IRA und THE MOUNT ST. HELEN DUET am 10. Oktober 2011 in der Kranhalle München

Nicht das Konzerterlebnis des Jahres, aber ein absolut gelungenes Konzert, durch das sich die Band ein wenig mehr in unsere Herzen spielt.

 

Montag ist nicht gerade der dankbarste Tag ein Konzert zu spielen, das wissen wir alle. Wenn eine Band wie IRA, die sich spätestens mit ihrem Album Visions Of A Landscape sehr gemausert hat, aber noch immer den Status eines Geheimtipps inne hat, dann ist nicht gerade mit einem Besucheransturm zu rechnen. Immerhin, IRA haben mit These Are The Arms eine wirklich schöne neue Platte am Start, die auch denjenigen Eintritt in die Welt der Band aus Konstanz gewähren kann, die nicht auf Songs in totaler Überlänge stehen. Und immerhin: Gut dreißig Freunde des gepflegten Post Rocks versammeln sich in der Kranhalle und freuen sich auf IRA.

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Schöne Singer-Songwriter-Stücke und ein blödes Arbeiterlied: THE MOUNT ST. HELEN DUET sind der passende Support für IRA.

Als passender Support sind THE MOUNT ST. HELEN DUET an Bord, bestehend aus IRA-Sänger Toby Hoffmann als Sänger und Gitarrist, sowie Andreas Rosczyk, der hier seinen E-Bow-Fetisch ausleben kann. Es gibt ein paar schöne, simple Lieder zu hören, eben Singer-Songwriter-Material, das gut ins Ohr geht. Toby erzählt zu allen Stücken ein paar Anekdoten, stimmt seine Gitarre, legt dann mit schönem Gesang und bodenständiger Gitarrenarbeit los. Die Stücke sind niemals überlang, dafür aber schön kompakt, mal traurig und leise, mal etwas aufbrausender, wie die eine Nummer, die von Toby als blödes Arbeiterlied angekündigt wird. Fünfundzwanzig Minuten spielen die beiden Musiker, von denen Rosczyk einen wichtigeren Teil einnimmt, als man zunächst meinen möchte, denn ohne seine Spielereien im Hintergrund wären die Songs vielleicht doch ein wenig eindimensional. Fünf eigene Stücke und ein Cover von VIC CHESNUTT werden dargeboten, die durchaus Lust auf mehr machen. Im Januar wird das erste Album des Duos erscheinen, auf das wir uns nach dieser kurzen Vorstellung schon freuen.

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Eine lebendige, emotionale Liveshow: IRA, zum letzten Mal mit Bassist Alexander Fromm auf Tour.

Wie erwartet ist die Umbaupause schnell vorbei, so dass Toby Hoffmann und Andreas Rosczyk nicht länger alleine auf der Bühne sitzen. IRA sind als Liveband eine manchmal schwierige Angelegenheit, in der Vergangenheit litt die Band unter unsicheren Vocals und einer fahrigen Performance. Unverkennbar stehen heute wieder IRA auf der Bühne, dieselben Gesichter in denselben Posen mit derselben Theatralik, wie vor einigen Jahren, als ich sie zuletzt sah. Es gibt signifikante Unterschiede. Erstens ist Hoffmann als Sänger deutlich gewachsen, sicherer geworden und weiß seine Stärken auszuspielen. Zweitens sind die Songs inzwischen schlicht viel ausgereifter und tiefer. Mit dem vor zwei Jahren erschienenem Visions Of A Landscape schafften IRA einen qualitativen Quantensprung, das jüngst erschienene These Are The Arms kann dieses Niveau mühelos halten. IRA selbst wirken auch dadurch auf der Bühne viel sicherer und selbstbewusster. Alles im Lot soweit? Na klar. Das einstündige Konzert lebt vom Pathos des ruhelos umher streunenden Sängers – beeindruckender wäre es aber denoch, wenn er prägnante Textstellen wie They have the clocks, but we have the time heraus schreien würde und dem Publikum direkt ins Gesicht zu blicken, statt ziellos herumzutigern -, aber auch von der leidenschaftlichen, recht rockigen Darbietung der Instrumentalisten, allen voran Gitarrist Steve Hartmanns.

Beginnend mit dem Titelsong von Visions Of A Landscape haben IRA augenblicklich die Sympathien der Anwesenden auf ihrer Seite. Nach nur drei Konzerten auf der Tour sind IRA schon sehr eingespielt, agieren gut miteinander und schaffen den Spagat zwischen einer leidenschaftlichen Show, die direkt aus dem Bauch heraus kommt, als auch dem spielerischen Anspruch der Band genügt. Zu keiner Sekunde langweilen IRA, auch nicht bei ihren langen Stücken, denn durch die Drehungen und Wendungen bleibt es spannend für die Zuhörer. Mit Katapult und dem poppigen The Gift führen die fünf Musiker aus Konstanz auch neue Stücke auf, die prächtig funktionieren. Vor allem das brillante Hydrophobia sorgt für Gänsehaut und zeigt IRA von ihrer besten Seite. Da stört es auch nicht, dass hier und da ein Ton beim Gesang leicht daneben geht, das macht es sogar noch ein wenig lebendiger. Durch Empire In A Bag mit seinem Ohrwurm-Charakter und dem abschließenden Encore kehren IRA wieder zu Visions Of A Landscape zurück und finden bei ihrem Publikum großen Anklang, wohl weil das Material des neuen Werks noch recht unbekannt im Publikum ist.

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IRA, mit einem Querschnitt aus Visions Of A Landscape und These Are The Arms unterwegs. Hier: Steve Hartmann.

Obwohl sich A New Profile als kompakter, toll geschriebener Song perfekt als Zugabe anbieten würde, kehren IRA nicht auf die Bühne zurück, Sänger Toby hat Angst um seine Stimme, die scheinbar etwas angeschlagen ist. Eine Band, die weiß, wie sie zu spielen hat und in ihrer Performance aufgeht, ein für die Kranhalle überdurchschnittlich guter Livesound, einige unperfekte Stellen, die genau den Reiz des Konzerts ausmachen: Toll, wie sich IRA nicht nur als Studioact, sondern auch als Liveband steigern konnten. Kurz und gut, die fünf Musiker sorgen vielleicht nicht für das Konzerterlebnis des Jahres, aber für einen absolut gelungenen Montag Abend, durch den sich die Band ein wenig mehr in unsere Herzen spielt.

Bilder: (c) Christoph Ziegltrum

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