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KISS: Symphony/Alive IV

Ich weiß nicht, ob ich das alles noch wirklich witzig finden soll, was "meine" Band so macht und tut…

Ich weiß nicht, ob ich das alles noch wirklich witzig finden soll, was meine Band so macht und tut. Ich bin seit 1979 KISS-Fan, bin bisher durch dick und dünn mit Ihnen gegangen, hab ihnen fast alles verziehen, mir ein KISS-Tattoo stechen lassen und Chaim Witz (aka Gene Simmons) und Stanley Eisen (aka Paul Stanley) für ihren Geschäftssinn sogar sehr bewundert. Doch seit 1992 bzw. der Revenge-Scheibe haben KISS gerade mal 22 neue Songs (auf Carnival of Souls bzw. Psycho Circus) und zwei Fremdkompositionen (Nothing can keep me from you und das RAMONES-Cover Do you remember Rock´n´Roll Radio?) eingespielt, dafür aber zwei Greatest Hits-, eine Live-, eine Tribute- eine Unplugged-Scheibe und unzählige Merchandise-Artikel (u.a. Christbaumkugeln, Räucherstäbchen, Wein, Scheckbuchhüllen, Kondome, Schneekugeln und Scheißhauspapier. Nicht zu vergessen den KISS-Sarg. Warte nur noch auf den Toaster, die Kaffeemaschine und den KISS-Dildo) auf den Markt geschmissen. Setzen KISS die Schwerpunkte da nicht vielleicht etwas falsch? Aber was momentan läuft, ist unglaublich. Für den horrenden Eintrittspreis von ca. 1000 US-Dollar für ein Platin-Ticket auf der gemeinsamen Tour mit Aerosmith, bekommt der Käufer immerhin ein Foto mit der Band (geschossen von der bandeigenen Kamera), einen Platz in den ersten fünf Reihen, einen Satz Gitarrenplektren, ein Shirt, ein Meet and Greet mit der Band und die Garantie, dass Autogramme NICHT garantiert sind. Ihr meint, das ist Wahnsinn? Richtig, ist es – aber noch wahnsinniger sind die Fans, denn diese Art Ticket ist bei allen 36 (!!) Konzerten AUSVERKAUFT!!

Doch genug aufgeregt, kommen wir zu Symphony: Alive IV. Aufgenommen wurde das vierte offizielle Livealbum am 28.02. diesen Jahres in Australien und mit Gene Simmons (Bass/Gesang), Paul Stanley (Gitarre/Gesang) und Peter Criss (Drums/Gesang) sind immerhin ¾ der Originalbesetzung auf dieser Scheibe zu hören. Ace Frehley, mit dem man sich finanziell (mal wieder) nicht einigen konnte, wurde von Tommy Thayer (Ex-Black´n´Blue) ersetzt und der macht – abgesehen davon, dass ich es unmöglich finde, ihn in das Kostüm (inkl. Make-up) von Mr. Frehley zu stecken (ähnliches praktizierte die Band auch mit Eric Singer, als er Peter Criss ersetzte), seine Sache wirklich hervorragend, ohne allerdings eigene Akzente zu setzen. Kein Wunder, dass er es war, der Ace zur Reuniontour seine Gitarrenparts neu beibringen musste. Der Sound der Scheibe ist wirklich gut, und auch wenn an den Songs mit Sicherheit nachträglich rumgeschraubt wurde, hat man das so geschickt gemacht, dass man es nicht hört, denn das Songmaterial klingt doch relativ rauh und ungeschliffen. Die ersten sechs Songs spielen KISS pur und ohne Orchesterbegleitung. Die Band (das schliesst Sorgenkind Peter Criss mit ein) präsentierte sich in wirklich guter Form und seinem Publikum Standards wie Deuce, Strutter (vom Debut und damit satte 29 Jahre alt), Let Me Go Rock And Roll (von Hotter Than Hell, 1974), Calling Dr. Love (von Rock And Roll Over, 1976) sowie Psycho Circus (vom Reunion-Album) und – für mich überraschend – Lick It Up, den Titelsong einer meiner Lieblingsalben von KISS (überraschend deshalb, weil weder Ace noch Peter auf diesem Album zu hören waren). Gut, aber nicht wirklich aufregend. Es folgt das erste Aufeinandertreffen von Band und Orchester in Form eines wirklichen guten Unplugged-Sets. Auch hier gehen KISS keine großartigen Experimente ein und geben mit Beth (von Destroyer, 1976), Forever (von Hot In The Shade, 1989), Goin´ Blind (von Hotter Than Hell, 1974) und Sure Know Something (von Dynasty, 1979) genau die Songs zum Besten, die die Fans hören wollen. Überraschend ist sicherlich, daß Shandi vom 80er Unmasked-Album in der Setlist auftaucht, wenn man aber weiß, daß dieser Song ein Riesenhit in Australien war, ist die Überraschung gar nicht mehr so groß. Okay, mit Songs wie diesen können KISS nichts falsch machen, aber da diese (abgesehen von Shandi) schon auf den bisherigen Live-Veröffentlichungen zu hören waren, wäre hier meiner Meinung nach eine gute Gelegenheit gewesen, Songs wie Hard Luck Woman (Rock And Roll Over, 1976), Just A Boy (vom sträflich unterbewerteten The Elder-Album aus dem Jahre 1981), Reason to live (Crazy Nights, 1987), Tears are Falling (Asylum”, 1985), I Can´t Stop The Rain (vom Peter Criss-Soloalbum) oder A Million To One (Lick it up, 1983) zu präsentieren. Anschließend geht es dann wirklich weiter mit der Verschmelzung von Rock und Klassik und anders als bei dem schrecklichen S&M-Album von METALLICA bilden hier beide Parteien eine Einheit. Diese präsentiert mit Detroit Rock City, King Of The Night Time World, Do You Love Me (mit kräftiger gesanglicher Unterstützung des Publikums), Great Expectations (DIE positivste Überraschung in der Setlist kommt hier mit Kinderchor-Unterstützung), Shout It Out Loud und God Of Thunder (mit Bass-Solo!!) gleich sechs Stücke vom 76er Destroyer-Album. Außerdem gibt´s mit Love Gun, I Was Made For Lovin´ You, Black Diamond und Rock And Roll All Nite weitere Klassiker, die zwar einerseits eigentlich auf keiner Livescheibe fehlen dürfen, aber andererseits genau deshalb (weil sie eben schon auf den diversen Alben zu hören waren) hätte ich hier gerne mal andere Songs gehört. Achja, eines ist ärgerlich. Wieso bringt man eine Doppel-CD auf den Markt, die bei einer möglichen Gesamtspieldauer von knapp 160 Minuten gerade mal mit einer Spielzeit von 95:05 Min. ausgestattet ist? Zwanzig Minuten mehr Musik hätten sicherlich nicht geschadet und das Preis-Leistungs-Verhältnis deutlich angehoben. So, und was ich mir jetzt – bevor es wirklich peinlich wird – noch von Herrn Simmons und Herr Stanley wünsche ist folgendes: Ein richtig geiles neues Studioalbum, eine überzeugende ALLERLETZTE Abschiedstour (auch) durch Deutschland (mit allen noch lebenden Bandmitgliedern und mindestens EINEM Song von JEDEM Album) und eine ALLERALLERLETZTE Livescheibe mit selten oder nie gespielten Raritäten wie Talk To Me, Ladies In Waiting, All The Way, Rocket Ride, Rise To It, War Machine, Uh! All Night, Young and Wasted, I´ll Fight Hell To Hold You, Radioactive oder Hide Your Heart. Tja, das müsste dann wohl ein Doppelalbum werden.

Spielzeit: 95:05 Min.

Line-Up:
Gene Simmons (Bass/Vocals)
Paul Stanley (Guitar/Vocals)
Tommy Thayer (Guitar)
Peter Criss (Drums)

Produziert von Gene Simmons / Paul Stanley
Label: Sanctuary / Zomba

Homepage: http://www.kissonline.com

Tracklist:
Deuce
Strutter
Let Me Go Rock & Roll
Lick It Up
Calling Dr. Love
Psycho Circus
Beth
Forever
Goin´ Blind
Sure Know Something
Shandi
Detroit Rock City
King Of The Night Time World
Do You Love Me
Shout It Out Loud
God Of Thunder
Love Gun
Black Diamond
Great Expectations
I Was Made For Lovin´ You
Rock And Roll All Nite

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