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PINK FLOYD: The Endless River [Limited Edition][CD/DVD]

"The Endless River" ist ein großartiger Abschied, als ewig langer Fan bin ich dankbar für dieses Album.

Seit 20 Jahren wartet die PINK FLOYD-Fangemeinde nun auf einen Nachfolger des letzten Studioalbums The Division Bell. Immer wieder gab es Gerüchte und Momente der Hoffnung, mehr aber auch nicht. Als im September 2008 Tastenmann Rick Wright an Krebs verstarb, musste man davon ausgehen, die Psychedelic/Progressive/Art-Rock-Urväter würden endgültig in Rente gehen. Als dann doch noch mal Bewegung rein kam wurde es unruhig bei den Fans. Letztendlich sollte es aber kein neues Album geben, sondern Aufnahmen aus der The Division Bell-Session veröffentlicht werden. Einen echten Neuanfang konnten sich die Herren um David Gilmour wohl nicht vorstellen. Warum auch, musikalisch hat die Band seit Gründung vor fast 50 Jahren ganze Musikergenerationen beeinflusst und eigentlich alles gesagt, was es musikalisch zu sagen gibt. So hat sich die späte Besetzung zusammengetan und unterstützt von einigen GastmusikerInnen allerlei Aufnahmereste zu einem großen Ganzen zusammen gefügt. Natürlich hätte man auch Roger Waters zumindest einen kurzen Auftritt gönnen können. Hat man aber nicht, warum auch immer. So mancher Fan hat wohl etwas ganz Gigantisches erwartet, beim Bewusstsein, dass es hier nur älteres, überarbeitetes Material gibt, sollte man die hochgesteckten Fantasien aber doch erstmal nach unten schieben.

Wie bekannt handelt es sich hauptsächlich um Überbleibsel aus der Session zu The Division Bell, es gibt somit viele kurze Sequenzen, die stimmig nahezu als Instrumentalsongs vereint wurden und so vier Albenseiten füllen, wie in guten alten LP-Zeiten, als das Auflegen einer Schallplatte noch ein Ritual war und gefeiert wurde. Denkt man an diese Zeit, dann wird einem schnell bewusst, wie lieb- und leblos doch all dieser Multimediakram ist. Schön, dass das Vinyl heute wieder vermehrt ins Gedächtnis gerückt wird und viele Releases als LP erscheinen – natürlich auch das neue PINK FLOYD-Album. Lieb- und leblos, das war auch der allererste Gedanke, als The Endless River – dem Postboten Sekunden vorher begeistert aus der Hand gerissen – das erste Mal lief. Wie gut kann es dann sein, wenn man das Album ein paar Tage nicht hören kann. Denn die nächste Begegnung mit dem allerletzten Album der Prog-Götter verläuft ganz anders – ist es das gleiche Album, oder muss man einfach eh alle viel zu hoch gegriffene Erwartungen zurückschieben und das Album als das wirken lassen, was es ist? Ein Abschiedsgeschenk und eine Würdigung an die Fans und auch an Rick Wright.

18 Songs, die man nicht anzappen kann oder wo man Highlights für den MP3-Player rausziehen kann, The Endless River fließt nur im Ganzen. Things Left Unsaid, wohl jeder, vor allem in der Generation, die PINK FLOYD gelebt hat, hat bereits mindestens einen wichtigen Menschen verloren. Und immer gibt es noch Dinge, die offen geblieben sind, diese eine Entschuldigung oder Worte der Zuneigung, die nie ausgesprochen wurden. Und so klingt der Opener, zieht einen in einen Fluss aus Emotionen, um einen mit It´s What We Do in reine Glückseligkeit zu erheben. Kennt man, es gibt öfters Selbstzitate, aber wer an PINK FLOYD denkt, der denkt wahrscheinlich direkt an solche Klänge, die an kleine schillernde Diamanten erinnern. Ebb And Flow, Nordsee, die immer weg ist, wenn man mal Zeit hat, dort hin zu fahren? Oder doch eher das Leben an sich mit seinen Höhen und Tiefen? Seite Zwei startet recht bombastisch und fordernd durch, bei Skins hingegen laufen einem kalte Schauer über die Haut. Unsung, herrlich, wie die Gitarre einer Violine gleich singt. Das fröhliche Anisina klingt wie die Titelmelodie einer 80er US-Fernsehserie. Seite Drei ist eine Sammlung von kleinen Schnipseln, rührt einen durch verschiedene Stimmungen, von schimmernd groß bis sakral und bedrückend. Wieder gibt es reichlich Elemente, die man sofort anderen FLOYD-Songs zuordnet. Die leere Kälte des Kosmos empfängt uns auf der letzten Seite mit The Calling, gefolgt von Tracks, die wieder eher nach dem Auftakt oder Intro eines PINK FLOYD-Songs klingen – ohne dass dieser sich letztendlich offenbart. Einzig das abschließende Louder Than Words ist ein echter Song im klassischen Sinne, der sich wie ein auslaufender Fluss in ein Meer voller Emotionen und Erinnerungen ergießt. Man sitzt sofort mit glasigen Augen da, starrt nachdenklich in sein Whiskyglas, wo die Flammen des netterweise brennenden Ofens im goldenen Schein des Ardbeg tanzen. Herrliche Vocals von David Gilmour, die Lyrics seiner Frau Polly Samson (die auch im Hintergrund am Entstehen des Albums beteiligt war) treffen ins Herz, und das lange, urtypische Solo trägt einen letztendlich noch viel weiter fort, als man es dem Album beim ersten Durchlauf jemals zugetraut hätte. Musikalisch nichts Neues, halt typisch späte PINK FLOYD, man denkt schnell an High Hopes vom Album The Division Bell, dessen letzte Worte auch dieses Abschiedsalbum wiederspiegeln. The dawn mist glowing – The water flowing – The endless river – Forever and ever.

The Endless River ist alles andere als ein Durchstarter, das war sicher auch nie das Ziel der Herren. Man fühlt sich erinnert an das 77er Animals, hach, mein erstes selbstgekauftes FLOYD-Album. Anfangs von ganz vielen nicht verstanden und deshalb verrissen, zählt es heute zu den ganz großen Alben der Bandgeschichte. Und wer genau hinhört, gern unterm Kopfhörer, der findet auch hier auf dem Abschiedsalbum Elemente, die an eben jenes Album erinnern. Mag sein, dass wir es hier mit Resteverwertung zu tun haben, dass manche Momente an die Wellness-Musik im Wartezimmer meines Neurochirurgen erinnern, dass viele Parts reine Selbstzitate sind. Mag aber auch sein, dass die Herren PINK FLOYD in Gedenken an Rick Wright ihren Fans schlichtweg mit diesem Album eine gute Zeit geben wollen, die an die große Zeit erinnern soll, als man Plattenhören noch zelebrierte, darüber – aber ja nicht dabei – endlos diskutierte, eine neue Platte seiner persönlichen Helden ein neues Familienmitglied wurde. Sieht man The Endless River als Verbeugung vor Rick Wright, dann hätte man auch das nicht viel schöner machen können, das Album trägt zur Erinnerung an diesen großen Musiker wunderbar bei.

Dieser Version liegt als weiteres Highlight (Bonus als Titel würde für den echten Fan kaum ausreichen) eine DVD bei, die das Album in 5.1 Surround (Dolby Digital & DTS) sowie Stereoversion in 48kHz /24 bit präsentiert für moderne Soundfetischisten. Dazu gibt es sechs Videotracks sowie drei exklusive Audiotracks, die nur in dieser Edition erhältlich sind. Ca. 39 Minuten, denen man sich gern intensiv hingibt. Mit Originalbildern und Videos der 93er Aufnahmesessions, oft mit Rick Wright im Fokus, laden Anisina und andere kurze Jams zum Genießen ein, Gilmour beim Einspielen eines Solos auf die Finger zu schauen macht einfach Spaß. Mit Nervana, nicht zufällig vom Titel an eine kratzige Grunge-Band angelehnt, kommt überraschend rockig, die alten Herren können also auch laut. Evrika (b) erinnert gar an ganz frühe Psychedelic-Zeiten. Dazu gibt es noch als reine Audiotracks zwei kurze Instrumentalsequenzen und nochmal das rockende Nervana als kompletten Song. Betrachtet man dann noch die tolle Aufmachung im schicken Karton, der neben der CD und DVD im Pappschuber ein schickes 24-seitiges Buch enthält mit Credits zu den Songs, stimmungsvollen Bildern und unveröffentlichten Fotos der 1993er Aufnahmesessions sowie drei Sammler-Postkarten, die man eh nie verschicken würde, dann hat man ein absolut wertiges Teil in der Hand. Die einzige Mikrokritik geht an die Pappschuber, ich hab die Scheiben lieber gleich in Jewelcases gesichert.

Resteverwertung geht billig und einfach, aber nicht im Hause PINK FLOYD, dazu ist sich die verbliebene Band ihrer eigenen Wertstellung in der Musikwelt viel zu sehr verpflichtet. The Endless River ist ein großartiger Abschied, der irgendwie auch eben nur genauso sein kann. Als ewig langer Fan bin ich dankbar für dieses Album, wer nüchterner und emotionsloser an die Band heran geht, der mag der Magie des Albums nicht ganz so leicht erliegen. Aber für den haben PINK FLOYD dieses Album auch nicht gemacht! Natürlich gibt es starke Prog-Bands, die das Erbe der Engländer würdig weitertragen wie PORCUPINE TREE und vor allem die tollen Norweger AIRBAG, aber ohne einen selbst gesetzten Abschluss wäre die Geschichte von PINK FLOYD unfertig gewesen. Mit The Endless River haben die Engländer als letztes musikalisches Lebenszeichen somit alles richtig gemacht. Bleibt abzuwarten, ob und wie nächstes Jahr der 50te Geburtstag der Band gefeiert und vermarktet wird!

Hier gibt es die verschiedenen Versionen von The Endless River
News bei vampster: PINK FLOYD – neues Album

Veröffentlichungstermin: 07.11.2014

Spielzeit: 52:59 / ca. 39(DVD-Bonus) Min.

Line-Up:
David Gilmour – Vocals, Guitars, Bass, Piano, Keyboards, E-Bow
Rick Wright – Keyboards, Piano, Fafisa, Synthesizer, Organ
Nick Mason – Drums, Percussion

Gäste:
Bob Ezrin – Additional Keyboards, Bass (1,11,13,18)
Damon Iddins- Additional Keyboards (4,12)
Andy Jackson – Bass, Effects (5,15,16)
Youth – Effects (5)
Gilad Atzmon – Tenor Saxophone, Clarinet (7)
Guy Pratt – Bass (9,14)
Jon Carin – Synthesizers (9,11,13)
Durga McBroom – Backing Vocals (14,17, 18)
Stephen Hawking – Voice Sample (14)
Louise Marshall – Backing Vocals (18)
Sarah Brown – Backing Vocals (18)
Escala-Helen Nash – Strings (18)
Honor Watson – Strings (18)
Victoria Lyon – Strings (18)
Chantal Leverton – Strings (18)

Produziert von David Gilmour, Phil Manzanera, Youth, Andy Jackson
Label: Warner Music

Homepage: http://www.pinkfloyd.com

Mehr im Netz: https://www.facebook.com/pinkfloyd

Tracklist:
CD:
1. Side 1, Pt. 1: Things Left Unsaid
2. Side 1, Pt. 2: It´s What We Do
3. Side 1, Pt. 3: Ebb And Flow
4. Side 2, Pt. 1: Sum
5. Side 2, Pt. 2: Skins
6. Side 2, Pt. 3: Unsung
7. Side 2, Pt. 4: Anisina
8. Side 3, Pt. 1: The Lost Art Of Conversation
9. Side 3, Pt. 2: On Noodle Street
10. Side 3, Pt. 3: Night Light
11. Side 3, Pt. 4: Allons-y (1)
12. Side 3, Pt. 5: Autumn ´68
13. Side 3, Pt. 6: Allons-y (2)
14. Side 3, Pt. 7: Talkin´ Hawkin´
15. Side 4, Pt. 1: Calling
16. Side 4, Pt. 2: Eyes To Pearls
17. Side 4, Pt. 3: Surfacing
18. Side 4, Pt. 4: Louder Than Words

DVD:
1. VIDEO: (a)Anisina
2. Untitled
3. Evrika
4. (b)TBS9
5. TBS14
6. Nervana
7. AUDIO:TBS9
8. TBS14
9. Nervana
10. The Endless River-Album in 5.1 Sound + PCM Stereo

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