammlung von Songs.

Dieses Album gehört zu den ganz großen Überraschungen des Jahres und sorgt für aufrührende, wundervolle Momente. Nicht nur die aufwändige Vinylversion ist ein Schmuckstück, auch die Standard-CD mit ihrem liebevoll und ungewöhnlich gestalteten Booklet lädt dazu ein, alles andere stehen und liegen zu lassen, und sich HER NAME IS CALLA mit Haut und Haaren hinzugeben. Wer weiß, vielleicht hat das Leben ja ein Happy End parat. Vielleicht ist Hoffnung wirklich das, was unser Leben nährt. Vielleicht sollte ich immer so positiv denken, wie jetzt.

Veröffentlichungstermin: 22. Oktober 2010

Spielzeit: 75:42 Min.

Line-Up:

Tom Morris – Vocals, Guitar, Banjo, Piano, Organ, Percussion
Michael Love – Bass, Double Bass, Vocals, Percussion
Adam Weikert – Drums, Double Bass, Vocals, Piano, Recorder, Theremin, Organ
Sophie Lee – Violin, Vocals, Percussion
Thom Corah – Trombone, Piano, Vocals, Synthesizer, Max MSP, Harmonica, Percussion

Produziert von Tom Morris und Adam Weikert
Label: Denovali Records

Homepage: http://www.hernameiscalla.co.uk
MySpace: http://www.myspace.com/hernameiscalla

Tracklist:

1. Moss Giant
2. A Blood Promise
3. Pour More Oil
4. Interval One
5. Condor And River
6. Long Grass
7. Homecoming
8. Thief
9. Interval Two
The Union
10. Part One: I Worship A Golden Sun
11. Part Two: Recidivist
12. Part Three: Into The West

WordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner