RORCAL: Heliogabalus

"Heliogabalus" ist Katharsis.

Schwarz ist es, und kalt. Wie Kerkerwasser, das von den vermoderten Steinen tropft. Eine Hölle, in der du schmoren sollst, wenn schon nicht in alle Ewigkeit Amen, dann wenigstens siebzig Minuten lang. Wenn du schon nicht von deinesgleichen ermordet wirst, wie der römische Kaiser, dann wirst du wenigstens gemartert. Nein, nicht weiter, bitte nicht. Ob du hier unbeschadet heraus kommst? Ich wage das zu bezweifeln.

Außer, du hast überhaupt kein Faible für Doom. RORCAL aber präsentieren die aschgraue Epoche eines der letzten römischen Kaiser namens Elagabal, auch genannt Heliogabalus, der im Alter von nur achtzehn Jahren ermordet wurde. So feige und brutal wie der damalige Kaiser oder seine Widersacher, sind RORCAL auf ihrem zweiten Studioalbum allerdings nicht. Viel mehr erbauen sie hochintelligent und mit gnadenloser Präzision eine Empore, auf der sie dem ganzen dekadenten Zeitabschnitt ihre Verachtung entgegen feuern. Heliogabalus ist urgewaltig, von nahezu stehenden Riffs mit Schlagzeugarbeit, die gerade noch einen Groove erkennen lässt, bis sich alles in einem Schleier aus Nichts auflöst und Ambientpassagen das Doomfundament auflockern, bis schließlich eine akustische Feuerwalze verbrannte Erde hinterlässt.

So gibt es mehrere Teilabschnitte des Leidensweges von Elagabal, RORCAL und dir. Die Musik fließt dahin, die Segmente überlagern sich leicht, leiten von einem Albtraum in den Nächsten. Mal haben die Schweizer eine Lehrstunde in Sachen Doom und Sludge im KHANATE-Stil parat, dann trumpfen sie, gerade in den industrialartigen Ambient-Passagen mit der Intensität von NEUROSIS zu Zeiten von Through Silver In Blood auf und schließlich wird eine Soundwand aufgefahren, die selbst AMEN RA kreidebleich werden lässt. In den finalen Atemzügen von Heliogabalus wird das Tempo zum ersten und einzigen Mal angezogen und RORCAL erschaffen eine Boshaftigkeit, die sonst nur CELESTE bieten. Vielleicht der einzige Schwachpunkt des monströsen Albums ist der lange Ambient-Teil in der Mitte des siebzigminütigen Songs, da hier die Intensität ein wenig nachlässt, andererseits wäre Heliogabalus vielleicht unerträglich, wenn es gar keine Momente zum Durchschnaufen gäbe.

Was zählt, ist der Gesamteindruck. RORCAL haben einen wahren Monolith parat, eine große, schwer zu greifende und überwältigende Masse, die von der Band enorm gut realisiert wurde und mit schwersten Gitarren und brutalstem Drumming in eine moderne, aber trotzdem lebendige Produktion gekleidet wurde. Und, als wäre er der tobende Kaiser selbst, zeigt Sänger Christophe Grasset eine bitterböse Performance, nicht so profiliert wie Alan Dubin bei KHANATE und GNAW, aber mit genügend angestauter Energie, um das ganze römische Reich niederzuschreien.

Wenn nach siebzig Minuten die Musik langsam endet und leiser wird, wenn das Licht wieder erleuchten müsste, bleibt es dunkel, kalt und modrig. Die Welt ist auch nach dieser bizarren Erfahrung noch erstarrt, RORCAL haben einen Eindruck hinterlassen, der nicht nur das Debütalbum Myrra Mordvynn Marayaa, sondern auch die Konkurrenz meilenweit hinter sich zurück lässt. RORCAL katapultieren sich mit diesem monumentalen Werk an die Spitze des Genres und behaupten sich dort auch nach zig Durchläufen. Heliogabalus spricht deine masochistische Ader an, auch du willst gezüchtigt werden und dadurch etwas spüren und das Göttliche finden. Heliogabalus ist Katharsis.

Bestellbar und zum Gratis-Download verfügbar ist das Album über die Homepage der Band.

Veröffentlichungstermin: 24. September 2010

Spielzeit: 70:32 Min.

Line-Up:

Christophe Grasset
Jean-Philippe Schopfer
Diogo Almeida
Bruno da Encarnago
Ron Lahyani

Produziert von RORCAL
Label: Cal Of Ror Records / Division Records / Urgence Disk

Homepage: http://www.rorcal.com
MySpace: http://www.myspace.com/doomrorcaldoom

Tracklist:

Heliogabalus

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