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LOONATARAXIS: Up Here [Eigenproduktion]

LOONATARAXIS haben den Wahnsinn nicht verlernt, sondern ihn vielmehr weiter unter Kontrolle gebracht. Der moderne Crossover besticht durch abgeklärtes Songwriting, das dennoch unberechenbar bleibt.

Nach dem Debütalbum mit seinem kaugummiartigen Titel “This Boy Is A Crying Shame” folgt nun ein kurz-prägnantes “Up Here”. Das geht natürlich viel geschmeidiger runter als der sperrige Name des Vorgängers, aber Rückschlüsse sollte man aus dieser neu entdeckten Pragmatik nicht ziehen. LOONATARAXIS haben den Wahnsinn nicht verlernt, sondern ihn vielmehr weiter unter Kontrolle gebracht. Noch immer verschwimmen die Grenzen zwischen Rock und Metal, zwischen Hardcorespitzen und funkigen Auswüchsen. Engstirnigkeit ist ein Fremdwort, musikalische Vielfalt oberste Priorität und doch haben die knapp drei Jahre seit dem Vorgänger sowie der schon damals vollzogene Besetzungswechsel an der Gitarre ihre Folgen für den modernen Crossover.

LOONATARAXIS zelebrieren erneut den kontrollierten Wahnsinn

Dass LOONATARAXIS viel Zeit für ihre elf neuen Songs aufgewendet haben, merkt man besonders den abgeklärten Arrangements an. Das hat zwar zur Folge, dass der teils sympathisch-anarchische Anstrich von “This Boy Is A Crying Shame” ein Stück weit verloren gegangen ist, doch dafür punktet “Up Here” mit erwachsenem Songwriting, das die Nadelstiche kontrollierten Wahnsinns noch intensiver zur Geltung bringt.

Doch wo selbst viele, viele Worte versagen würden, machen LOONATARAXIS kurzerhand Nägel mit Köpfen und schieben mit “Quicksand” einen Opener vor, welcher den aktuellen Stand der Band und damit die Quintessenz von “Up Here” nicht besser widerspiegeln könnte. Was mit beschwingtem Rhythmus und einer hypnotischen Pianomelodie beginnt, schwingt sich dank stetig zunehmender Energie und Details wie Trompetenstößen zu einer regelrechten Midtempo-Hymne auf, bevor der Höhrer am Ende ob des irrsinnigen Wutausbruchs in die Geschlossene eingewiesen werden muss. Daran knüpfen LOONATARAXIS mit dem treibenden, metallischen “Woohaa!” und “The Brain” an, wobei Letzteres mit Gangshouts und seiner rockigen Leadgitarre ein weiterer Beleg ist, warum die Münchner trotz musikalischer Reifung ihre Schlitzohrigkeit noch lange nicht verloren haben.

“Up Here” ist ein enorm vielschichtiges Werk

Dennoch ist der schlüssige Songaufbau der Bereich, an dem die Jungs am meisten gearbeitet haben. Die zahlreichen Breaks, Tempowechsel und Aggressionsschwankungen passieren flüssig und natürlich, ohne einem “Emodesign” oder “Two Face” den potenziellen Hitstempel abzuwischen. Eine Schlüsselrolle spielt diesbezüglich, neben Gitarrist Marcello di Fichiano mit seinem ungemeinen Ideenreichtum, vor allem Sänger Till Herence, beziehungsweise dessen variable Stimme, die “Up Here” eine ähnlich vielschichtige Gestalt verleiht wie multiple Persönlichkeiten ihrem unberechenbaren Wirt, während sie um die Kontrolle des wehrlosen Körpers kämpfen. Gewinnen kann letztendlich keine – jede Einzelne ist ein Puzzlestück, das den Charakter als solchen komplettiert.

Bemerkenswert ist diesbezüglich jedoch das zurückgenommene “Go Down”, das für LOONATARAXIS-Verhältnisse geradezu von Understatement geprägt ist. Der resignierende Gesang, die cleane Instrumentaluntermalung, die nüchterne Songstruktur – das alles mag untypisch sein, bringt dafür eine Facette zum Tragen, die größer ist als ein einzelner Song: LOONATARAXIS denken in umfassenden Maßstäben und haben neben dem Song auch das Gesamtgerüst samt dessen Spannungskurve im Blick, wodurch für die zweite Hälfte noch einmal Schwung genommen wird. Dort wird dann in “Mayday” noch mal kurz in Richtung SYSTEM OF A DOWN geschielt, bevor die Halbballade “A Single Second” gezielt das Tempo drosselt und auftretende Leerräume mit akzentuiertem Drumming füllt. Schade, dass durch diese Schlussoffensive der versöhnliche Endpunkt “Up Here” beinahe untergeht und nicht mehr die Aufmerksamkeit erfährt, welche er benötigt hätte.

Alles, was man von einem Zweitwerk erwartet

Lässt man dieses, dramaturgisch bedingte, finale Abflauen außen vor, so vereint “Up Here” all das, was von einem Zweitwerk erwartet wird. Eine klare, natürliche Produktion, ein Höchstmaß an Abwechslung, nachvollziehbare Weiterentwicklung auf entsprechendem Niveau und all dem zum Trotz die Wahrung des eigenen Charakters aus der persönlichen Sturm und Drang-Phase. Also direkt und ohne Umschweife, wo liegt nun die neue Messlatte für modernen Crossover? “Up Here” – ganz kurz und prägnant.

Veröffentlichungstermin: 01.10.2011

Spielzeit: 43:19 Min.

Line-Up:
Till Herence – Vocals
Marcello di Fichiano – Guitars
JJLK – Bass
Don Gschweeny – Drums

Produziert von LOONATARAXIS, Fabio Trentini und Erdem Engin
Label: Eigenproduktion

LOONATARAXIS “Up Here” Tracklist

01. Quicksand
02. The Brain
03. Emodesign
04. I Don’t Believe
05. Woohaa!
06. Go Down
07. Two Face
08. Mayday
09. Earfuck
10. A Single Second
11. Up Here

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