ORPHANED LAND: All Is One

ORPHANED LAND legen mit "All Is One" ihr bisher wohl kompaktestes und eingängigstes Album vor, übertreffen dabei den Vorgänger, ohne jedoch den Band-Meilenstein "Mabool" zu erreichen.

Das 2010 veröffentlichte The Never Ending Way Of ORwarriOR war wohl nicht nur für mich eine kleine Enttäuschung. Mit dem Meisterwerk Mabool konnte das ambitionierte Konzeptalbum nicht mithalten. Vielleicht war es etwas überambitioniert? Vielleicht hatte man nach Mabool und der langen Wartezeit auch einfach zu große Erwartungen? Wer weiß… Dieses Mal haben sich ORPHANED LAND nur drei Jahre Zeit gelassen. Aufgenommen wurde das Album in drei verschiedenen Ländern, Israel, Schweden und der Türkei. Der neue Gitarrist Chen Balbus ersetzt Matti Svatizky, der die Band vor circa einem Jahr verließ. Mit dem Titeltrack legen ORPHANED LAND schon mal einen sehr guten Start hin. Die orientalischen Melodien, die Chor-Gesänge im Refrain, die fetten Riffs – ein kraftvoller Opener. Aber auch der Vorgänger hatte mit Sapari einen starken Opener, baute danach aber leider ab. Das ist bei All Is One anders. Zu diesem Album findet man deutlich schneller Zugang als zu The Never Ending Way Of ORwarriOR, es wirkt kompakter, song-orientierter und deutlich weniger verkopft und komplex.

Die von Streichern, Piano und einer sehr zurückhaltend spielenden Band getragene Ballade Brother verbreitet eine traurige Grundstimmung und ist ein wunderschöner Song. Zu diesem Song drehte die Band auch ein Video. Let Truce Be Known beschäftigt sich mit dem Weihnachtsfrieden von 1914, dem HEAVEN SHALL BURN 2008 bereits einen Song auf Iconoclast Pt. 1 widmeten. Ein faszinierendes Thema und ein dramatischer, epischer Song. Die eingängigsten Songs haben ORPHANED LAND an den Anfang des Albums gestellt. Im weiteren Verlauf werden die Kompositionen wieder etwas komplexer und ausufernder. Through Fire And Water ist der erste nicht in englich gesungene Song auf All Is One. Zusätzlich gibt es hier auch weiblichen Gesang. Growls kommen auf All Is One kaum noch zum Einsatz. Das macht nichts, denn diese waren meiner Meinung nach eh nie Kobis Stärke, sein melodischer Gesang ist deutlich charismatischer und eindringlicher. So bleibt Fail der einzige Song, auf dem Kobi seine Growls einsetzt. Freedom ist ein sehr tanzbares Instrumental-Stück, Shama´im legt den Fokus klar auf Folklore, während die klassischen Rock-Instrumente größtenteils eher im Hintergrund agieren, und Ya Benaye paart auf bandtypische Art Folklore mit vertracktem Metal.

Insgesamt haben ORPHANED LAND mit diesem Album ganze Arbeit geleistet und ein besseres Album als den schwächelnden Vorgänger The Never Ending Way Of ORwarriOR abgeliefert. Vermutlich werden ORPHANED LAND Mabool niemals übertreffen, doch mit All Is One hat die Band mich wieder begeistert, wo sie mich vor drei Jahren eher ernüchtert zurückließ. Diese Band ist und bleibt einzigartig und unsagbar wertvoll.

In Zeiten, in denen Anhänger jeder Glaubensrichtung in diversen Ländern der Welt um ihr Leben fürchten müssen, in denen Islamophobie in Europa immer salonfähiger zu werden scheint und auch die klassischen, stumpfen antisemitischen Vorurteile immer noch bei vielen Menschen fest verankert sind, in denen Staaten Menschen anderer Glaubensrichtungen unterdrücken, terrorisieren und den Glauben als Vorwand für territoriale Machtansprüche nutzen, in denen Regierungen die Exekutive auf ihre eigene Bevölkerung hetzen und friedliche Demonstranten niederknüppeln, ist eine Band wie ORPHANED LAND wichtiger denn je. Als Idealist hoffe ich, dass irgendwann mehr Menschen zu der Einsicht kommen, dass ein friedliches Zusammenleben, unabhängig von Dingen wie Herkunft, Glauben oder auch sexueller Orientierung das erstrebenswerteste Ziel unserer Gesellschaft sein sollte. War das jetzt etwas zu viel naives Gutmenschentum für euch? Sorry, das musste mal raus. Danke, ORPHANED LAND!

Veröffentlichungstermin: 21.06.2013

Spielzeit: 54:26 Min.

Line-Up:
Kobi Farhi – vocals
Yossi Sassi – electric guitars, bouzouki, cumbus, acoustic & nylon-strings, guitars
Chen Balbus – electric guitars, Glockenspiel, keyboards, programming
Uri Zelha – bass
Matan Shmuely – drums
Label: Century Media

Homepage: http://www.orphaned-land.com
Mehr im Netz: https://www.facebook.com/pages/Orphaned-Land/8776213035

Tracklist:
01. All Is One
02. The Simple Man
03. Brother
04. Let The Truce Be Known
05. Through Fire And Water
06. Fail
07. Freedom
08. Shama´im
09. Ya Benaye
10. Our Own Messiah
11. Children

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