Es begann ganz klassisch in Hel(l)sinki: Vier Cello-Studenten von der ehrwürdigen Sibelius-Akademie hörten in ihrer Freizeit begeistert Heavy Metal und beschlossen eines Tages aus Jux und Dollerei, die beiden musikalischen Welten, die nach Meinung vieler Menschen so weit ja gar nicht auseinanderliegen, miteinander zu verquicken. Das Ergebnis war verblüffend, der Titel der ersten CD Programm: „Apocalyptica plays Metallica by four Cellos“!
Eine hochoriginelle Geschichte, die sich trotz erster eigener Stücke jedoch spätestens mit der zweiten Scheibe überlebt zu haben schien. Doch Apocalyptica fanden mühelos den Ausweg aus der vermeintlichen Sackgasse. Für ihr drittes Album „Cult“ nahmen die Finnen einige Songs mit Gesang auf – Treffer! Auch auf ihrem neuen Album „Reflections“ – dem vierten – hat die Band dem Verfallsdatum erneut ein Schnippchen geschlagen und sich SLAYER-Drummer Dave Lombardo ins Studio eingeladen, der hier einmal mehr ein flinkes Stöckchen schwingt und die agilen Fiedler mit seinem markant-mächtigen Beat zu Höchstleistungen antreibt.
Live mit unbekanntem Tourdrummer im aus allen Nähten platzenden Nürnberger Löwensaal erweist sich die rhythmische Verstärkung einmal mehr als der nächste logische Schritt. Apocalyptica werden mit den Jahren immer besser, immer knackiger – und zunehmend locker. Oberkörper frei hängen die Musiker schwitzend und headbangend über ihren unhandlichen Instrumenten, sägen sich die Seele aus dem Leib und sind optisch wie akustisch ein Genuss. Mit einem Augenzwinkern kündigt die Band zum Finale eines energiegeladenen Abends „ein Stück Black Metal aus dem schönen Norwegen“ an – und lädt in die Halle des Bergkönigs. Zu Edvard Griegs unsterblichen Klängen recken die Kuttenträger in den ersten Reihen die nietenbewehrten Fäuste, lassen Köpfe und Haare fliegen – wau! Vier Finnen und ihre Celli sind heute mehr Metal als Metallica – das gibt zu denken.