BULBUL: Hirn fein hacken

Österreich dreht auf: BULBUL bieten schräge Riffs und zwingende Grooves gegen verspießtes musikalisches Denken.

Es ist ein Nachbarschaftskonflikt: Ösis sind Wackos, eine Band wie die Wiener BULBUL erst recht. Und genau das passt vielen Bayern nicht, denn die sind in ihrem katholischen Denken so eingesperrt, dass sie gerne auch gewissermaßen enthemmt wären, sich aber nicht trauen. Was sollen Tante Mare, der Pfarrgemeinderat, der CSU-Nachbar und der Frühschoppenwirt bloß denken? Nein, die Bayern sind ein ekelhaft verspießtes Volk voller Neid und Missgunst (Ruachad, wie man hier sagt), die Österreicher sind da frecher und scheißen sich nichts. Und: Sie haben Humor und sind deutlich radikaler. Eben deshalb sind BULBUL auch so geil. Lass die Piefkes weiterhin ihren sterbenslangweiligen, biederen Indierock spielen, BULBUL sind da eher Bad Ass. Und Hirn fein hacken ist bei dem siebten Album des Wiener Trios auch wirklich angesagt.

Nein, ich habe keine Ahnung, was das nun für ein Stil ist, den BULBUL da verfolgen. Noiserock und Alternative Rock vielleicht? Teilweise, aber denke mir jetzt ja nicht an HARMFUL! Avantgarde? Dafür ist Hirn fein hacken viel zu catchy. Space Rock, Psychedelic Rock, Jazz oder Crossover? Rezensent, hör doch einfach auf damit. BULBULs Kosmos ist so eigen, dass jegliche traditionelle Annäherung an dieses Album vergebens ist. So hat dieses frech grinsende Werk schon einige Wochen vor mir gelegen, bis ich die Nerven fand reinzuhören. Und prompt ist dies der perfekte Soundtrack für gutes Wetter, wenn man sich voller Power fühlt und allen anderen gerne freche Antworten gibt. Provokation pur, erlaubt ist was gefällt, und wenn es nur darin besteht, anderen garstig übers Maul zu fahren.

Zurück nach Österreich. Es gibt derb verzerrte Saiteninstrumente und treibende, hypnotisierende Rhythmen, gewürzt mit seltsamen Gesang, komischen Orgeln, Saxophonen und was-weiß-ich noch alles, die in Bein und Ohr gehen. Zu den eruptiven Riffs in Fire, Kanzla, Quicksand und Gurdy wird stets und flott mitgegroovt, ob man will oder nicht. Und Genderman Can ist nicht nur schräg, sondern auch verdammt nochmal heavy. Nicht selten verlieren sich BULBUL in bizarren Effekten, mal inmitten der Songs, mal steht da ein brachiales Teil wie Fisole, das den Gehörgang fachmännisch zerlegt. Bomb mit seiner Breaking Bad-Anleihe und vor allem I hea eh scho lang nix mea mit einem sehr bizarren Text in Mundart und Sprechgesang stechen dann aber aus dem kunterbunten Mix noch zusätzlich heraus.

Wahrscheinlich wünscht sich IPECAC, dass diese Band bei ihnen unter Vertrag wäre, vermutlich ist Duane Denison von TOMAHAWK neidisch, dass ihm nicht solche Riffs einfallen, vielleicht ist MIKE PATTOM stinksauer, weil ihm gerne ähnliches Zeug einfallen würde. Tatsache ist, dass Hirn fein hacken ein unglaublich kreatives, tiefes, wildes, unberechenbares Album ist, das voller Spielfreude, Humor, aber auch hinterfotziger Wut ist. Die erdige Produktion voller Wärme und Raum, voller liebevoll eingewobener Details, bereitet zusätzlich eine Menge Freude. Sie sind keine Band, die man jeden Tag erträgt, wenn aber die Zeit reif für ein wenig BULBUL ist, ist Hirn fein hacken ein unverschämt charmantes, schräges Album, das man einfach lieben muss. Das müssen sich sogar die Bayern eingestehen.

Veröffentlichungstermin: 28. März 2014

Spielzeit: 49:27 Min.

Line-Up:
Raumschiff Engelmayr – Guitar, Organ, Vox
Derhunt – Bass, Bvox
Didi Kern – Drums, Cvox

Produziert von BULBUL und Ollmann
Label: Exile On Mainstream Records

Homepage: http://www.bulbul.at

Mehr im Netz: https://www.facebook.com/bulbulshit

Tracklist:
1. Fire
2. Uhu
3. I hea eh scho lang nix mea
4. Kanzla
5. Fisole
6. Quicksand
7. Gurdy
8. Genderman Can
9. Bomb
10. A To Beans

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