ROCK HARD FESTIVAL: Der Bericht 2003

Das ROCK HARD-Magazin wurde 20 – und nahm dieses Ereignis zum Anlass, ein Jubiläumsfestival im heimischen Ruhrgebiet auf die Beine zu stellen, versehen mit einem erstklassigen Billing von Bands, die einerseits seit den Anfangstagen des Megazines mit diesem eng verbunden sind (BLIND GUARDIAN) und andererseits Bands, die man in Deutschland sonst selten bis gar nicht oder schon lange nicht mehr bewundern konnte.

Das ROCK HARD-Magazin wurde 20 – und nahm dieses Ereignis zum Anlass, ein Jubiläumsfestival im heimischen Ruhrgebiet auf die Beine zu stellen, versehen mit einem
erstklassigen Billing von Bands, die einerseits seit den Anfangstagen des Megazines mit diesem eng verbunden sind (BLIND GUARDIAN) und andererseits Bands, die
man in Deutschland sonst selten bis gar nicht oder schon lange nicht mehr bewundern konnte. Zu letzteren zählen etwa TRIBE AFTER TRIBE, die Doom-Legende TROUBLE
oder CIRCLE II CIRCLE, aber auch DEATH ANGEL, auf die sich im Vorfeld des Festivals viele Fans gefreut haben. Um so ärgerlicher, dass die Amis etwa eine Woche
vorher ohne nähere Angaben von Gründen absagten. Dass ARCH ENEMY trotz all ihrer Qualitäten dafür kein gleichwertiger Ersatz sein können, dürfte einleuchten.
Doch es kam noch schlimmer: BOLT THROWER sagten ihren Auftritt einen Tag vor dem Festival ab, da Sänger Dave Ingram bei der Geburt seines Kindes dabei sein
wollte. Die Veranstalter waren über diese Eventualität vorab von der Band informiert worden, so dass es eine Leichtigkeit gewesen wäre, für den Fall der Fälle
einen adäquaten Ersatz zu beschaffen. Statt dessen wurden die Lokalmatadoren SODOM verpflichtet, die – da waren sich alle einig – die Briten kaum angemessen
ersetzen können würden, zumal Tom Angelripper sich in den letzten Jahren auf deutschen Festivalbühnen alles andere als rar gemacht hat. Trotz allem blieb ein
hochkarätiges Billing, dessen einziges Manko es war, dass zu viele Bands in letzter Zeit bereits starke Bühnenpräsenz gezeigt hatten, sei es auf Festivals in
den letzten Jahren oder durch intensives Touren, so dass der Überraschungsfaktor oftmals ausblieb und man stattdessen gewohnte – aber hochwertige – Kost
vorgesetzt bekam. Sehr unschön allerdings war die Ankündigung einer “Überraschung, die kein Metal-Fan verpassen darf”. Dass sich dahinter DORO verbarg, die
einen Kurzauftritt hinlegte, dürfte wohl kaum den durch die Ankündigung geweckten Erwartungen der meisten Anwesenden entsprochen haben.

Außergewöhnlich war auf alle Fälle die Location, das Amphitheater in Gelsenkirchen. Betrat man das Gelände, blickte man von oben frontal auf die Bühne herab, um
die herum in einem Halbkreis Ränge angeordnet sind, während sich vor der Bühne eine halbkreisförmige ebene Fläche befand. Während auf letzterer die Post
abging, wurden die Ränge von vielen als Sitzgelegenheit genutzt, um sich auszuruhen und den Klängen in aller Ruhe lauschen zu können, wenn gerade mal nicht die
eigenen Favoriten spielten oder man einfach eine Pause brauchte. Daraus ergab sich eine ziemlich eigenartige Atmosphäre, da eigentlich immer mindestens die
Hälfte der knapp 5000 Zuschauer (etwa 7000 fasst das Amphitheater maximal) auf den Rängen saß und mit dieser Passivität ein gewisses Desinteresse ausstrahlte,
auch wenn dieses objektiv nicht unbedingt vorhanden gewesen sein muss. Der Sound war leider auch je nach Standort nicht immer gleich gut. Oft war es so, dass
auf der Ebene vor der Bühne die Gitarren ein wenig untergingen, während man in mittlerer Höhe auf den Rängen befindlich eigentlich stets einen kristallklaren,
aber immer noch druckvollen und keinesfalls zu leisen Sound serviert bekam – vielleicht für manche Leute ein weiterer Grund, sich lieber auf die Ränge zu
verkriechen, anstatt vorne mitzumischen. Ziemlich cool war allerdings, dass die Bühne direkt am Wasser lag, befand sich dahinter doch direkt der
Rhein-Herne-Kanal, und wenn in regelmäßigen Abständen ein Schiff vorbeikam, war es immer wieder lustig, die Reaktionen der Besatzung zu beobachten.

Man durfte gespannt sein, ob es das Rock Hard-Team nach all der Kritik am letztjährigen Wacken Open Air und dem Entschluss, dieses nicht mehr zu präsentieren,
schaffen würde, selbst ein Festival so aufzuziehen, wie es sich der Fan wünscht. Natürlich ist es eine ganz andere Liga, ein Festival für
5000 Leute zu organisieren und durchzuführen, als für derer 40.000, dennoch muss man dem Rock Hard-Team alles in allem zu einem gelungenen Festival gratulieren.
Zwar war es ärgerlich, dass es keine Camping-Möglichkeiten gab und auch die Getränkepreise waren mit 2,50 EUR für 0,4 l Bier auch nicht wirklich günstig, aber
sehr positiv aufgefallen ist die sanitäre Situation. Die Toiletten waren in kurzer Zeit erreichbar und stets sauber, lange Schlangen suchte man ebenso
vergeblich, einen Obulus für die Benutzung musste man auch nicht entrichten. Sehr schön auch, dass das Festival – von der durch einen heftigen Gewittersturm
verursachten Zwangspause am Samstag abgesehen – bis auf die Minute genau so durchgezogen wurde wie geplant und dass es absolut keinen Ärger mit der Security
gab. Herzlichen Glückwunsch, Rock Hard, es war zwar noch nicht alles perfekt, aber eine Fortsetzung ist durchaus erwünscht.

Samstag, 07. Juni 2003

GOD DETHRONED


Als GOD DETHRONED pünktlich um 13.00 Uhr die Bühne betraten, war das Amphitheater zu Gelsenkirchen noch nicht wirklich gut gefüllt – den Fans, die sich schon
auf die Ebene vor der Bühne begeben hatten, bot sich noch relativ viel Bewegungsspielraum, aber auf den Rängen herrschte eine noch größere Leere. Trotzdem gaben
die Holländer ihr Bestes, um dem Publikum mit ihrem feurigen Death/Thrash-Cocktail ordentlich einzuheizen. Los ging es dabei mit “The Art Of Immolation” und
“Boiling Blood”, der Schwerpunkt des Gigs lag aber eindeutig auf dem starken aktuellen Album “Into The Lungs Of Hell“, dessen Songs mindestens genauso gut
ankamen wie das alte Material. Gesegnet von einem guten Sound kamen auch die Knüppelpassagen sehr gut rüber, von durch Bass und Drums übertönten Gitarren keine
Spur. Dennoch haben die Holländer ihre stärksten Momente dann, wenn es ordentlich groovt oder wenn sie hochmelodische Gitarrenleads in ihre Songs einbauen. So
wussten gerade neuere Songs wie “The War Cult” oder “Soulsweeper” zu begeistern, so dass in den ersten Reihen auch schon ordentlich die Matten geschüttelt
wurden. Zwar ist Henri Sattler mit seinen kargen Ansagen kein besonders charismatischer Frontmann, aber GOD DETHRONED spielten ihr Programm routiniert und
wurden ihrer Rolle als Festival-Opener auf alle Fälle gerecht.

TRIBE AFTER TRIBE

Es gibt Bands, die machen es den Zuhörern nicht eben einfach. Auch TRIBE AFTER TRIBE gehören zu dieser Sorte Bands, die so außergewöhnlich sind, dass sie bei
vielen Festivalbesuchern auf Desinteresse stoßen, während nur eine Minderheit mit großer Neugier, was da jetzt wohl kommen möge, die Performance der Mannen um
den Südafrikaner Robbi Robb verfolgte, so dass sich vor der Bühne noch weniger Volk versammelte als bei GOD DETHRONED. Die Band vermischt harten Psychedelic
Rock mit afrikanischen Tribal-Rhythmen, weswegen sich zum üblichen Rock-Instrumentarium auch noch afrikanische Trommeln hinzugesellen.
Beim überlangen Trommel-Intro bereits vollführt Frontmann Robbi einen grotesken Tanz, was sich später im Set noch einige Male wiederholen sollte und die Frage
aufwarf, welche Rauschmittel man zu sich nehmen muss, um in einen solch ekstatischen Zustand zu gelangen.

Der von den Veranstaltern in der Ansage der Band
gewünschte Moshpit kam trotz der sehr rhythmusbetonten Musik nicht zustande, vielmehr beobachtete das Publikum das Geschehen der Bühne aus der Distanz. Grund
für die eher verhaltenen Publikumsreaktionen war sicherlich die Tatsache, dass einfach keine Songstrukturen erkennbar waren. Vielmehr erweckten
TRIBE AFTER TRIBE den Eindruck, sich zu einer einzigen großen Jam-Session versammelt zu haben. Wiederholt auftauchende Passagen oder auch nur eingängige
Hooklines suchte man da leider vergeblich. Wenn sich Robbi ans Mikro begab, gab er meist eher einen obskuren, psychedelischen Singsang von sich. All dies hatte
zum Zuhören und vor allem Beobachten dennoch seinen ganz eigenen Reiz, da TRIBE AFTER TRIBE wirklich einen Weg abseits jeglicher Konventionen beschreiten.
Richtig aufhorchen ließen die Jungs dann, als sie kurz “War Pigs” von BLACK SABBATH anspielten, denn plötzlich kamen eine ganze Reihe Doom-Freaks in die
vorderen Reihen, die ansonsten wohl hauptsächlich wegen TROUBLE und CANDLEMASS nach Gelsenkirchen gepilgert waren.

CIRCLE II CIRCLE

CIRCLE II CIRCLE waren dann die erste Band, bei der es auf der Ebene vor der Bühne so richtig beengend voll wurde. Kein Wunder, war dies doch die erste
Gelegenheit, Zak Stevens und seine neue Band auf einer europäischen Bühne zu sehen. Die Ankündigung eines Gastauftritts von Jon Oliva dürfte ihr übriges dazu
beigetragen haben, die Massen vor die Bühne zu locken. Als Zak Stevens die Bühne betrat, wurde er bereits mit Jubel empfangen, so dass der Auftritt für ihn und
seine agil agierende Truppe ein leichtes Spiel war. Neben einer technisch gesehen tadellosen Performance wurde auch ordentlich gepost. Auch Stevens selbst war
stimmlich in Hochform. Seine Stimme hat sich zwar scheinbar seit seiner SAVATAGE-Zeit ein wenig gewandelt (ich hatte den Eindruck, dass sie nun etwas rauer
klingt), was aber nichts daran ändert, dass er noch immer einer der besten Metal-Sänger der Gegenwart ist.
Von den Songs des CIRCLE II CIRCLE-Debüts stach der Titelsong “Watching In Silence” qualitativ deutlich heraus, und dementsprechend waren hier auch die
Publikumsreaktionen am euphorischsten. Dass dieses Stück am ehesten nach SAVATAGE klingt und vielen bereits von der Rock Hard-Dynamit-CD bekannt war, dürften
weitere Gründe gewesen sein.
All das war jedoch noch gar nichts gegen das, was da noch kommen sollte. Mit dem “Handful Of Rain”-Hammer “Taunting Cobras” leiteten die Amis die SAVATAGE-Phase
ein. Darauf folgte der im Vorfeld bereits angekkündigte Gastauftritt von Jon Oliva, der von den Fans begeistert empfangen wurde. Nach “Edge Of Thorns” konnte
man mit “Gutter Ballet”, bei dem sich Stevens und Oliva mit den Gesangsparts abwechselten, noch einen drauf setzen. Die Band setzte diese Klassiker
originalgetreu und einwandfrei um, und im Publikum gab es kein Halten mehr.
Danach noch einen weiteren CIRCLE II CIRCLE-Song zu spielen, war allerdings ein Fehler, denn der Meute gelüstete es nach mehr SAVATAGE, und dementsprechend sank
die Stimmung nun auch wieder auf einen normalen Pegel. Immerhin gab es dann zum Abschluss noch eine große Überraschung. Als die Band ihren Auftritt mit dem
METALLICA-Cover “Welcome Home (Sanatorium)” beendete, konnten viele der Anwesenden – wie bereits bei den drei SAVATAGE-Songs – ihr Glück zunächst kaum fassen.
Alles in allem war der Auftritt für Zak Stevens also ein voller Erfolg, der jede Menge überglücklicher und erschöpfter Menschen als Folge hatte. Dennoch bleibt
abzuwarten, ob CIRCLE II CIRCLE irgendwann auch mal so abgefeiert werden, wenn sie nur mit eigenen Songs antreten.

TROUBLE


Dass die wiedervereinigten TROUBLE auf dem Rock Hard-Festival spielen würden, dürfte vielen Doom-Freaks im Vorfeld der Veranstaltung Tränen der Freude in die
Augen getrieben haben, und so waren viele sicherlich nur wegen CANDLEMASS und eben jenen Doom-Göttern aus Amiland angereist. So voll wie noch bei
CIRCLE II CIRCLE oder anschließend bei NEVERMORE war es dann vor der Bühne allerdings nicht, was nur zeigt, was für ein Nischen-Genre der Doom noch immer ist.
Für die anwesenden Doom-Jünger wurde jedoch ein Traum war, und TROUBLE machten ihre Sache auch nicht schlecht, deckten sie doch so ziemlich alle musikalischen
Phasen ab und boten eine gesunde Mischung aus flotteren, eher rockigeren Stücken auf der einen und doomigeren Songs auf der anderen Seite. Der Sound war dabei
zwar nicht so fett und druckvoll wie bei den meisten anderen Bands, kam dafür aber authentisch oldschoolig rüber. Rein musikalisch also eine astreine Leistung,
zumal Eric Wagner, der mit seiner wuscheligen Kurzhaar-Frisur etwas ungewohnt aussah, sich auch gesangstechnisch keine Blöße gab und scheinbar mühelos an
vergangene Zeiten anknüpfen konnte. Dennoch wäre eine etwas dynamischere Bühnenshow mit etwas Bewegung wünschenswert gewesen. Eric Wagner etwa stand die ganze
Zeit mit einer Zigarette in der Hand (oder war es vielleicht eher ein Joint?) an seinem Mikroständer, und wenn er nicht singen musste, sah er auch ziemlich
unbeteiligt aus. Die längeren Pausen zwischen den Songs, in denen die Band interne Kommunikation betrieb, wirkten leider auch nicht sonderlich professionell.
Dennoch: it’s the music that matters, und in dem Punkt gab es am Auftritt der Doom-Legende absolut nichts auszusetzen, was auch die anwesenden Fans so sahen,
die die Band angemessen bejubelten.

NEVERMORE

NEVERMORE haben auf Festival-Bühnen eigentlich noch nie eine schlechte Figur gemacht, sondern wurden stets von ihrer in den letzten Jahren gehörig gewachsenen
Fanschar abgefeiert. Das war auch bei ihrem Auftritt in Gelsenkirchen nicht anders. Besonders gespannt konnte man diesmal auf die Songs des zum Zeitpunkt des
Auftritts noch unveröffentlichten Albums
Enemies Of Reality” sein, von denen bis dahin allein der Titeltrack in Form einer mp3-Datei das Licht der Welt erblickt hatte. Mit eben
jenem Song begannen die Jungs aus Seattle dann auch ihren Set, verstärkt durch JAG PANZER-Axeman Chris Broderick an der zweiten Klampfe. Und das neue Material –
drei weitere neue Songs präsentierte man der neugierigen Meute – haute richtig heftig rein. NEVERMORE zeigten sich hier härter, aber auch weniger melodisch denn
je. Man so fragte sich der eine oder andere sicher, ob das Album so einseitig ausfallen würde wie die hier gespielten neuen Songs – die sich aber perfekt in das restliche Material einfügten,
zeigte man sich doch mit “Seven Tongues Of God”, bei dem Warrel Dane wie üblich einen großen Moshpit forderte und auch bekam, “Engines Of Hate”,
“Inside Four Falls”, “Narcosynthesis” oder dem abschließenden “The Sound Of Silence” ebenfalls von seiner harten Seite. Ein wenig Entspannung in Form von
“The Heart Collector” hätte dem Auftritt sicherlich ganz gut getan. NEVERMORE waren auch die Band, bei der die ersten Crowdsurfer in Aktion traten, die Stimmung
war also deutlich ausgelassener aber natürlich auch aggressiver als zuvor, wie man es von den Amis halt kennt.
Bis auf die neuen Songs bot der Auftritt somit nichts Neues oder Überraschendes. Technisch überragende Musiker, ein wie immer etwas arrogant wirkender Warrel
Dane, der mit diesem Auftreten sicherlich nicht bei jedem gut ankommt, das kennt man so bereits von vergangenen Auftritten. So wurden NEVERMORE den Erwartungen
also vollends gerecht und dürften eigentlich keinen Fan enttäuscht haben – nicht mehr und nicht weniger.

KREATOR


Überraschungen waren auch bei den Altenessenern von KREATOR absolut fehl am Platze. Die Setlist glich im Großen und Ganzen der, die die Band, die hier fast ein
Heimspiel hatte, wie Mille etwas unpassend selbst in einer seiner Ansagen anmerkte, auch beim letztjährigen Wacken Open Air gespielt hat. Routiniert ließen die
Ruhrpott-Thrasher eine gelungene Mixtur aus recht vielen Songs des starken aktuellen Albums (los ging es direkt mit dem Titeltrack “Violent Revolution” und
“Reconquering The Throne”), “Phobia” sowie den alten Klassikern auf die Fans herabregnen, die sich allerdings in geringerer Zahl vor der Bühne versammelt hatten
als noch bei NEVERMORE. Hier zeigte sich einmal mehr, dass das Material des “Violent Revolution“-Albums ohne weiteres mit Songs wie “Extreme Aggression”,
“Pleasure To Kill” oder “People Of The Lie” mithalten kann, was sich auch in den Publikumsreaktionen widerspiegelte, gingen die Fans doch zu sämtlichen Songs
gleichermaßen ab. Ich beobachtete das Ganze derweil von den Rängen aus und erfreute mich eines richtig transparenten Sounds, bei dem sämtliche Gitarrenharmonien
perfekt zu hören waren, so dass das Zuhören eine wahre Freude war. Nur die Aussicht war dann teilweise doch nicht so gut wie erwartet, da KREATOR es mit dem
Qualm etwas übertrieben, und dass Mille sich bei einigen Ansagen etwas verhaspelte und ein wenig unsicher wirkte, schmälerte den positiven Eindruck ebenfalls
ein wenig. Etwas schade auch, dass die Band das “Cause For Conflict”-Album bei ihrem Auftritt gar nicht berücksichtigte bzw. dies schon seit geraumer Zeit nicht
mehr tut, sondern sich fast vollständig auf den traditionellen Teutonen-Thrash-Sound konzentrierte, den sie mit “Violent Revolution” wieder für sich entdeckt
hatte, denn so wäre die Stunde etwas abwechlsungsreicher verlaufen. Nach einiger Zeit machte sich dann nämlich doch aufgrund des recht eindimensionalen Sounds
ein wenig Langeweile breit.

ANTHRAX

Die großen Abräumer nicht nur des Samstags, sondern des gesamten Festivals, waren ANTHRAX. Mit einem äußerst druckvollen, aber dennoch transparenten Sound und
einer unglaublichen Energie bliesen die New Yorker alles weg. Charlie Benantes mitunter rasend schnelles Power-Drumming ist einfach nicht von dieser Welt, und
John Bush zeigte einmal mehr, dass er mit seiner kräftigen Stimme der optimale Shouter für die Band ist. Wer nach diesem Auftritt immer noch nach Belladonna
schreien sollte, ist wohl ein Ewiggestriger.

Denn Bush konnte nicht nur bei den neueren Songs überzeugen, sondern ließ auch bei Klassikern wie “Madhouse” oder
“N.F.L.” nichts anbrennen. Und so schafften es die Mosh-Kings mit ihren Songs das gesamte Publikum in Bewegung zu versetzen, und auch auf den Rängen, dem
eigentlichen Ruhepol des Festivals, flippte der eine oder andere begeisterte Fan aus, insbesondere beim punkig-rotzigen TRUST-Cover “Antisocial”, bei dem
fröhliches Mitgröhlen angesagt war. Dabei kamen die Songs des aktuellen Albums – etwa der Opener “What Doesn’t Die” oder “Black Dahlia” – beinahe genauso gut an
wie die alten Songs, was einem einmal mehr die Klasse dieses Comeback-Werkes vor Augen führt. Und so waren ANTHRAX auch die erste Band, die zu einer Zugabe
zurück auf die Bühne kommen durfte und machten es dem offiziellen Headliner des ersten Festivaltages, BLIND GUARDIAN, verdammt schwer, dem noch einen
draufzusetzen. Respekt!

BLIND GUARDIAN

Zwar sah es ein Großteil der Anwesenden anders, denn BLIND GUARDIAN wurden – wie gewohnt – während ihres zweistündigen Auftritts und auch danach so richtig
abgefeiert, wirklich überzeugend war die Darbietung der Krefelder aber eigentlich nicht. Zunächst einmal bot die Setlist wenige bis gar keine Überraschungen,
glich sie doch ziemlich der des letztjährigen Auftritts auf dem Wacken Open Air, so dass man manchmal den Eindruck hatte, es mit einem Dej‡-vu zu tun zu haben.
Von “The Soulforged” über “Into The Storm”, “Script For My Requiem”, “The Bard’s Song” und “Majesty” wurden alle Alben der Band abgedeckt. Dass dabei für jeden
einige persönliche Pflichtsongs fehlten, ist wohl normal und kann man den blinden Wächtern auch nicht zum Vorwurf machen. Leider musste man jedoch Abstriche in
der Ausführung hinnehmen. Hansi Kürsch schien an diesem Abend nicht besonders gut bei Stimme zu sein, gab es doch den einen oder anderen falschen Ton und klang
seine Stimme bei den klaren Gesangsparts teilweise etwas dünn, hohe Gesangspassagen wirkten zudem arg gequetscht. Außerdem schien er Probleme damit zu haben,
über längere Zeit die aggressive Gesangsweise durchzuhalten. Anders ist es kaum zu erklären, dass er bei harten Songs wie “Another Holy War” immer wieder
urplötzlich in den klaren, weichen Gesangsstil wechselte, womit er solchen Songs die Kraft und Heaviness nahm und sie damit einigermaßen verhunzte.
Was den Eindruck weiterhin trübte, waren die peinlichen Ansagen und ständigen Huldigungen des Publikums von Kürsch, was dann in in die Menge geschriehenen
Sprüchen wie “Ihr seid verehrungswürdig!” “der perfekte Song, für die perfekte Location und für das perfekte Publikum” als Ankündigung des Mammutsongs
And Then There Was Silence” gipfelte.
Dennoch wurden BLIND GUARDIAN vom Publikum zweimal zurück auf die Bühne gerufen, so dass die Band zwar stimmungstechnisch ein würdiger Headliner war, sich aber,
was die eigene Darbietung angeht, gegen ANTHRAX deutlich geschlagen geben mussten.

Sonntag, 08. Juni 2003

DARKANE

Ihrer Aufgabe, das vom anstrengenden ersten Festivaltag ermüdete Publikum wieder wachzurütteln, wurden die Schweden DARKANE mehr als gerecht. Erstaunlich
zahlreich hatte man sich sogar schon vor der Bühne versammelt, um den mit leichten Death Metal-Anleihen versehenen, relativ modernen Thrash der Band auf sich
wirken zu lassen, was daran gelegen haben mag, dass viele Festivalbesucher auf dem großen Parkplatz des Amphitheaters übernachtet haben. DARKANE agierten dann
derart frisch und lebendig, dass es eine wahre Wonne war, den Jungs dabei zuzusehen, wie sie ihr technisch höchst anspruchsvolles Material, das geschickt
zwischen ultraschnellen Salven mit derbem Gekreische, groovigen Midtempo-Moshparts und melodischen Passagen, in denen teilweise auch mal richtig gesungen wurde,
pendelte, in die Menge feuerten. Die Band nutzte wirklich die volle Breite der Bühne aus und war ständig in Bewegung, so dass sich die Spielfreude der Band
leicht auf das Publikum übertrug, welches zu den Songs für die Uhrzeit schon richtig gut abging. Dazu beigetragen haben dürfte aber auch die Ausstrahlung des
Frontmanns Andreas Sydow, der immer wieder an Charles Rytkönen (LEFAY) erinnernde Grimassen zog und so die Aufmerksamkeit auf sich lenkte. Ganz klar, DARKANE
waren die Überraschung des Festivals und konnten mit ihrem Auftritt sicherlich noch eine Menge Fans hinzugewinnen.

THRESHOLD


Als einzige waschechte Progband waren dann THRESHOLD an der Reihe, die Pechvögel des Festivals, denn als die Briten ihren Auftritt begannen, kam auch der Regen.
Band und Publikum zeigten sich davon zunächst noch gänzlich unbeeindruckt, zumal man ja ein Dach über dem Kopf hatte (zumindest die ersten Reihen vor der
Bühne). Der technisch perfekt umgesetzte, auf hohem Niveau angesiedelte Progressive Metal der Briten ging dann auch gut ins Ohr, so dass auch diejenigen
Gefallen an der Musik fanden, die eigentlich nur direkt vor der Bühne standen, um im Trockenen zu sein. Insbesondere die tollen mehrstimmigen Vocal-Arrangements
wirkten sehr überzeugend, auch wenn Sänger Andrew MacDermots Gesang insgesamt ein wenig emotionslos wirkte. Dennoch ein echter Jammer, dass, gerade als man mit
dem komplexen Sound der Band warm geworden war, der Regen immer heftiger wurde und ein kräftiger Sturm den Regen direkt auf die Bühne fegte, so dass zum einen
auch das Dach über den ersten Reihen vor der Bühne keinen Schutz mehr bot, zum anderen – und viel schlimmer – THRESHOLD nach ca. 20 Minuten gezwungen waren,
ihren Auftritt abzubrechen, da die Technik nicht mehr mitspielte. Da die Zwangspause sich sehr lange hinzog, war es dann schließlich zu spät, um die Briten noch
einmal auf die Bühne zu lassen, so dass sich alle Prog-Fans mit diesem kurzen Intermezzo begnügen mussten.

ARCH ENEMY

Einen starken Kontrast zum Prog-Sound von THRESHOLD boten dann ARCH ENEMY, welche als Ersatz für DEATH ANGEL gebucht wurden, die leider relativ kurzfristig
ihren Auftritt abgesagt hatten. Zwar war es immer noch leicht regnerisch, aber dennoch versammelten sich reichlich Leute, um den virtuosen Death Metal-Klängen
der Schweden zu lauschen. Wie alle weiteren folgenden Bands, mussten auch ARCH ENEMY ihre Spielzeit um etwa fünf Minuten kürzen, um die durch die Regenpause
verlorene Zeit wieder wettzumachen. Ob es daran lag, dass in der Eile keine Zeit mehr blieb, den Sound vernünftig abzustimmen oder andere Gründe hatte, der
Sound der Schweden ließ jedenfalls zu wünschen übrig. Dass dieser an den verschiedenen Stellen im Amphitheater sehr unterschiedlich ist, ist bekannt, weswegen
dies auch ein lokal begrenztes Problem gewesen sein könnte. In jedem Fall übertönten der Bass und die Drums alles andere, was gerade bei einer solch virtuosen
Gitarrenarbeit, wie sie die Brüder Amott abliefern, extrem schade ist. Dennoch – und trotz der etwas zu monotonen Growls der sympathisch rüberkommenden
Frontfrau Angela Gossow – kamen die Schweden beim Publikum sehr gut an, welches besonders beim hochmelodischen “Ravenous” mächtig abging. Mit einem besseren
Sound hätten ARCH ENEMY aber sicherlich noch viel mehr herausholen können. So war der Auftritt aufgrund der Umstände – die Band selbst brachte eine tadellose
Leistung – leider eine kleine Enttäuschung.

SOILWORK

SOILWORK sind ja momentan so richtig angesagt und haben sich ihren Status nicht nur durch exzellente Studioalben, sondern auch durch eine stetige Live-Präsenz
erspielt. Auf dem Rock Hard-Festival gab es dann eine Premiere, war dies doch der erste Gig mit dem neuen Drummer Richard Evensand, der den erst kurz zuvor
ausgestiegenen Henry Ranta ersetzt. Dass trotz dieses kurzfristigen Besetzungswechsels die Band keinerlei Unsicherheiten zeigte, sondern absolut tight, sicher
und mit viel Spielfreude agierte, zeigt, wie routiniert die Schweden durch das viele Touren mittlerweile geworden sind. Ähnlich agil wie ihre Landsmänner von
DARKANE zeigte man sich, so dass es auf der Bühne und davor immer reichlich Bewegung gab. Bei solchen Killersongs wie “Follow The Hollow”, “Rejection Role” oder
“Figure Number Five” ist dies allerdings auch kein Wunder, denn welcher Fan modernen melodischen Death/Thrash Metals kann dabei schon still stehen? Herausragend
war vor allem die Gesangsleistung von Björn Strid, der nicht nur mit seinen aggressiven Shoutings überzeugen konnte, sondern gerade auch bei den melodischen,
mit klarer Stimme gesungenen Vocal-Lines besser denn je klang. Dass der Gute aber erneut sein rotes Ferrari-Hemd an hatte, war mit Sicherheit reine Provokation
und verdanken wir somit bestimmt nur der negativen Berichterstattung darüber durch den Captain. 😉

CANDLEMASS

Die schwedischen Doom-Götter waren zwar in den letzten zwölf Monaten überaus präsent auf allerlei europäischen Bühnen, von einer Übersättigung war allerdings
nichts zu spüren, das Interesse an CANDLEMASS scheint ungebremst sehr groß zu sein – und das auch mit Recht, denn Stücke wie der Standard-Opener
“Well Of Souls”, das von vielen an dieser Stelle nicht unbedingt erwartete “Bearer Of Pain”, “Mirror Mirror” oder “A Sorcerer’s Pledge” sind Doom-Hymnen für die
Ewigkeit, die man gar nicht oft genug live gespielt erleben kann.

Die Band um Mastermind Leif Edling präsentierte sich dabei in Höchstform und wirkte nochmal um
einiges lockerer und unverkrampfter, als ich sie von ihrem bereits grandiosen Auftritt im “Popcentrum 013” in Tilburg im letzten Oktober in Erinnerung hatte.
Messiah Marcolin, der wohl auch beim heißesten Wetter nicht ohne seine Mönchskutte auftreten würde, war natürlich mal wieder bestens bei Stimme – man hat sich
daran schon als Normalzustand gewöhnt, doch eine solch grandiose Gesangsleistung ist einfach immer wieder beeindruckend und es wert, entsprechend gewürdigt zu
werden. Die Showeinlagen des Sangesgottes, der immer die passenden Gesten zu den gerade inbrünstig gesungenen Textpassagen parat hatte, sorgten immer wieder für
Lacher und kamen echt sympathisch rüber, versprühten jede Menge positiver Energie und machten einmal mehr deutlich, dass Doom sehr wohl lustig sein kann – etwa,
wenn Messiah in seinem berüchtigen holprigen Deutsch kund tut, er sei “ein Doomkopf, kein Dummkopf”, nur um gegen Ende des Sets, als die Band “Solitude”
anspielt und er versehentlich dabei ist, “At The Gallow’s End” anzusagen, korrigieren zu müssen: “Ich BIN ein Dummkopf!” Es war zwar mal wieder sehr schade,
dass die Band die Klasse des “Tales Of Creation“-Albums nicht durch eine angemessene Präsenz in ihrer Setlist zu würdigen wusste, aber ansonsten gab es am
Auftritt von CANDLEMASS absolut gar nichts auszusetzen, war sie doch mal wieder eines Headliners würdig und wäre definitiv zu späterer Stunde besser platziert
gewesen, um dem Status dieser Legende und auch ihrer Qualitäten gerecht zu werden.

IN FLAMES


Als IN FLAMES dann die Bühne betraten, war es vor selbiger beengend voll. Der Regen, der nach dem CANDLEMASS-Gig wieder angefangen hatte und während des
SODOM-Auftrittes viele Leute zu den bedachten Ständen getrieben hatte, legte sich langsam wieder, als die Schweden ihre Show begannen. Sie starteten ihren Set
mit “Clouds Connected”, dem Hit des aktuellen Albums und läuteten den Song zugleich mit einer beeindruckenden, perfekt auf die Musik abgestimmten Feuershow ein.
Die Band spielte einen ausgewogenen Mix aus altem und neuerem Material. Der Hammer war natürlich – wie sollte es sonst sein – mal wieder “Only For The Weak”,
wobei sich ein von der Bühnenshow verqualmter pogender Pulk so richtig austobte. Ein weiteres Highlight war das für viele noch unbekannte “Watch Them Feed”,
welches auf der neuen “Trigger”-EP enthalten ist. Bei den meisten anwesenden Fans kamen alte Stücke wie “Bullet Ride” oder “Colony” gleichermaßen gut an wie die
neueren Songs vom “Reroute To Remain“-Album. Definitiv ein Höhepunkt des Festivals, und die Resonanzen, die so überwältigend wie bei kaum einer anderen Band des
Festivals waren, sprechen wohl für sich.

SAXON

Das NWOBHM-Urgestein war ja in den letzten Jahren ziemlich häufig auf deutschen Bühnen zu bewundern. Vielleicht ein bisschen zu viel des Guten, und so bot auch
der Auftritt im Amphitheater im Grunde nichts großartig Überraschendes. Den Heavy Metal-Maniacs war das egal, wenn eine Band wie SAXON spielt, bei der jeder im
Publikum die Songs mitgröhlen kann, ist nun mal Party angesagt.

Los ging es mit dem Klassiker “Heavy Metal Thunder”, der bei den Fans auch hervorragend ankam.
Biff war stimmlich bestens in Form und Bassist Nibbs Carter hatte – wie man es von ihm halt kennt – eine gewaltige Ladung Feuer im Arsch und bangte pausenlos
ohne jegliche Anzeichen von Erschöpfung. Die Briten haben ja einen reichen Fundus an Klassikern, die sie in jedem Set unterbringen müssen. So durften Songs wie
“Wheels Of Steel”, “Strong Arm Of The Law” oder “Crusader” natürlich auch diesmal nicht fehlen und wurden euphorisch wie immer aufgenommen. Ob Schlagzeugsoli
wirklich sein müssen, ist sicherlich Geschmacksfrage, aber zumindest zeigte damit Fritz Randow allen mal wieder, was er auf dem Kasten hat. Beendet wurde der
Auftritt und damit das Festival mit “Denim And Leather”, bei dem Götz Kühnemund und Frank Albrecht lautstark mitsangen. Ein sicherlich sehr gelungener Auftritt
von SAXON, dem es aber, und damit waren die Briten nicht die einzigen auf dem Festival, an Überraschungen fehlte. Man weiß halt, was man von Biff und Co. zu
erwarten hat, und weil das so ist, dürfte auch niemand von diesem Auftritt enttäuscht worden sein.

Ein großes Dankeschön geht an dieser Stelle an Chris Lücker vom OBLIVEON-Magazin sowie Sascha Hennenberger vom ANCIENT SPIRIT für die Bereitstellung ihres
Fotomaterials.

Fotos von CANDLEMASS, IN FLAMES, NEVERMORE und TROUBLE: Chris Lücker
Alle weiteren Fotos: Sascha Hennenberger

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