NEVERMORE: The Obsidian Conspiracy

Wenn eine Band wie NEVERMORE ihre Fans fünf Jahre warten lässt kann das Ergebnis nur enttäuschen. Richtig? Irgendwie schon… oder nicht? Es folgt eine im höchsten Maße unentschlossene Rezension.

Fünf Jahre sind vergangen seit This Godless Endeavor, dem letzten Meisterwerk von NEVERMORE. Untätig waren die Seattle-Metaller in dieser Zeit nicht, immerhin veröffentlichten sowohl Sänger WARREL DANE als auch Gitarrist JEFF LOOMIS starke Soloalben und das Live-Paket Year Of The Voyager gab es ja auch noch. Trotzdem wurde man als Fan dann doch so langsam ein bißchen ungeduldig, von der Erwartungshaltung, die eine so lange Pause aufzubauen vermag mal ganz abgesehen. Da kann sich ganz schnell Enttäuschung breit machen. Und ja, auch nach mehreren Durchläufen tut The Obsidian Conspiracy sich nicht leicht, mich davon zu überzeugen, ein würdiger Nachfolger zum 2005er Überwerk This Godless Endeavor zu sein.

Selten war ich bei einem Album so hin und her gerissen zwischen Begeisterung und Enttäuschung. Kann man ein NEVERMORE-Album danach bewerten, dass es an sich ja eine gute Scheibe ist? Nein, ein NEVERMORE-Album muss sich dem Vergleich mit der Band-Diskographie stellen und da sieht es für The Obsidian Conspiracy leider nicht so gut aus. Das geht mit dem, für NEVERMORE-Verhältnisse unspektakulären Opener The Termination Proclamation los. Kein Vergleich zu Brechern wie Born oder Beyond Within die vergangene NEVERMORE-Großtaten eröffneten. Auch Your Poison Throne haut mich nicht so richtig aus den Socken, besonders die Rise, Rise, Rise-Rufe passen überhaupt nicht zu NEVERMORE. Nun gut, es wird besser, und zwar in Form von Moonrise (Through Mirrors Of Death) und And The Maiden Spoke, hier ist er, der Biss, der bisher irgendwie ein wenig fehlte. Auch Emptiness Unobstructed überzeugt als ebenfalls hübsche, wenn auch nicht ganz so attraktive Schwester des Heart Collector. Allgemein gibt es im weiteren Verlauf eigentlich nicht mehr viel zu meckern, denn schlechte Songs sucht man auf diesem Album vergeblich – als ob man dies bei einem NEVERMORE-Album erwähnen müsste. Da wären die Ballade The Blue Marble and the New Soul oder She Comes In Colors mit seinem geilen Riffing. Und am Ende gibt es mit dem Titeltrack noch mal ein echtes Highlight, vielleicht sogar den besten Song des Albums.

WARREL DANE singt auf The Obsidian Conspiracy insgesamt deutlich weniger extrem als bisher, hier hat wohl sein Soloalbum einen deutlichen Einfluss gehabt. Aber auch JEFF LOOMIS hält sich zum Teil zurück, gibt WARREL mehr Platz um seinen Gesang zu entfalten was natürlich nicht heißt, dass es auf The Obsidian Conspiracy keine geile Giarrenarbeit zu hören gibt, das Gegenteil ist der Fall. Nur wirkt eben alles etwas gebremster, wenn man es positiv ausdrücken wollte könnte man auch songdienlicher sagen. Aber hat der bisherige Modus Operandi den NEVERMORE-Songs geschadet? Nein, diese Intensität die durch WARRELs eindringlichen Gesang und JEFF LOOMIS´ alles zupflasterndes Gitarrenspiel aufgebaut wurde, waren das Markenzeichen der Band und sind es auch auf The Obsidian Conspiracy, wenn auch eben in etwas anderer Form. Produktionstechnisch hat man sich diesmal an Peter Wichers gewandt, der auch schon WARREL DANEs wundervolles Solo-Debüt produziert hat, während man den Mix in die Hände von Andy Sneap gelegt hat. Das Ergebnis klingt wie man es erwartet zeitgemäß, differenziert und fett, allerdings nicht ganz so gut wie beim Vorgänger. Für das Coverartwork verpflichtete man Travis Smth, der unter anderem auch schon für Bands wie OPETH und KATATONIA großartige Artworks erstellt, und auch hier wirklich gute Arbeit abgeliefert hat.

Und so muss ich diese Rezension leider recht unentschlossen beenden, denn wie ich es auch drehe und wende, ich weiß immer noch nicht so recht, was ich nun von diesem Album halten soll. Nach diversen Durchläufen muss man der Band attestieren erneut ein großartiges Album abgeliefert zu haben. Top produziert, überragend instrumentiert und in Sachen Songwriting ebenfalls auf hohem Niveau. Aber nimmt man die eigene Diskographie als Maßstab muss The Obsidian Conspiracy sich den großen Vorgängern beugen und nimmt seinen Platz in der Diskographie brav im hinteren Bereich ein ohne wirklich auch nur mittelmäßig zu sein. Das Schicksal eines Kindes aus einer Familie von Genies. Nach This Godless Endeavor habe ich ein Album erwartet, dass wie selbstverständlich umgehend einen Platz in meiner Jahresbestenliste einnehmen wird und zwar mit großer Wahrscheinlichkeit den ersten. Dies ist der Band mit The Obsidian Conspiracy bisher noch nicht gelungen, aber vielleicht braucht das neue Album auch einfach noch mehr Durchläufe.

Veröffentlichungstermin: 28.05.2010

Spielzeit: 45:01 (normale Edition) Min.

Line-Up:
Warrel Dane – vocals
Jeff Loomis – guitars
Jim Sheppard – bass
Van Williams – drums

Produziert von Peter Wichers, mixed by Andy Sneap
Label: Century Media

Tracklist:
01. The Termination Proclamation
02. Your Poison Throne
03. Moonrise (Through Mirrors Of Death)
04. And The Maiden Spoke
05. Emptiness Unobstructed
06. The Blue Marble and the New Soul
07. Without Morals
08. The Day You Built the Wall
09. She Comes In Colors
10. The Obsidian Conspiracy

Bonustracks der limitierten Auflage:
11. Crystal Ship (THE DOORS-Cover)
12. Transmission (THE TEA PARTY-Cover)

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