ENSLAVED: Axioma Ethica Odini

Ein Konsensalbum zwar, aber mit richtig guten Songs.

Wenn man an einem Scheideweg steht wie ENSLAVED, dann ist guter Rat manchmal teuer, vor allem in Anbetracht der Fanreaktionen. Vor oder doch lieber zurück, nach links ins krautige Gebüsch, oder nach rechts auf den Fjord. ENSLAVED haben sich entschieden, ob bewusst oder unbewusst spielt keine Rolle. Axioma Ethica Odini ist wie eine erschrockene Reaktion, ein leichtes Taumeln zurück. Zurück zu Isa und Ruun, nachdem das sehr proggig-raue Vertebrae recht schwer greifbar war. Das heißt aber auch, dass die eigentliche Ausrichtung von ENSLAVED nur marginal verändert wurde. Es spielen hier eben die kultivierten, raubeinigen Philosophen, die das Heute mit dem Gestern verbinden.

Für meine Begriffe ging Vertebrae, auch dank seiner schön erdigen Produktion in exakt die richtige Richtung. Statt dies weiter zu entwickeln, haben ENSLAVED, weil in den letzten beiden Jahren natürlich auch live wieder fleißig wie die Bienen, vielleicht begriffen, dass sie griffiges Material brauchen, um den Großteil ihrer Fans zufrieden zu stellen. Axioma Ethica Odini ist die Konsequenz aus dieser Erkenntnis, denn es ist deutlich eingängiger und geht schneller ins Ohr als sein Vorgänger. Die neun Songs auf diesem Album haben allesamt ähnliche Längen zwischen fünf und acht Minuten und weisen daher auch ordentliche Spannungsaufbauten auf, werden aber von starken, eingängigen Riffs angeführt. So bleibt jede Nummer auf Anhieb beim Hörer hängen und dank der ordentlichen Melodik und Harmonik, verlässt sie ihn auch nicht so schnell.

Dass es dabei gerade anfangs überraschend flott und wild ist, mag ein Zugeständnis an die früheren Fans sein, aber Ethica Odini leitet das Album beeindruckend ein und nimmt sogleich die gesamte Aufmerksamkeit des Hörers in Gewahrsam. Zweifellos, Songwriting beherrschen Ivar Björsson, Grutle Kjelson und Herbrand Larsen. Die drei funktionieren als harmonisches Songwriting-Team, das den Spirit der Siebziger so homogen die Wurzeln der Band unterwandern lässt, dass es klingt, als würden ENSLAVED die normalste Mischung der Welt spielen. Entsprechend zeigen auch die aggressiven Stücke Raidho, Waruun, sowie die epischen, etwas ruhigeren Songs der zweiten Albumhälfte, dass hier Könner am Werk sind. Mit Giants, Night Sight und Lightening gegen Ende der einstündigen Scheibe zeigen die Band aus Bergen von ihrer Schokoladenseite, vor allem, weil hier zu erkennen ist, dass sich ENSLAVED auch in Zukunft noch weiter entwickeln können.

Dennoch, Axioma Ethica Odini ist ein Nummer-Sicher-Album, eines das gefällt, das Spaß macht und nicht so leicht aus dem Player weg zu denken ist, das aber auch nicht so tief geht, wie Vertebrae oder Ruun. Es ist mehr als nur eine starke Ansammlung an Songs, aber kein großes Gesamterlebnis, auch wenn ENSLAVED alles dafür tun, die Musik so wirken zu lassen. Immerhin, Grutle Kjellson keift zwar wie immer, aber doch war er nie besser, vielleicht weil seine Einsätze mit mehr Bedacht gewählt wurden. Entsprechend rückt Herbrand Larsen etwas mehr in den Mittelpunkt, dosiert seinen Gesang aber trotzdem mit Bedacht, so dass nichts nach Pop klingt. Die Gitarren sind aber die heimlichen Stars des Albums, denn die Riffs dominieren Axioma Ethica Odini ganz klar.

All das hilft allerdings nicht, um daraus ein Album zu machen, das die Vorgänger, vor allem Vertebrae schlagen kann. Vielleicht liegt es wirklich an der Produktion, denn Joe Baresis Arbeit trug 2008 viel zur Authenzität der Musik bei, während hier eine relativ typische, etwas gefühlskalte Metalproduktion den Ton angibt. Ich persönlich hätte mir mehr Mut gewünscht, eine Enttäuschung ist Axioma Ethica Odini trotzdem nicht. Es ist ein schönes, stolzes Album, das allerdings zu sehr den Konsens bedient, es bietet tolles Songmaterial und zeigt eine starke, spielfreudige Einheit und vergrault weder neue Fans noch stößt es alte Hörer zu sehr vor den Kopf. Die treue Gefolgschaft von ENSLAVED, sie wird trotzdem restlos begeistert sein.

Veröffentlichungstermin: 24. September 2010

Spielzeit: 58:27 Min.

Line-Up:
Grutle Kjellson – Vocals, Bass
Herbrand Larsen – Vocals, Keyboards
Ivar Björnson – Guitar
Ice Dale – Guitar
Cato Bekkevold – Drums

Label: Indie Recordings

Homepage: http://www.enslaved.no
MySpace: http://www.myspace.com/enslavedmusic

Tracklist:
1. Ethica Odini
2. Raidho
3. Waruun
4. The Beacon
5. Axioma
6. Giants
7. Singular
8. Night Sight
9. Lightening

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