CHILDREN OF BODOM, SOILWORK, SUIDAKRA – 18.5.2003, Ludwigsburg, Rockfabrik

Ein Ratespiel, ein Schlafanzug und ein Prollzwerg, das gibt zusammen…einen vergnüglichen Abend!

Als ich die im Umbau befindlichen heiligen Hallen der Rockfabrik betrat beziehungsweise versuchte, mir einen Weg durch die enormen Menschenmassen zu bahnen, enterte bereits die erste Band überpünktlich die Bretter und zettelte unter vielen Anwesenden Verwirrung und Rätselraten an: Hatten SHADOWS FALL mal eben einen Deutsch-Intensivkurs genommen? Oder ihren Stil so geändert, dass sogar eine Irish-Folk-Einlage Platz fand? Oder – natürlich naheliegender – war da eine andere Band im Gefolge von SOILWORK und den Kindern Bodoms unterwegs? Nur wer? Sich noch mal bis zum T-Shirt-Stand durchzuschlagen und dort nachzufragen, konnte man angesichts der ausverkauften Rofa (und dabei waren vermutlich auch das Café, die Toiletten und das Restaurant mit einberechnet worden) getrost vergessen, wenn man rechtzeitig zur Zugabe von CHILDREN OF BODOM wieder vorne sein wollte. Also einfach mal unvoreingenommen der Band gelauscht, die einen zwiespältigen Eindruck hinterließ. Die komplexeren Melodien wussten zu gefallen, ebenso der räudige Gesang, wobei allerdings der Kollege an der Gitarre mit seinen verkrampft brünstenden Heldenvocals mehr als einmal danebenlag. Irgendwie fehlte den Kompositionen aber der Kick und der Band auch die Tightness im Zusammenspiel, um überzeugen zu können. Gerade an letzterem Punkt sollte unbedingt gearbeitet werden, denn als mir so langsam per Ausschlussverfahren klar wurde, dass das SUIDAKRA sein müssen, war ich negativ überrascht, da ich von dieser nicht erst seit gestern agierenden Band mehr erwartet hätte. Der Fairness halber soll aber nicht unerwähnt bleiben, dass vielen der Black-Folk-Heavy-Mischmasch gut gefiel, während ich eher den Eindruck hatte, einer neugegründeten Undergroundformation zuzusehen.

Welch ein Unterschied hingegen bei SOILWORK. Fünf Platten, etliche Tourneen, Routine pur und doch die nötige Begeisterung und Spielfreude on stage, dazu noch ein Zusammenspiel, wie es perfekter kaum mehr sein könnte…SOILWORK waren definitiv weit mehr als eine normale Vorband. Auch wenn Frontmonster Björn „Speed“ Strid das bereits von unserem Captain Chaos monierte Ferrari-Shirt anhatte (es bleibt zu hoffen, dass er es wenigstens ab und zu wäscht…) und sein Kollege am Bass seinem Outfit nach zu urteilen gerade erst aus der Koje gekrochen war, brachte die Band Metal in Vollendung auf die Bühne. Wieso SOILWORK nach wie vor sich mit einer mageren Spielzeit, wenig Licht und beengten Platzverhältnissen zufrieden geben, ist mir angesichts der energiegeladenen Show und den enthusiastischen Publikumsreaktionen mehr als rätselhaft, zumal der Backkatalog der Band genügend Material für eine ausgedehnte, abwechslungsreiche Headlinersetlist hergeben würde. Wenigstens hatte der Mischer diesmal erkannt, dass die beiden Jungs mit den sechssaitigen Instrumenten nicht nur zum Faxenmachen auf der Bühne waren, und drehte gut auf, so dass „Figure Number Five“, „As We Speak“ und „Follow the Hollow“ noch mehr als auf Platte Arsch traten. Trotzdem: Warum nach einer starken halben Stunde schon Schluss sein musste, kann mir keiner mit vernünftigen Argumenten erklären. Eine volle Headlinertour wäre langsam mehr als nötig für die heftig-melodischen Schweden, dann könnten sie vielleicht auch den Verfasserdrachen endgültig ins Metalnirvana beamen, indem sie einige Tracks der Überalben „The Chainheart Machine“ und „Steelbath Suicide“ mit ins Programm aufnehmen würden. Schließlich sollte gerade live die härtere Anfangszeit der Jungs prima umzusetzen sein. Dazu noch die spacige Lasershow, wie sie CHILDREN OF BODOM im Anschluss auffuhren…

Ähnlich wie unser Captain in Nürnberg bin ich nun nicht gerade wegen CHILDREN OF BODOM auf das Konzert gegangen, wurde aber wenigstens nicht von meiner Wertesten hingezerrt, hehe. Vielmehr war es das Interesse, wie die Band um den kleinen Frontproll Alexi Laiho live rüberkommt und wie sich die einzige Melodic-Deathmetal-Band, die Jutze besser als mir gefallen hat, inzwischen entwickelt hat. Überrascht hatte mich ja schon, dass die Rofa ausverkauft war, doch die Finnen sollten dieses Erstaunen in Begeisterung verwandeln, denn zu giftgrünem Laserlicht legten sie mehr als heftig los und sorgten für gepflegte Fönfrisuren im Publikum. So eine Power hätte ich den Jungs nie zugetraut, vor allem überraschte auch die Rotzigkeit, mit der sie ihren Querschnitt durch´s bisherige Schaffen runterzockten. Fast schon deplaziert wirkten da die Keyboardfiedeleien. Doch da der Mischer wie erwähnt den Regler für die Gitarren gefunden hatte und sie bis hart an den Anschlag aufgedreht hatte, verloren die Finnenkinder kein Fünkchen ihrer Energie. Selbst gegen Ende der Show wüteten und posten die drei Saitenhexer am Bühnenrand ohne Unterlass. Die Meute vor der Bühne ging trotz der Enge und der berüchtigten schwäbischen Zurückhaltung voll und ganz mit. Und so gestaltete sich der Abend als Triumphzug für das Quintett, der leider nach knapp eineinhalb Stunden viel zu schnell vorüber war und trotz der Begeisterung allerorten nur eine Zugabe als Schlusspunkt hatte. Das änderte aber nix daran, dass CHILDREN OF BODOM mit diesem Gig alle Fans zufriedengestellt haben und bei ignoranten Fällen wie mir sämtliche Vorurteile ausräumen konnten. Hut ab!

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