HAMMER OF DOOM: Unter den ´Hammer Of Doom´ gekommen

War nix. Ein verlorenes Wochenende.

Keine Ahnung, welcher Teufel mich geritten hat, diesem Hammer Of Doom-Festival in Würzburg beizuwohnen. Aber als aufrechter Zeitlupen-Krieger hat ThyWill2Kill ohne groß zu fragen lange im Voraus Karten besorgt (also er hat zwischen Tür und Angeln schon mal gefragt), und irgendwie klang das ganz am Anfang ja auch alles mal richtig gut.

Aber wenn man die Doom-Brille abgenommen und 2 + 2 addiert hätte, dann hätte man sich eigentlich schnell ausrechnen können, daß dieses Treffen wohl ein ziemlicher Reinfall werden könnte.

Und so kam’s dann ja auch …

Zugegeben: Ich verstehe vieles nicht auf diesem seltsamen Planeten. Aber in diesem speziellen Fall wollen mir ein paar Sachen partout nicht in meinen Schädel gehen.

1. TROUBLE – Zaubermeister des Doom und Veredler meiner tristen Jugendtage – haben sich von ihrer einzigartigen Stimme, Sänger Eric Wagner, getrennt (in aller Freundschaft, wie bei Wikipedia zu lesen steht). TROUBLE ohne Wagner, das geht ja nun mal gar nicht. Jetzt singt dieser Mensch aber zufällig auf dem selben Festival den Auftritt direkt vor seiner Ex-Band – und es geht nix zusammen (in aller Freundschaft). Nicht mal für ein oder zwei Liedchen. Hallo?

2. Nach drei Jahrzehnten schafft Bobby Liebling seinen faltigen Arsch zum ersten Mal nach Europa. PENTAGRAM über dem Deutschland, man glaubt es nicht, bis der alte Lustgreis und Doom-Dandy tatsächlich vor einem steht. Seine wichtigste Bandbesetzung tut sich zeitgleich unter dem Interims-Bandnamen DEATH ROW zusammen, schnappt sich Eric Wagner (siehe 1.) als Liebling-Ersatz … und spielt ebenfalls eine Show in good ol’ Germoney, nämlich bei besagtem Hammer Of Doom II-Festival. Bei dem waren PENTAGRAM (also Liebling plus Mietmucker) ursprünglich auch mal angedacht, aber dann kam Einspruch von DEATH ROWs Victor Griffin (wiedergeborener Christ), der die beliebte Wir oder er!-Frage stellte.

Warum können vier erwachsene Menschen nach drei Jahrzehnten, in denen es nie auch nur mit einer einzigen Show im alten Europa geklappt hat, sich nicht kurz mal am Riemen reißen, gemeinsam auf eine Bühne steigen, die Doom-Messe lesen, ein paar hundert Menschen glücklich machen und als Legende in die ewigen Schatten abtreten?

Es steht mir nicht zu, Lord Jesus in sein Handwerk zu pfuschen, aber er hätte seinen Follower Griffin schon mal kurz besuchen und ihm flüstern können, daß so eine Reunion eine wirklich schicke Sache wäre?

Doom

3. Wahrscheinlich ist das DOOM SHALL RISE (gegründet 2003) das großartigste Underground-Metal-Festival dieses Planeten – nicht nur, aber vor allem auch, was die fantastische Location angeht (eine alte Kirche in Göppingen, so viel Stil ist selten im Metal, da wird kein anderer jemals heranreichen).

Leider ist bei dem Treffen seit ein paar Jahren ein wenig Leerlauf angesagt, was die beteiligten Bands angeht. Warum zum Henker kriegen es die Veranstalter partout nicht gebacken, auf dem größten und wichtigsten Treffen seiner Art Genregrößen wie TROUBLE, CANDLEMASS, PENTAGRAMM oder SAINT VITUS zu präsentieren? Geht nicht, sagen die DSR-Macher. Zu teuer. Oli Weinsheimer indes schafft das nebenher. Der Typ stemmt jedes Jahr aus eigener Kraft das Keep It True-Fest und packt jetzt zusammen mit FINAL BREATH-Heiko (Up From The Ground) mal eben kurz auch noch den Hammer Of Doom aus – mit genannten Größen im Paket. Kein Problem, sagt Oli. Alles ganz easy, nur eben leider in irgendwelchen grauenhaften Turn- und Mehrzweckhallen (von denen die Posthallen in Würzburg ja echt noch gehen). Sorry, DSR – ich kapier’s nicht.

Das Hammer Of Doom II-Festival im Schnelldurchlauf:

FALL OF IDOLS – Sind nie aufgetaucht.

DARK FOREST: Verpaßt. Dem Vernehmen nach soll’s recht undoomig gewesen sein …

ATLANTEAN KODEX: Hätte ich gerne gesehen, haben aber nicht gespielt. Statt dessen ein solides Wiedersehen mit DAWN OF WINTER, aber da weilten wir leider noch auf der Au-to-bahn.

SPIRITUS MORTIS: Neue Baustelle von Sir Albert Witchfinder, die live ohne Kenntnis des begleitenden Tonträgers schnell verpufft. Nicht nur ich wünsche mir in dieser gleich wieder vergessenen halben Stunde REVEREND BIZARRE zurück.

THE LAMP OF THOTH: Grauenhafter Sänger, grauenhafte Schlagzeugerin. Zum Abgewöhnen. Die ersten Geschichten von Bekannten, die TROUBLE im neuen Line Up auf der Tour mit PENTAGRAM gesehen haben, machen die Runde. Ich frage mich zum ersten Mal, was ich hier heute überhaupt mache …

THE GATES OF SLUMBER: Nicht gesehen, da waren wir zu Tisch bei dem famosen Orient-Döner am Bahnhofsplatz. Soll aber gewohnt solide gewesen sein (TGOS, nicht der Dürüm. Der war eines der wenigen Highlights des Tages).

COUNT

COUNT RAVEN: Großes Kino! Auch in runderneuerter Bandbesetzung sehr intensiv.

Ein kurzes herzliches Gastspiel von Ur-Sänger Lord Chritus veredelt einen kurzweiligen Auftritt. Die neue CD der Schweden ist sogar Album des Monats im Rock Hard, was mich echt aus den Latschen kippen lässt. Allerdings habe ich die Jungens 2004 auf dem DSR II erlebt, und diese unfassbare Show wird … KANN … das Trio in diesem Leben unmöglich toppen. Das war pure Magie damals in der Chapel zu Göppingen. Ich muß mal sehen, ob ich den kurzen Videomitschnitt von dem manischen Zugabenteil finde und online stellen kann.

PAGAN ALTAR: Stinklangweilig wie gehabt. Hüftsteife Nostalgienummer, weitgehend lustlos und von Terry Jones’ kaugummikauend(!) bockfalsch intoniert. Was ist an dieser drögen Seniorenrunde bitteschön Kult? Wir beschließen endgültig, die Karre stehenzulassen und uns den Abend schönzutrinken, was leider nicht klappt.

DEATH ROW: Cool. Victor Griffin, Martin Swaney und Joe Hasselvander (zeitlos-geil) auf einer Bühne, das hat schon was. PENTAGRAM 1980-1983 minus Bobby Liebling quasi.

DEATH

Eric Wagner übernimmt das Mikro, singt zwar vom Blatt, ist aber nach wie vor einer der lässigsten Frontmänner im Metal. Vier Genre-Legenden, die eine True Doom-Messe mit frühem PENTAGRAM-Stoff lesen. Relentless als Rausschmeißer ist ergreifend, hätten sie Sign Of The Wolf noch gespielt, sie hätten nicht nur mir den Tag gerettet.

TROUBLE: Nix gegen Kory Clarke. Guter Sänger, bestimmt ein netter Typ. WARRIOR SOUL waren in den 90ern eine feine Band, die ihrer Zeit weit voraus war. Aber bei TROUBLE? Wenn George Michael (guter Sänger) bei BLACK SABBATH (tolle Band) einsteigt, dann funzt das auch nicht. So ungefähr läuft das jetzt aber bei den Heiligen aus Chicago/Illinois.

TROUBLE

Clarkes Stimme ist völlig ramponiert, hinzu kommt, daß er wie ein aufgezogener Hampelmann über die Bretter hüpft und eine Performance hinlegt, mit der er sich jederzeit bei SKID ROW bewerben könnte. Hau mir ab! Neuzugang und Haudrauf Marko Lira (ex-WET ANIMAL) hinter der Schießbude ist ebenfalls eine krasse Fehlbesetzung. Ohne Ansagen ist es schwer, die Lieder zu erkennen – höchstens am Refrain geht hier und da mal was.

Eine Dreiviertel Stunde gebe ich mir, wie meine Jugend auf großer Bühne geschändet wird, dann blasen die ebenfalls maßlos enttäuschten Kollegen zum Aufbruch. Zu diesem Zeitpunkt hat zu allem Überfluß auch noch meine geliebte kleine Handkamera ihren Geist aufgegeben (das TROUBLE-Foto ist das letzte, das sie noch gemacht hat). Die Laune ist auf dem Tiefpunkt.

Als ich nach einer halsbrecherischen Taxifahrt einmal quer durch Würzburg am nächsten Morgen bei Uli müde und hungrig auf dem Sofa aufwache (geweckt von den NWoBHM-NoNames WOLF), liegt der fahle Nachgeschmack nicht nur an dem letzten Bierchen, das wohl schlecht gewesen sein muss.

War nix. Ein verlorenes Wochenende.

“Hammer

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