BLIND GUARDIAN: Wir können auch noch länger.

Mit “At The Edge Of Time” haben BLIND GUARDIAN eine CD abgeliefert, die für mich verdächtig nach Album des Jahres riecht. Das beste Album seit mindestens “Nightfall In Middle-Earth”. Keine Frage also, dass wir Sänger Hansi Kürsch zum Interview baten.

Mit “At The Edge Of Time” haben BLIND GUARDIAN eine CD abgeliefert, die für mich verdächtig nach Album des Jahres riecht. Das beste Album seit mindestens “Nightfall In Middle-Earth”. Keine Frage also, dass wir Sänger Hansi Kürsch zum Interview baten.


Hey Hansi! Wo treibst du dich denn gerade rum?

Ich bin zu Hause und telefoniere gerade mit Skype. Ich muss nur gerade mal ganz kurz was mit meiner Frau klären.

Okay, die Gesprächsqualität geht aber gerade den Bach runter.

Okay, ich rufe dich gleich vom Festnetz aus an.

So, da bin ich wieder, dann lass uns mal ein Interview machen.

Metalblade wollten das auch mal mit Interview per Skype versuchen, ich muss echt mal meinen PC aufrüsten, dann kann ich die Gespräche auch direkt am Rechner mitschneiden.

Ich hab gerade ein Interview gemacht, da hat der Typ aufgelegt, ich aber nicht bei mir. Dann hab ich zehn Minuten Pause gemacht und auf einmal wiederholte sich das Interview von alleine. Da konnte ich meine Antworten dann noch mal überprüfen und die Fragen von dem Typen. Das war schon ein bisschen spooky, ha ha ha.

Aber für solche Sachen ist das echt super. Wir sind ja viel im Ausland unterwegs. Da ist das einfach genial. Wenn du unterwegs bist und Festnetzgespräche führen willst, ist das deutlich billiger als normal und hier zu Hause haben wir ja auch einen Rechner. Da kannst du dann direkt eine Videokonferenz schalten und kriegst zumindest ein bisschen was davon mit, was zu Hause los ist. Das ist ganz angenehm.

Und irgendwann kann man vielleicht Antworten vorher aufnehmen, das Gerät erkennt per Spracherkennung die Frage und dein Interviewpartner bekommt automatisch die passende Antwort. Das wäre doch mal was!

Das wäre genial. Das klingt schon schwer nach Charlie Bauerfeind, der hat immer solche Träume. Ich bin da noch nicht soweit mit meinem technischen Verständnis. Aber ich weiß, dass es so etwas irgendwann mal geben könnte und selbst, wenn du dann nur die Option hast, ich muss jetzt Knopf 1 drücken oder Knopf 2, das hätte mir an diesem Tag schon echt geholfen.

Du bekommst dann solche Stefan-Raab-Zitate-Knöpfe vor dir aufgebaut.

Genau! Manchmal weißt du echt nicht mehr, was du gesagt hast, oder du merkst, dass du fast den gleichen Wortlaut benutzen musst, auch wenn du das gar nicht willst. Von daher wäre so ein Teil gar nicht schlecht, denn so bekommt jeder eine gleich gute oder schlechte Antwort.

Ja klar, aber was soll man auch großartig variieren bei so tollen Sätzen wie meinem ersten, ACHTUNG: Vielen, vielen Dank für “At The Edge Of Time“, euer meiner Meinung nach bestes Album seit mindestens zwölf Jahren!

Zwölf Jahre, damit bringst du es ja ziemlich genau auf den Punkt. Dann müsste man wohl noch darüber streiten, ob man nicht noch weiter zurück gehen kann, beziehungsweise was das dann überhaupt fürs Rating bedeutet. Aber mein Gott, Hauptsache die Leute sind zufrieden.

Na ja, für mich persönlich eben die beste seit zwölf Jahren, für ein paar Bekannte von mir, die “Nightfall In Middle-Earth” schon nicht mehr so toll fanden vielleicht noch davor. Auf jeden Fall danke, danke, danke! Ich bin begeistert.

Wir sind momentan auch sehr begeistert. Ich glaube auch nicht, dass sich das so schnell ändern wird. Auch bei den letzten beiden Platten war das so, die verlieren eben nicht so schnell an Wert. Entweder magst du Sie oder nicht. Klar, dann gibt es ein paar Leute, die sich reinhören müssen aber die generelle Qualität stimmt auf jeden Fall, damit sind wir sehr zufrieden. Wir hatten auch ein gutes Gefühl beim Songwriting und bei der Produktion.

Zwar kann man sagen, dass ihr euch wieder auf eure Speed Metal-Wurzeln besonnen habt, doch klingt “At The Edge Of Time” zu keiner Zeit retro, auch bei den richtigen Speed-Granaten nicht, was ich aber ehrlich gesagt auch nicht von euch erwartet habe.

Wäre auch enttäuschend für uns. Deswegen war es für mich auch ein bisschen verwunderlich, als auf einmal das Gerücht aufkam wir hätten gesagt, wir würden ein “back to the roots”-Album machen. Das war zu keiner Sekunde auch nur im Ansatz unser Grundgedanke. Aber natürlich haben wir bestimmte Sachen produktionstechnisch noch ein bisschen in die Richtung gedrängt. Aber für uns ist eh immer das Wichtigste überhaupt, dass die Nummern alle individuell Bestand haben und sich von den Sachen aus der Vergangenheit absondern. Das Schöne war eben, dass wir speziell durch “A Twist In The Myth” etwas Abstand zu den Sachen hatten, so dass wir auch wieder ein bisschen mehr Potential hatten, etwas Sinnvolles an den Start zu bringen. Ich sage mal, wenn wir nach der “Nightfall” oder nach der “Imaginations” so weiter gemacht hätten, dann bleibt dir ja nix anderes übrig, als dich zu wiederholen. Deswegen haben wir auch ganz gerne mal Zäsuren, wo sich Sachen dann doch ein bisschen ändern. Und klar, da kann man dem einen oder anderen auch mal ungewollt vor den Kopf hauen. Aber mein Gott, so ist es halt. Ich denke gerade “A Voice In The Dark” ist eigentlich so ein perfekter Hybrid, das kriegen viele gar nicht mit. Deswegen bin ich auch immer ganz froh wenn Old School-Leute, die noch vor der “Nightfall” aufgehört haben, das honorieren, denn dieser Song hat auch eine Menge von den letzten beiden Alben.

Irgendwie gibt es auf dem Album von allem, was euch in der Vergangenheit so ausgemacht hat, etwas – und eben, wie man es von euch kennt, auch was Neues dazu, hier zum Beispiel die langen Songs mit Orchester.

Für uns war es während der Songwriting-Phase gar nicht so wichtig diese Vielfalt an den Tag zu legen. Die ist tatsächlich einfach spontan entstanden. Uns ist aber auch relativ früh aufgefallen, dass es tatsächlich so ist. Glück hatten wir mit der dritten Nummer die wir für das Album geschrieben haben. Das war “Road Of No Release”; die hatte so unglaublich viele Elemente, die Metal und BLIND GUARDIAN ausmachen, dass wir da schon so ein Sammelsurium aus Elementen hatten, dass es danach echt einfach war, Bindestücke zu kreieren, um ein kompakt klingendes Album auf die Menschheit loszulassen.

BLIND GUARDIAN: Live auf dem BANG YOUR HEAD 2009
Einer der zehn erhabensten Momenten in meiner Karriere – Hansi Kürsch über die Zusammenarbeit mit dem Prager FILMharmonic-Orchester.

Den Song finde ich Klasse. Er erinnert mich ein bisschen an QUEEN, auch wenn ich nicht sagen kann warum, und von der Atmosphäre her an “Mordred’s Song”.

Klar, das liegt am Klavier. Zumindest mit der “Forgotten Tales”-Version gibt es da schon ein paar Analogien. Was heute jemand zu mir meinte und was ich vorher schon mal woanders gelesen habe, ist, dass diese Endsektion ein bisschen wie “Noldor” klingt. Und auch da muss ich sagen, wenn man jetzt die Elemente sieht, die wir da benutzen und den Aufbau des Songs, dann ist das durchaus nachvollziehbar. Aber das sind wie gesagt Sachen, die tatsächlich spontan entstanden und nicht so designt worden sind, dass man gesagt hat, ok, man will jetzt noch da hin. Es war zum Beispiel auch so, dass das Klavier in der Demo Version durchaus schon vorhanden war. Ich weiß nicht ob du die mal gehört hast. Es kann sein, dass die bei der limited Edition drauf ist. Da merkt man dann aber, dass diverse Sachen anders arrangiert waren und während der Produktion die Entscheidung getroffen worden ist, dass das Klavier der rote Faden für die Nummer sein sollte. Anders als zum Beispiel bei “Wheel Of Time” oder “Sacred Words” war von vorneherein klar, dass wir da nicht unbedingt auf Orchester, zumindest nicht in dem Maße setzen wollten, sondern irgendwas anderes brauchten, um den Hörer da durch zu führen. Und durch das Klavier kommen dann eben auch so Erinnerungen an die Vergangenheit.

Diese krassen Schreie bei “Ride Into Obsession” haben mich echt überrascht. So was hattet ihr in der Form ja noch nie und ich hatte bei den letzten Konzerten eher das Gefühl, dass du die richtig harten Gesangsparts teilweise etwas zahmer singst.

Ja, das wird auch bei einigen Sachen von der Platte der Fall sein. Nicht alles, es wird ein paar Sachen geben, die sehr singbar sind aber zum Beispiel der Chorus von “Tanelorn” würde mir da einfallen. Da werden die Zwischenpassagen ähnlich wie bei “Born In A Mourning Hall” nach unten gesetzt und melodisch verziert. Das ist in der Masse der Sachen, so wie sie da jetzt produktionstechnisch projeziert sind, auf einer langen Tour nicht durchzuhalten. Ich habe das früher mal probiert und bin immer furchtbar auf die Schnauze gefallen weil man nach zehn oder elf Konzerten dann doch an die Limits kommt. Die klassischen Opernsänger spielen nicht ohne Grund nur zwei Mal in der Woche oder noch weniger. Das ist stimmbandtechnisch einfach nicht machbar, andere Sachen schon, aber so gehen wir beim Songwriting und der Produktion natürlich nicht an die Sache ran, dass wir uns überlegen was live machbar ist und was nicht, so dass wir da dann aus den vollen schöpfen und die Qualitäten dann so featuren, wie sie vorhanden sind.

Ich habe in dem Sinne nie Probleme gehabt. Es ist nur einfach so, dass man sich auf Tour notgedrungen mit Kompromissen arrangieren muss. Gerade wenn dann noch eine Grippe oder so dazu kommt, die wirst du dann auch während der ganzen Tour nicht mehr los, auch wenn die Nase wieder frei ist. Wenn die Stimmbänder dann einmal so richtig abgesungen sind, da kann man nichts dran machen. Ich bin ein klassischer Hals-Nasen-Nebenhöhlen-Freak, ich werd das kriegen, da kann ich jetzt machen, was ich will, da kann ich trainieren gehen und so gesund leben wie ich will, irgendwann kommt es und das hat immer einen Einfluss aufs Gesangsorgan.

Aber die Sache hat Spaß gemacht, das ist auch aus der Lust und Laune raus entstanden. Wir haben uns selber beim Songwriting häufiger Mal auf die Schulter geklopft. Normalerweise sind wir immer sehr kritisch, auch mit der Leistung des anderen. Das heißt, wenn Andre irgendwas an den Start bringt, dann bin ich meistens der jenige, der noch ein Haar in der Suppe findet und noch was geändert haben will und umgekehrt. Aber bei dieser Produktion und diversen Songs gab es kaum noch Diskussionen. Die Sachen sind direkt so durch gegangen und wenn mal was raus geschmissen wurde, dann auch ohne Diskussionen.

Habt ihr denn irgendwelche kompletten Songs übrig gehabt, die ihr auf Halde gelegt habt?

Nein, wir haben uns eigentlich wie in der Vergangenheit auch von Part zu Part vorgequält oder dieses Mal eben nicht gequält, sondern sind eher schon vorgeprescht, was aber nicht bedeutet, dass da nicht immer wieder mal Parts rausgeflogen sind beziehungsweise direkt entfernt worden sind. Aber da sind keine ganzen Songstrukturen oder Fragmente eines Songs entstanden, die man nutzen könnte. Ich glaube wir haben in “Control The Divine” vielleicht noch mal 32, 64 Takte maximal an Material die potentiell gut sind, die man vielleicht in der Zukunft noch mal nutzen könnte. Bei den anderen Nummern war es so, dass man mal das eine oder andere Element noch hatte, was man gut fand, aber nicht involvieren konnte. Das ist auf der Strecke geblieben und wird dann auch im Nirwana verschwinden, so dass, das was auf dem Album zu hören ist, 95-96 Prozent von dem darstellt, woran wir gearbeitet haben.

Die Ursprungsversion von “Sacred” habt ihr ja ursprünglich für das gleichnamige Computerspiel geschrieben. Habt ihr eigentlich irgendwelche Resonanzen bekommen von Leuten die euch vorher nicht kannten und durch das Spiel dann eure Musik entdeckt haben?

Ne, ich weiß über die Medien, dass da viel Berichterstattung stattgefunden hat, dass dann natürlich auch ein Hype entstanden ist, aber ich habe bis heute noch nicht gehört, dass jemand gesagt hat, dass er durch das Computerspiel zu BLIND GUARDIAN gekommen und dabei geblieben ist. Mag es aber durchaus geben, da müsste man vielleicht mal eine Recherche anstellen; ich würde es aber eher mal verneinen. Ich glaube eher, dass viele BLIND GUARDIAN-Fans das Spiel eh schon kannten und dadurch dann noch einen Grund mehr hatten, es zu kaufen. Die haben sich dann natürlich auch extrem über die Nummer gefreut. Generell war es damals schon so, dass das Feedback auf diese etwas kernigere Version schon extrem gut war. Das war natürlich ein echt guter Einstieg in die Songwriting-Phase.

Die Macher scheinen ja Metalfans zu sein, im ersten Teil hatten doch meine ich IN EXTREMO einen Gastauftritt.

Nein, das war glaube ich ein anderes Spiel, nicht bei denen. Aber das sind Metalheads, total. Nette Typen auch, ein super kreatives Team. Die waren auch zu allen Schweinereien bereit und haben über das eigentlich Ausgemachte hinaus viel mit uns gemacht, durften auch ein bisschen durch die Welt reisen und die Sachen ein bisschen mit promoten. Das hat schon Spaß gemacht, war ne schöne Erfahrung.

BLIND GUARDIAN 2010
Es war zu keiner Sekunde, auch nur im Ansatz unser Grundgedanke ein “back to the roots”-Album zu machen – BLIND GUARDIAN sind nicht retro.


In Sachen Videospiele bist du ja, wie ich auf eurer Homepage gelesen habe, auch dem “Guitar Hero”-Fieber verfallen. Wer von euch in der Band ist denn da Chef im Ring?

“Guitar Hero”? Hab ich das mal gesagt? Das war dann glaube ich eher ein Witz.

Ja, du hattest mal geschrieben, dass du Andre und Markus bald überholen willst.

Ach so, ja das war ein Witz, das hab ich nicht ernst gemeint. Ich habe “Guitar Hero” noch nie gespielt. Aber ich kann mich jetzt dran erinnern, dass ich bei Facebook oder bei uns auf der Homepage irgendwann mal was in der Richtung gesagt, weil ich sauer auf die war oder so getan hab, als ob ich sauer auf die beiden wäre. Ne, von uns spielt keiner “Guitar Hero”, noch nicht mal mein Sohn – und der spielt alles, was er auf dem Nintendo DS abgreifen kann.

Andre und Magnus sind nach wie vor dem “World Of Warcraft”-Wahn verfallen und darüber hinaus bleibt glaube ich für andere Spiele nicht viel Zeit übrig. Die haben beide “Sacred” durchgezockt als dann die Bugs ausgeräumt waren. Am Anfang, als das Siel raus gekommen ist, müssen tierisch viele drin gewesen sein. Und ich bin nach wie vor weit von Computerspielen weg. Ich spiele an und zu hier unten mal “Raving Rabbits”. Genau, in dem Zusammenhang war das wahrscheinlich. Ich hab irgendwann mal geschrieben, dass ich mal ein Computerspiel zu Ende gespielt habe und jetzt mit “Guitar Hero” anfange.

Ja genau, das war der Eintrag.

Bei dem Spiel war ich auch nur Assistent und stand mehr oder weniger nur dabei. Das ist nie meine Welt gewesen und wird es auch nie sein. Am ehesten noch “Sing Star” und selbst da lose ich gegen meine Frau ab.

Da traue ich mich bisher überhaupt nicht dran. Wir haben zwar ein Mirko zu Hause aber ne….

Echt? Ist ja auch komisch. Morgen machen wir das bestimmt wieder. Ich habe das letztens mit meiner Familie gemeinsam zocken müssen und was haben wir gemacht? Irgendwelche schäbigen Fußball-Lieder, die mein völlig unmusikalischer Neffe natürlich alle kannte. Der ist 25 und Die Hard-Fußball-Fan und der Freund meiner Nichte natürlich auch. Die können wirklich gar nicht singen und haben dann da Punkte gesammelt ohne Ende, während ich unter ferner liefen von meiner Frau deklassiert wurde, die mich dann mit KATE BUSH, “Billy Jean” von MICHAEL JACKSON und was weiß ich noch alles abgefrühstückt hat. Ich finde das macht echt Spaß. Man muss sich da einmal irgendwie überwinden und dann ist das ne echt geile Sache.

Da müsste ich mir wahrscheinlich erst mal Mut antrinken.

Ich weiß von den Leuten die “Guitar Hero” auf Tour spielen, dass die Gitarristen in der Band meistens die schlechtesten “Guitar Hero”-Spieler.

Das kann ich definitiv bestätigen. Die beiden Gitarristen die ich kenne sind diejenigen die sich am schwersten mit “Guitar Hero” tun. Ein Freund von mir hat ganz am Anfang noch nicht mal auf die Farben geschaut, der hat echt versucht aus dem Song raus zu hören, was er spielen muss, und das ist natürlich völlig in die Hose gegangen.

Ja logisch. Das kann man dann aber auch nicht abstellen. Ich bin vor zwei, drei Wochen in England gewesen und erstmalig mit einem Auto gefahren, dass auch dem Linksverkehr angepasst war. Ich habe stumpf 24 Stunden gebraucht bis ich das meinem Gehirn irgendwann mal klar gemacht habe, dass jetzt alles andersrum läuft. Und bei Gitarristen ist Gitarre spielen ja fast wie Auto fahren, da kann das dann halt auch mal was länger dauern.

Wie war es eigentlich für euch, das erste Mal mit einem Orchester zusammen zu arbeiten?

Super. Genial. Unfassbar. Das kann man fast nicht in Worte fassen. Das gehört – ohne die Top Ten jetzt wirklich auf Anhieb benennen zu können, dafür müsste ich echt in mich gehen – zu den zehn erhabensten Momenten in meiner Karriere. Du sitzt da in diesem Orchestersaal und da wird deine Musik gespielt, die bis dahin natürlich auch niemand anderes kennt. Wir wissen ja, wie wir die Sachen konstruiert haben und wie die auf dem Computer geklungen haben und wie viel Vision man trotzdem noch mitbringen, muss um sich vorzustellen wie die Sachen klingen. Und wir waren uns alle drei einig, dass die Sachen noch geiler gewesen sind. Und leider Gottes, egal wie geil die Aufnahme ist, so ganz kriegt man diesen Orchester-Saal ja nie eingefangen. Diesen Moment, den kann man, wie das nun mal mit Live-Musik so ist, mit nichts wieder herstellen.

BLIND GUARDIAN: Live auf dem BANG YOUR HEAD 2009
Ich denke die Leute die kommen werden sehr begeistert sein – BLIND GUARDIAN versprechen einiges für die Tour im Herbst!

Tja, dann hätte ich doch in Anlehnung an RAGE, die das ja dieses Jahr gemacht haben einen Vorschlag für das nächste ROCK HARD FESTIVALBLIND GUARDIAN plus Orchester!

Ja, jetzt müssen wir nächstes Jahr erst mal in WACKEN spielen und dürfen dann, glaube ich auch nicht auf dem ROCK HARD FESTIVAL spielen. BLIND GUARDIAN plus Orchester… Ich weiß, dass RAGE das gemacht haben. Fand ich extrem mutig, fand ich auch gut. Victor ist da ja auch super fit. Da gibt es schon die eine oder andere Klippe die zu umschiffen wäre. Technisch ist das ein Super-GAU, je nach Wetterlage ist das spieltechnisch für die Instrumentalisten ein Super-GAU. Du kannst so was mit einer guten Geige eigentlich nicht machen, denn die verzieht sich beziehungsweise du bekommst da kein gutes Tuning hin. Und da unsere Musik noch ein bisschen anders ist als die von RAGE, könnte das gerade bei einer Nummer wie “Wheel Of Time” oder “And Then There Was Silence” echt mörderisch sein. Von daher kann ich mir das eigentlich nur in einer dafür vorgesehenen Halle oder zumindest einer guten Konzerthalle vorstellen. Ansonsten wird es echt schwierig und kann ganz schnell nach hinten losgehen. Mutig, der der es wagt und Glück hat – der, der es durchzieht und wo es dann auch funktioniert. Ist natürlich eine geniale Sache, aber da hätte ich extreme Bauchschmerzen. Wir hatten mal überlegt, dass mit einem zweiten BLIND GUARDIAN-Festival zu kombinieren, aber da muss man erst mal schauen, wie sich das entwickelt.

Eigentlich verwunderlich, dass ausgerechnet ihr erst jetzt mit einem Orchester zusammenarbeitet. Schließlich habt ihr schon seit Ewigkeiten bombastische Arrangements und es gab inzwischen eine Reihe von Bands, die das gemacht haben, bei denen man es weniger erwartet hätte. War das bisher eine Frage des Geldes?

Aaalso… Es war eigentlich bis jetzt bewusst von uns so gemacht, da wir ja zum einen immer noch an diesem Orchester-Projekt arbeiten und da nicht zu viel im Vorfeld schon ausschlachten wollten. Wenn man es dann immer wieder und wieder macht wird es ja auch irgendwann uninteressant und ist nichts spektakuläres mehr. Die beiden Nummern auf dem Album sind für uns jetzt eine Art Vorgeschmack auf das, was kommen könnte oder kommen wird. Das war ein Grund. Der andere Grund ist, dass, wenn man bei uns sieht, wie Band und Orchester interagieren, dass da durchaus Leadgitarren in die Läufe der Violinisten einfallen und parallel dazu Magnus noch ein Rhythmusgitarrengewitter rechts und links von sich gibt und ich dann noch mit einer dritten Melodie drüber krakele, ist das Spektrum, das wir abdecken, wesentlich größer und auch riskanter, weil diese Tuning-Geschichten dann noch viel stärker ins Gewicht fallen und du unter Umständen dann das Orchester so stark zurückfahren musst, dass sich der Aufwand einfach nicht gelohnt hat. So war es in der Vergangenheit immer und deswegen haben wir gesagt, dass es diese Option für uns nicht gibt.

Viele von den Bands die es gemacht haben, gehen einen etwas stärkeren Kompromiss ein, da wird entweder die Band oder das Orchester gefeatured, und das war für uns keine Option. Die beiden Sachen sollten miteinander interagieren, das war uns auch ganz wichtig. Das passiert bei vielen Bands vielleicht mal mit einem Gitarrensolo und einem Chor und dann war es das aber auch. Ansonsten hast du die immer brav nebeneinander, der eine ist dann so eine Art Support für den anderen und das war für uns von vorneherein keine Option. Das ist schon bei “And Then There Was Silence” nicht so gewesen und bei den neueren Sachen erst recht nicht. “Wheel Of Time” würde ohne Orchester gar nicht funktionieren und auch “Sacred Worlds” hat durch das Orchester natürlich noch mal extrem gewonnen.

Dazu, und das ist jetzt der letzte Punkt, kommt aber auch noch, dass wir die ganze Zeit auf der Suche nach dem richtigen Orchester und den richtigen Leuten gewesen sind, mit denen wir das dann eins zu eins umsetzen können. Denn uns ist relativ wenig geholfen, wenn wir unsere Keyboard-Arrangements an einen Arrangeur geben, der die Sachen dann in einen Score umwandelt, das zwar orchestergerecht ist, aber die Intention des Keyboard-Arrangements nicht mehr zu hundert Prozent widerspiegelt. Und da sind wir jetzt mit unserem neuen Setup und mit unseren neuen Leuten fündig geworden und daher war das jetzt erst überhaupt möglich für uns.

Das waren die Prager Symphoniker, oder?

Die nennen sich Prager FILMharmonic und die bestehen aus Großteilen der Symphoniker und dann gibt es noch ein zweites, großes tschechisches Orchester, die gemeinsam für so populäre Sachen die besten Leute für genau die Musik zusammenzustellen, um dann ein relevantes Ergebnis zu haben.

Wir haben wie gesagt im Vorfeld schon ein oder zwei Orchester-Aufnahme gemacht an anderer Stelle, aber da hat uns der Sound einfach nicht so gefallen. Da merkt man dann doch, dass die kulturellen Auffassungen bei bestimmten Musikrichtungen doch ein bisschen anders sind und da hast du durch so ein Hybrid-Orchester, das auch auf Filmmusik und moderne Musik orientiert ist, eine wesentlich bessere Ausbeute, wenn die anfangen zu spielen und sich einmal auf das Zeug eingegroovt haben.

Ich kann mir vorstellen, dass das für einige alteingesessene Klassik-Musiker, die so ein bisschen in ihrem elitären Elfenbeinturm leben, wahrscheinlich schon so ‘ne Sache ist, wenn dann so ne Metalband vorbei kommt, und dass der eine oder andere einen dann etwas von oben herab ansieht.

Ich denke, dass wirst du immer wieder haben, weil bei den Klassikern hast du verdammt viele Beamten dabei. Dann sind die alle in der Gewerkschaft und haben ihre Mittagspause von zwölf bis eins. Das ist eine andere Welt. Der richtig fiese Klassik-Fan oder Klassik-Musiker verabscheut ja jede andere Musik, die hat ja keine Daseinsberechtigung für den. Und deswegen war es wichtig Leute zu finden, die da unbefangen ran gehen und sich auch mit der Musik des 21. Jahrhunderts identifizieren können. Wir hatten da drei oder vier Leute dabei, da konnte man sehen, dass das im Ansatz sogar Metalheads waren, dann viele Leute denen das letztendlich egal war, die aber aufgrund der Scores und der Sachen, die die spielen mussten, auch Spaß hatten, weil das auch für die herausfordernde Sachen sind – die sie aber leisten können, muss man der Fairness halber dazu sagen; ich könnte das nicht.

Diese Attitüde, dass du da den bornierten Klassiker sitzen hast, der dir die Produktion versaut, den gibt es nicht. Die merken dann schon, wenn die die Sachen spielt, dass man sich nach wie vor im klassischen Metier bewegt und dass sich da jemand wirklich Gedanken gemacht hat. Und derjenige bezahlt mich auch noch, das ist natürlich auch ganz wichtig. Von daher sind die Erfahrungen da eigentlich ok. Aber du merkst schon, dass viele eben doch nur den professionellen Bezug zur Musik haben. Die kommen da hin, spielen das ab, spielen das vom Blatt, spielen das auch sehr gut, weil sie eben gut sind, mehr aber eben auch nicht. Aber wichtig ist, dass die Leute, welche die Noten umschreiben, und der Dirigent das richtige Verständnis der Sache haben und das ist in Tschechien gegeben.

Apropos Orchester. Wie sieht es denn mit eurem Orchesterprojekt aus? Das scheint ja so langsam euer ganz persönliches “Chinese Democracy” zu werden.

Ja, wir können auch noch länger, ha ha ha. Wir können rein theoretisch noch fünf, sechs Jahre warten, aber wir sind eigentlich kompositorisch durch, haben in Prag natürlich auch die ersten Aufnahmen durchgeführt und sind auch sehr zufrieden damit. Wir haben aber noch sieben Nummern, die Score-technisch noch bearbeitet und dann aufgenommen werden müssen. Und im Anschluss daran geht dann erst die Arbeit der Band los. Dann müssen wir zum einen noch an den Arrangements für die Band arbeiten. Wir müssen entscheiden ob wir die Band überhaupt einweben oder nicht, ob wir es rein klassisch lassen. Ich muss in jedem Fall noch einen guten Batzen absingen und auch noch ziemlich schwierige Sachen singen, so dass ich nicht davon ausgehe, dass wir vor 2012 releasen werden. Aber ich bin zu 99 Prozent sicher, dass das unser nächstes Album werden wird und dass wir dafür keine vier Jahre mehr brauchen.

Das ist doch schon mal gut zu hören. Wie lange arbeitet ihr an einem Song wie “Sacred Worlds” oder “Wheel Of Time”. Das muss doch ein riesiger Aufwand sein, dass alles zu arrangieren.

Das ist unterschiedlich. “Sacred Worlds” war der Startschuss zum Songwriting und war gleichzeitig auch eine Art Schnellschuss. Da kamen super viele Komponenten superschnell zusammen. Da haben wir inklusive des Intros und Outros was ja erst später hinzu gekommen ist insgesamt acht Wochen dran gearbeitet. Dann aber auch wirklich konzentriert nur daran.

“Wheel Of Time” ist jetzt als Gegenbeispiel eine Nummer an der wir locker kompositorisch vier oder fünf Monate gearbeitet haben. Immer mal wieder, wir haben den Song immer wieder auf Halde gelegt, weil wir es einfach nicht hin bekommen haben, ihn fertig zu stellen, weil uns immer wieder ein Element im Weg gestanden hat und wir immer wieder zurück an den Rahmen mussten und da schon Justierungen vornehmen mussten. Das war eine Nummer, die ursprünglich für das klassische Orchester-Projekt geplant war. Mir hat die aber nicht so ganz zugesagt in der Art, wie sie angelegt war, weshalb ich die in eine Metalnummer umwandeln wollte. Als das passiert ist, war der Song uns ein bisschen zu seicht, dann kamen diese, ich sage mal “Script For My Requiem”-mäßigen Thrash-Elemente rein, die dann auch noch irgendwie eingewoben werden mussten. In der Zwischenzeit hatten wir schon zwei Refrains am Start die beide gut waren und die man dann auch nirgendwo anders mehr benutzen konnte, so dass wir entweder einen davon hätten wegschmeißen müssen oder aber eben mit dieser Option von zwei Refrains leben mussten. Dann gab es kein Setup, wo wir die dementsprechend featuren konnten, so dass das auch von der Logik gepasst hätte, und so sind dann 16 bis 20 Wochen ins Land gegangen die sich tatsächlich nur mit der Nummer auseinander gesetzt haben und das über einen Zeitraum von achtzehn Monaten.

BLIND GUARDIAN: Albumcover: At The Edge Of Time
Das Cover-Artwork von “At The Edge Of Time”

Als nächstes wollte ich eigentlich fragen, ob es für euch schwieriger ist, einen schlüssigen Longtrack zu schreiben oder eine kurze, knackige Nummer, die direkt auf den Punkt kommt. Aber das hast du ja jetzt quasi schon beantwortet.

Ne, das kommt aufs Gleiche raus. Klar, letztendlich kannst du in der Zeit natürlich hundert schnelle Songs schreiben, die direkt auf den Punkt kommen, aber den eine guten zu schrieben, kann von der Arbeitsweise genau so lange dauern. Du könntest dir theoretisch natürlich sagen, dass du jeden Tag einen guten Abgeh-Song schreiben willst, der aus Vers, Bridge, Refrain, einem B-Part und vielleicht noch einem kleinen, netten Gitarrensolo besteht. Bis du einen guten Song geschrieben hast, dass kann innerhalb von zwei Stunden passieren; das kann aber auch ein halbes Jahr bis ein Jahr dauern. Da steckst du nicht drin. Das ist ein kreativer Prozess den Individualisten eigentlich nicht unter Kontrolle haben. Die gute Idee kann auf dem Klo kommen, die kann aber auch nach acht Stunden harter Arbeit im Studio kommen. Meine Erfahrung ist die, dass man sich mit den Sachen einfach immer wieder auseinandersetzen muss und irgendwann platzt dann der Knoten und dann ist auch was Gutes da, aber das kann halt nach zwei Minuten oder nach einem halben Jahr passieren, kann man nicht sagen. Das ist ja auch völlig wertungsfrei. Es gibt ja Bands, die sehr kurze, prägnante Songs schreiben, die aber so auf den Punkt sind, dass es qualitativ keinen Unterschied macht. Wir hatten mal vor Jahren die Frage, was denn wichtiger wäre, “Hänschen Klein” oder irgendeine BEETHOVEN-Synphonie – und ich finde selbst da wäre es arrogant zu sagen, dass das eine höher zu bewerten ist als das andere, aber da kann man natürlich auch anderer Meinung sein. Ein Folk-Song ist genau so schwer zu schreiben wie eine Symphonie, wenn du mich fragst. Wenn man es gut machen will und wenn man etwas machen will, das sowohl musikalischen Wert hat, als auch eingängig ist, das kann Jahrtausende dauern.

Wie wichtig ist eigentlich Charlie Bauernfeind als Producer für euch?

Ich mach das ja sehr selten, aber er heißt Bauerfeind, also kein “n”. Er legt da großen Wert drauf, aber er ist sich der Problematik natürlich bewusst. Sehr wichtig. Gerade bei diesem Album wurde es wieder klar. Es ist eigentlich seit “Nightfall In Middle-Earth” so. Die “Nightfall” ist de facto durch Charlie gerettet worden weil wir ansonsten, nimmt man Flemming mal außen vor, der erst sehr spät in den Aufnahmeprozess involviert wurde, nur Techniker am Start hatten, die ihr Zeug nicht im Griff hatten und Charlie tatsächlich die ganzen Sachen koordinieren und ordnen musste und in die Unordnung der anderen beiden auch noch Licht bringen musste.

Bei der “Opera” war es so, dass wir alle zu viele Konzepte hatten und zu viele Visionen und auch da war es Charlie der eigentlich als erster mal zumindest die Idee hatte, ein Konzept zu erstellen, dass alles gleichberechtigt behandelt wird und alles, was dann auch aufgenommen wurde, – und das war eine Menge damals – hörbar gemacht wurde. Von daher war da schon der Einfluss extrem groß. Bei der “Twist” ist es dann noch stärker geworden, weil Thomen die Band verlassen hatte und wir in der Kürze der Zeit mit einem neuen Schlagzeuger Schlagzeug-Arrangements erarbeiten mussten, die sowohl Frederick gerecht wurden als auch dem Vermächtnis, dass Thomen hinterlassen hatte.

Und bei der neuen Platte war es dann tatsächlich so, dass die Sachen so gut komponiert waren, dass die eine bestimmte produktionstechnische Aufmerksamkeit verlangt haben und da auch bei jedem einzelnen Song und bei jedem einzelnen Element, das da aufgenommen wurde. Und aufgrund der Erfahrungen, die wir über die letzten zwölf Jahre mit Charlie erarbeitet haben, war er ohne größere Probleme und ohne größeren Stress in der Lage, das dann auch so zu managen. Und wenn man sich den Sound anhört, dann kann man sich glaube ich auch vorstellen, dass wir uns schon darüber Gedanken gemacht haben, was in den letzten zwölf Jahren eventuell nicht so gut gelaufen ist. Und ich glaube die Fehler sind auf der Platte komplett ausgemerzt worden.

Was macht Thomen eigentlich inzwischen? Seit seinem Ausstieg bei SAVAGE CIRCUS hat man nicht mehr wirklich was von ihm gehört. Habt ihr noch Kontakt?

Wir haben noch Kontakt. Der spielt immer noch mit dieser komischen Gothic-Band. Das ist ne deutschsprachige Gothic-Band, ich kenn den Namen nicht. UNHEILIG sind es nicht, obwohl ich dem Thomen das wirklich gönnen würde. Dann hat er immer noch diverse Projekte mit Musikern, die auch mit uns zusammen arbeiten am Start. Da ist aber nichts Spruchreifes dabei. Darüber hinaus ist er wieder nach Krefeld gezogen und lebt praktisch in unmittelbarer Nähe und wir sind dann doch in ständigem Kontakt, treffen uns ab und zu, besprechen Sachen, aber als Bandmitglied steht er natürlich nicht mehr zur Disposition, weder von unserer, noch von seiner Seite.

Sein Nachfolger Frederik Ehmke war direkt vollwertiges Bandmitglied. Auf diesen Status wartet Oliver Holzwarth immer noch vergeblich.

Ich glaube nicht, dass der wartet. Das war von vorneherein klar, war für uns auch nie ein Thema. Das war für uns auch häufig ein Event zu Event Arrangement, was sich auch für beide Seiten als sehr effizient heraus gestellt hat. Für mich gibt es da auch keinen Grund etwas zu ändern, wir brauchen tatsächlich nicht mehr als vier Bandmitglieder. Wir sind in dem Verbund extrem kreativ. Oliver kann sich immer einbringen, tut das auch und ist ein gern gesehener Gast in den Twilight Halls und auf den Bühnen dieser Welt, aber das wäre für uns einfach eine unnötige Aktion. Denn, wo wir gerade von “Chinese Democracy” gesprochen haben, je größer die Gesellschaft desto schwieriger ist es, diese von der Demokratie am laufen zu halten.

Ihr seid ja alle Familienväter in der Band. Wirft die Band genug ab, um davon gut leben zu können oder macht ihr alle noch anderen Kram nebenbei?

Wir können davon leben, alle, und das eigentlich schon seit Beginn der Neunziger. Von daher können wir uns nicht beschweren über den Erfolg, den wir hatten. Wir arbeiten auch hart dafür, ganz klar. Wir beschweren uns nicht über die Steine, die uns in den Weg gelegt, und die Knüppel, die uns zwischen die Beine geworfen werden. Inzwischen kann man wirklich davon reden, dass das unser Lebensunterhalt bis in die späten Sechziger sein wird.

Für viele Bands ist es ja nicht einfach von Musik zu leben aber klar, ihr habt euch natürlich auch über die Jahre eine feste Basis erspielt.

Das ist wohl der Grund bei uns. Aber ich glaube, auch wenn du heute als neue Band anfängst und erst mal keine Ansprüche hast… Und die sollte man nicht haben, wir haben in den Achtzigern auch keine Ansprüche gehabt, wir haben Musik gemacht, wir haben gesagt, dass wir das professionell machen wollen und dann kamen mal die ersten hundert Mark rum, die steckt man dann wieder in Equipment, geht dann noch nebenbei arbeiten und vielleicht bleiben dann mal zweihundert Mark übrig. Und man sagt, dass man von zweihundert Mark oder heute halt zweihundert Euro im Monat leben kann, so fängt es nun mal an, das ist einfach so. Mann muss halt nur erkennen, ob es sich irgendwann von alleine trägt oder nicht, und dann liegt es bei jedem selbst, die Entscheidung zu treffen, ob man professionell Musik betreiben kann oder nicht.

Was für die Bands heutzutage natürlich schwieriger ist, ist die Situation, dass alle an einem mitverdienen möchten. Wir hatten noch die Möglichkeit, wirklich alles in eigener Kontrolle an Lizenzpartner abzugeben, und haben nicht noch Leute die dazwischen hängen und mitverdienen wollen, obwohl die vielleicht gar keine Anteil am Erfolg oder gar keinen Input haben, der abbezahlt werden müsste. Den Nachteil haben junge Bands, dass man kaum noch einen Deal bekommt, ohne eben direkt diese Rechte global abzugeben.

Ja, ich hab schon gelesen, dass die Labels teilweise noch am Merchandise mitverdienen wollen und so weiter.

Wenn das so wie bei Nuclear Blast ist und man eine guten Lizenz-Deal an den Start kriegt, kann das ja durchaus ok sein, aber da gibt es andere Firmen, die sich einfach an einen Merchandise Mailorder anschließen beziehungsweise mit denen einen Deal machen. Dann wird der Anteil, der bei der Band ankommt, und das ist kein unwesentlicher Anteil, natürlich immer kleiner und irgendwann bleibt dann nichts mehr übrig. Dann wird es tatsächlich eng mit dem Musizieren auf professionellem Niveau.

Wer hatte eigentlich die Idee mit dieser Pyramiden-Special Edition?

Die ursprüngliche Idee kam von uns. Wir wussten ja, dass wir eine limited edition machen wollten. Wir hatten das Artwork vorliegen und ich kann mich dran erinnern, dass Felipe mal ein ähnliches Konzept an den Start gebracht hat. Aber so in der Art und Weise hat Nuclear Blast es dann in die Tat umgesetzt. Da waren diverse Leute von Nuclear Blast involviert, ein ganzes, sehr kreatives Team. Gerade in dem Bereich sind die natürlich über ihre Mailorder-Erfahrung sehr versiert. 

Was können wir denn von der kommenden Tour erwarten? Mit ENFORCERSTEELWING und VAN CANTO habt ihr ja gleich drei Vorbands dabei. Wie lange werdet ihr denn spielen?

Wir werden sicherlich irgendwas zwischen neunzig und hundertzwanzig Minuten spielen und die Vorbands müssen notgedrungen kurze Sets spielen, weil es eben so viele sind. Der Tag beginnt, soviel habe ich auch schon gesehen sehr früh. Ich glaube um halb acht oder sieben spielt die erste Band und wir sind um zehn auf der Bühne. Es geht Schlag auf Schlag. Ich gehe davon aus, dass wir produktionstechnisch im Vergleich zur “Twist In The Myth” noch einen drauf legen können, zumindest ist das unser Bestreben. Wir werden wieder viel mit Projektionen arbeiten, haben aber auch wieder ein schönes Bühnenbild im Programm. Songtechnisch sind wir sehr breit aufgestellt. Da sind ein paar alte Klassiker dabei, die schon mehr oder weniger Standard sind im Repertoire. Dann gibt es ein paar, die wir nicht so häufig gespielt haben, die jetzt aber häufiger gespielt werden sollen. Und dann gibt es natürlich das neue Album, welches schon so ein bisschen Hauptaugenmerk bekommen soll, weil wir einfach auch an das Album glauben und anders als bei der “A Night At The Opera” das Glück haben, dass die meisten Sachen spielbar sind, wenn man jetzt mal von diversen Schreien oder bestimmten Orchester-Geschichten absieht. Das Orchester wird über Band eingeflogen, das lässt sich nicht anders machen. Das bringt nichts, wenn unser Keyboarder bei “Wheel Of Time” versuchen würde das Orchester zu ersetzen, das ist einfach zu wichtig für die Nummer, also bauen wir darauf auf. Ansonsten ist es wie immer, das ist handgemachte Musik, die Chöre kommen live, die Band spielt live. Das wird schon ein fettes Set. Ich denke die Leute die kommen werden sehr begeistert sein, das wird auf allerhöchstem Niveau produziert.

Also bringt ihr “Wheel Of Time” auch live.

Ja, es sieht gut aus. Wir haben jetzt bei den Proben die beiden langen geübt. “Sacred Worlds” bietet sich als Opener natürlich an. Da wollen wir mal sehen, ob wir das Intro noch etwas künstlich in die Länge ziehen können. Der Song funktioniert als Opener, zumindest wenn man das mal drei, vier Tage hintereinander probt sehr gut. Ist gesangstechnisch natürlich ein ziemlicher Brecher direkt am Anfang, aber da muss man durch. Die Speed-Nummern funktionieren natürlich auch und jetzt müssen wir bei den Vorproben und bei der Vorproduktion mal sehen, ob wir die eine oder andere Nummer noch reingearbeitet kriegen. Wir liebäugeln immer noch mit “Curse Of Feanor” aber das ist auch so eine Nummer, die schwer umzusetzen ist. Das Problem ist, dass viele Leute den Song lieben, das ist ne super Nummer, aber die hat nicht den Live-Effekt wie meinetwegen “Another Holy War” oder “I´m Alive” oder “Imaginations” oder von mir aus auch “Mirror Mirror”, um jetzt der “Nightfall” auch mal Tribut zu zollen.

Ich freue mich auf die Tour, da fahre ich als gebürtiger Kölner sogar nach Düsseldorf.

Ich hab es mir schon gedacht, dass das wie immer zu Konflikten führt. Aber wir als Krefelder müssen natürlich gucken, dass unser Heimspiel so nah wie möglich an Krefeld dran liegt, und da hat Düsseldorf einfach dreißig bis vierzig Kilometer Vorteil gegenüber Köln, ansonsten wäre Köln uns natürlich genau so lieb.

So, das war es, ich bin durch. Hast du noch etwas, dass du loswerden möchtest?

Ich hoffe du bist nicht der einzige der kommt. Momentan sieht es ganz gut aus, aber ich will volle Hallen, wo immer wir spielen, und wir werden auch dementsprechend Gas geben.

Dann danke ich dir fürs Interview und vor allem noch mal fürs Album. Ich muss echt sagen, ihr wart so ziemlich meine erste Metalband und ich bin seit dem Release des Albums auf einer Endorphin-Welle…

Ha ha ha, sehr schön. Das geht uns genau so. Wir waren dermaßen laid back und froh über die ganzen Sachen, wie die zusammen gekommen sind. Das freut mich natürlich, wenn das beim Hörer auch so ankommt.

Alles klar, dann wünsche ich dir noch einen schönen Abend.

Den wünsche ich dir auch. Mein Abend wird jetzt erst mal noch drei Stunden mit Interviews weitergehen, aber so ist das Leben. Bis dann, tschüss.

Photos:
Titelbild:(c) Photo Audrey Dujardin
Bandphoto 2010: (c) Herr Buchta
Live-Photos: (c) vampster.com/Markus Veyhle

 

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