FESTIVALSAISON: Ich will das Familienticket!

Kindern Werte vermitteln: heute mit JUDAS PRIEST und ALICE COOPER.
Wir kennen es alle. Wir werden älter – Hallo Ü30-Fraktion – und wir reproduzieren uns. Spätestens, wenn die lieben Kleinen nach Musik verlangen, sieht man sich mit Manipulativmarketingmainstream konfrontiert. Und weiss: Das kann es nicht sein. 
Klare Sache, die lieben Kleinen werden mit guter, schimpfwortfreier Musik erzogen. Sofortige Favoriten werden MAIDENBLACK TRIPTHIN LIZZY und PIIIST (Babysprache-Äquivalenzausdruck von JUDAS PRIEST). IRON MAIDEN sind live natürlich absolut sensationell für Kleinkinder (mit Gehörschutz ausgerüstet, klar): Sie haben ein Monster, sie haben viele bunte Lichter und sie geben zwei Stunden lang Vollgas (also alles, was Mami und Papi daheim nicht machen). Mitsingen darf man auch noch. Fürs Familienbudget bedeutet das: Vier Mal 78 Euro. Am Eingang erfährt Metalmami dann, dass die Kleinkinder auch gratis hätten rein dürfen – seis drum, Bands unterstützen ahoi, Mission erfolgreich.
Wenn sich dann endlich PIIIST und ÄL CUUPÄ ankünden und um 22 Uhr schon Schluss ist, dann will ROCK THE RING im Schweizer Hinwil wohl Familien anziehen. Erst steht klar, dass Kinder unter 6 unerwünscht sind. Nach mehrmaligem E-Mail-Hin-und-Her sagt der Veranstalter Sie dürfen Ihre Kinder mitbringen, müssen aber für jedes ein Ticket kaufen. Zack, bumm, 345 Euro weg (Schweizer Preise). Dafür ist der Shuttlebus vom Bahnhof für die Kleinen gratis, während Mami und Papi nochmals 8 Euro zahlen. 

Daddy_and_Son_(c)DrArletteHugueninD_for_vampster

Seis drum, das Konzert ist ein Erfolg und ausserdem lernt das Kind, wie man für Merchandise zahlt. Wenn der Dreijährige plötzlich kreischend realisiert, dass Rob Halford sein Seelenverwandter ist und es toll ist, wenn er markerschütternd brüllt – dann ist das unbezahlbar. Und wenn der Vierjährige noch tagelang davon erzählt, dass ÄL CUUPÄ eben Kopf abschniide praktiziere und PIIIST ein Brummbrumm haben, dann hat man selbst als TV-/Ipad-loses Mami komplett reüssiert in Sachen Erziehungsfragen.
Gleichzeitig zeigen beide Konzertbesuche einen Kulturunterschied zwischen Deutschland und der Schweiz auf. Während die Deutschen meist besorgt waren oder Fragen stellten zur Wärmeregulation an einem kalten Konzertabend, wollten die erfreuten Schweizer nur eines wissen Wie viel musstet ihr zahlen?. Dass zwei Kids unter sechs den vollen regulären Preis kosten, stiess auf ungläubiges Staunen. Die Begründung, dass niemand weiss, wie lange man noch JUDAS PRIEST und ALICE COOPER live sehen kann, machte allerdings Sinn.

Pommesgabel_hoch_bei_Judas_Priest_(c)DrArletteHuguenin_vampster

…aber eben auch nur beschränkt. Ein Vater meinte, er würde eigentlich seine Kinder gerne mitnehmen. Ihnen zeigen, warum JUDAS PRIEST so toll sind. Einen tollen Abend verbringen mit guter Musik, statt nur Begleiter zu sein, wenn die Kinder in die ONE DIRECTION-Phase kommen. Und plötzlich fragen wir uns, warum ein solches Konzert, das u.a. vom famlienfreundlichen Schweizer Grossdetailhändler Migros gesponsert wurde, keine Familienkarten im Angebot hat. Wenn Famigros mich die Karten mit 20% Rabatt kaufen lässt – warum kann ich dann nur zwei Tickets kaufen und nicht einfach einen Familienpass (mir ist klar, dass vier Tickets Weiterverkäufer animieren würden)? 
Wer jetzt befürchtet, dass das nächste Metalkonzert zum Kinderspielplatz wird: Wird es nicht. Denn wer saufen will, lässt seine Kids ganz einfach zu Hause, kämpft sich nach vorne in den Moshpit und lässt ALICE COOPERs Dollarscheinchen auf sich hinunterregnen. Wir Ü30-Straightedger stehen lieber weiter hinten mit unseren Rackern, die – selbst wenn sie später Hiphopper werden – immer als erstes Konzert IRON MAIDEN angeben können… Darum: Teilt eure Leidenschaft, gebt den wahren Metal in echt weiter. Dann ist das Familienticket vielleicht schon bald mal Realität.
 
Fotos: Dr. Arlette Huguenin Dumittan (hat nicht mit einer richtigen Kamera, sondern mit dem iPhone 6 geknipst) 
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