MÖTLEY CRÜE: Mötley Crüe

Dieses Album hat/ist Klasse, auch wenn man sicherlich von einem kommerziellen Flop aus dem Hause der Crüe sprechen muß.

Die erste Hälfte der Neunziger Jahre war eine schwere Zeit für MÖTLEY CRÜE. Sänger Vince Neil war ausgestiegen, Bands wie NIRVANA oder PEARL JAM waren die neuen Hoffnungen in der Rock-Landschaft und MÖTLEY CRÜE waren nicht mehr als ein Relikt der dekadenten Achtziger. Die Band schien durch das zu exzessive Ausleben des „Sex, more Sex, Drugs, more Drugs and Rock’n’Roll“-Lifestyles und private Nackenschläge zermürbt und am Ende. Es schien keinen Menschen mehr zu interessieren, daß die Band um Basser Nikki Sixx noch 1989 sechsfaches US-Platin für „Dr.Feelgood“ kassiert hatte. Niemand, von ein paar Ausnahmen abgesehen, schien auf ein neues Album der Band zu warten. Doch die Band gab nicht auf, verpflichtete Ex-THE SCREAM-Sänger John Corabi, veröffentlichte ein sackstarkes Album und machte eigentlich nur einen, dafür allerdings großen Fehler: Man veröffentlichte es unter dem Bandnamen MÖTLEY CRÜE. Sicher, kein Mensch kann und will ernsthaft bestreiten, daß John Corabi im Vergleich zu Vince Neil der deutlich bessere Sänger, Musiker und Songschreiber ist, aber die „Die Hard“-Anhänger der Band verbinden den Namen MÖTLEY CRÜE immer automatisch mit Sänger Vince Neil.

Aber das 1994 veröffentlichte, selbstbetitelte Album hat/ist Klasse, auch wenn man sicherlich von einem kommerziellen Flop aus dem Hause der Crüe sprechen muß. Oder wie würdet ihr es nennen, wenn nach sechs Platinscheiben für ein Album für den Nachfolger lediglich eine Goldauszeichnung herausspringt und die Tour zur Platte nach nur ein paar Konzerten aufgrund zu geringer Zuschauerzahlen abgebrochen werden muß. Doch das ist die eine, die Business-Seite. Die andere, ist die (für mich als Fan) wichtigere: Die musikalische. Und da kann man John Corabi, Nikki Sixx, Mick Mars und Tommy Lee nicht vorwerfen, und auch Produzent Bob Rock kann man für den Flop definitiv nicht verantwortlich machen. Ich hab schon kurz nach dem damaligen Erscheinen behauptet, daß dieses Album eines der fünf Alben mit dem besten Sound aller Zeiten ist. Und an meiner Meinung hat sich bis heute nichts geändert. WELCH EIN FETTER SOUND!!! Die Musik klingt natürlich anders als gewohnt, denn die Songs wurden erstmalig in der Bandgeschichte „as a band“ komponiert.

Und ebenso erstmalig agierte die Band mit zwei Gitarristen, denn John Corabi übernahm auch einige Rhythmus- und Akustik-Klampfen, was sich sicherlich auch auf den Gesamtsound auswirkte. Natürlich machte sich Herr Corabi’s Einfluss auch bei den Texten bemerkbar. Es ging nicht mehr nur ums Ficken, sondern man befasste sich mit Themen wie „Faschismus“ oder „Stereotypisierung“ und verarbeitete z.B bei „Poison Apples“ auch persönliche Dinge („When push came to shove, the music was the drug and the band always got to play. Sex, smack, rock, roll, mainline, overdose. Man, we lived it night and day” oder “And you love us and you hate us and you” oder “Pretty little poison apples, see the scars tattooed on our face.”). Die Musiker schienen erwachsen(er) geworden zu sein. „Mötley Crüe“ war/ist ein authentisches, bodenständiges, ehrliches Album. Der Spaß- und Partyfaktor war sicher nicht mehr ganz so hoch, aber Songs wie „Hammered“, „Uncle Jack“, „Til Death Do Us Part“ oder das flotte „Smoke the Sky“ waren/sind erstklassige harte, teils düster-ungegrungte Rocksongs – und auch die Monster-Ballade „Misunderstood“ mit seinen orchestralen Elementen gehört definitiv zu den besten Songs, die die Band je aufgenommen hat.

Am ehesten an die alten Sachen erinnert noch „Welcome to the Numb“, aber ein Song wie dieser bleibt die absolute Ausnahme. Natürlich gibt es auch auf diesem Re-Release Bonusmaterial, wodurch das Album auf eine satte Gesamtspielzeit von über 75 Minuten kommt. Zwar gibt es hier kein Video, dafür aber mit „Babykills“ (Durchschnitt) einen bereits bekannten Song von der „Quaternary“-EP und zwei bisher unveröffentliche Songs namens „Hypnotized” (naja…) und “Livin´ In The Know“ (wirklich gut…). Leider war dieses Album das einzige mit John Corabi als Sänger. Er musste die Band recht bald nach Veröffentlichung verlassen, wurde durch seinen Vorgänger Vince Neil ersetzt und gründete zusammen mit dem Ex-Kiss-Gitarristen Bruce Kulick die Band UNION, die stilistisch ähnlich wie MÖTLEY CRÜE auf „Mötley Crüe“ klang/klingt. Fazit : Sicherlich das ungewöhnlichste, aber für mich hinter “Shout At The Devil” und “Dr. Feelgood” auch das beste Album der Band!!

Spielzeit: 75:50 Min.

Line-Up:
John Corabi (Gesang, Gitarre)
Mick Mars (Gitarre)
Nikki Sixx (Bass)
Tommy Lee (Drums)

Produziert von Bob Rock

Label: Mötley Records / Universal

Homepage: http://www.motley.com

Tracklist:
Power To The Music
Uncle Jack
Hooligan´s Holiday
Misunderstood
Loveshine
Poison Apples
Hammered
Til Death Do Us Part
Welcome To The Numb
Smoke The Sky
Droppin Like Flies
Driftaway
Hypnotized
Babykills
Livin´ In The Know

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