HONIGDIEB: Sei Wie Du Bist

Ich komme mit dieser Scheibe nicht nur nicht klar, ich mag sie auch nicht.

Mag ja sein, daß Sir Hannes Smith durch seine Alben mit den THE IDIOTS und den PHANTOMS OF FUTURE zur lokalen (meinetwegen auch nationalen) Szenegröße mutierte und Lars Ricken von Borussia Dortmund sich als Fan outete. Ist mir alles scheißegal. Fakt ist, daß mir THE IDIOTS und die PHANTOMS OF FUTURE irgendwie immer am Arsch vorbeigingen und für mich völlig unwichtig und uninteressant waren. Doch im Vergleich zum aktuellen Smith-Projekt HONIGDIEB sind diese beiden Bands meine absoluten Favoriten, denn Sei wie Du bist ist einfach nur ärgerlich und anstrengend. Wer soll ein Album gut finden, dessen Inhalt (also die Musik) keine Grenzen kennt? Nichts gegen genreübergreifende Musik, aber was zu viel ist, ist zu viel. Sicher, es gibt wohl kaum Musikstile, die noch nicht miteinander vermischt wurden – und wie immer gab es gute und schlechte Synthesen, egal ob Rap und Rock, Techno und Metal oder Punk und Pop gekreuzt wurde! Aber was auf Sei wie Du bist geboten wird, ist zu gleichen Teilen mutig (vom Künstler) und anstrengend (für den Hörer). Sicher, einen bunten Stil-Strauß bekommt man geboten – keine Frage. Aber braucht man auf EINEM Album Elemente aus den Bereichen Ska, Reggae, Punk, Rock und Metal, eingespielt mit Instrumenten wie Mundharmonika, Saxophon, Kontrabass aber auch handelsüblichen Rockgitarren? Das ist aber noch nicht alles. Es sind einerseits fast schon jazzige Passagen, aber andererseits auch fast schon radiotaugliche Momente zu hören. Wer ist bei klarem Bewußtsein und möchte innerhalb von ein paar Minuten Schlager-ähnliche Sounds hören, dann mit einer Chanson-Prise verwöhnt werden und sich dann von härteren WITT meets RAMMSTEIN meets SUBWAY TO SALLY-Klängen überraschen zu lassen? Dieses ständige Verändern von Stil, Tempo und Rhythmus ermüdet und bereitet Kopfschmerzen, zeigt aber auch, wie ungezwungen ein Künstler musizieren kann wenn er nicht auf Verkaufszahlen schielen muss, will oder braucht. Auch textlich verstehe ich Herrn Smith oft nicht. Einerseits gibt er sich ziemlich pubertär-primitiv und schmeißt mit dem bösen F-Wort nur so um sich und ein anderere Mal kann er wirklich überzeugen wie z.B. bei König, wo etliche deutsche Sprichworte, Binsenweisheiten und Kalendersprüche auf sinnvolle Art und Weise aneinandergereiht wurden. Ist das Ironie? Soll das witzig sein? Keine Ahnung! Ich komme mit dieser Scheibe nicht nur nicht klar, ich mag sie auch nicht. Muss ich aber auch nicht, denn obwohl ich den HONIGDIEB nicht erfassen und vielleicht auch nicht begreifen kann, gibt es garantiert eine Menge Leute, die genau diese hier gebotene Stil-Vielfalt lieben werden. Schön für sie…

Spielzeit: 51:22 Min.

Line-Up:
Sir Hannes Smith – Gesang
Guido Von Girsch – Gitarre
Raimund Gitsels – Violinen
Anca Pop – Querflöte
Mathias Von Bonheger – Schlagzeug
Carsten Risch – Kontrabass

Produziert von Sir Hannes Smith & Siggi Bemm
Label: Kunterbunt / Soulfood

Homepage: http://www.honigdieb.de

Email: hannes@idiots.de

Tracklist:
01. Auf Der Suche Nach Dem Glück
02. Meine Tür
03. Ach Du Süße Kleine
04. Das Tier
05. Tag Ohne Schatten
06. Der Clown
07. Madame
08. Lust Auf Lust
09. König
10. Kannst Du Was
11. Sei Wie Du Bist
12. Natürlich
13. Wann Machen Wir Mal Wieder Telefonsex?
14. Luder

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