IN EXTREMO, END OF GREEN: München, Zenith, 21.12.2008

IN EXTREMO genießen zweifellos den Ruf als eine der besten Live-Bands Deutschlands. Mit so einem Titel steigen natürlich auch die Erwartungen an eine Show der sieben Vaganten. Können die Mittelalter-Rocker also auch mit ihrer neuen CD "Sängerkrieg" live überzeugen?

IN EXTREMO genießen zweifellos den Ruf als eine der besten Live-Bands Deutschlands. Mit so einem Titel steigen letztlich auch zusehends die Erwartungen an eine Show der sieben Vaganten. Vor allem da sich nach knapp drei Jahren Tour mit “Mein Rasend Herz” so langsam die ersten Abnutzungserscheinungen im Live-Programm bemerkbar gemacht haben, ist die aktuelle und brandneue “Sängerkrieg“-Tour der ideale Zeitpunkt, den Ruf zu festigen und die Zweifler zum Verstummen zu bringen. Zugegeben, auch wir haben lange gehadert, ob sich ein erneuter Konzertbesuch wirklich lohnen würde, kennen wir doch die letzte Show quasi in- und auswendig. Nun, am Ende sollten wir eines Besseren belehrt werden, aber dazu später…

END OF GREEN

Zunächst einmal stehen nämlich END OF GREEN auf dem Programm, welche kurzfristig für MÄGO DE OZ eingesprungen sind. Diese Absage mag für einige sicherlich schade sein, wir hingegen freuen uns allerdings umso mehr über den Nachrücker aus dem gar nicht so weit entfernten Stuttgart. Deshalb suchen wir uns auch frühzeitig einen ordentlichen Platz inmitten der gut 2500 bis 3000 Besucher im Münchner Zenith, um uns in Ruhe den folgenden Auftritt ansehen zu können. Da die Menge vor der Bühne ohnehin schon recht beachtlich ist, ist es auch nicht weiter schlimm, dass END OF GREEN bereits 20 Minuten vor dem offiziellen Konzertbeginn auf die Bretter müssen.

Den hinteren Bereich der Bühne trennt ein weißer Vorhang ab, weshalb den Stuttgartern nur ein kleiner Teil selbiger zur Verfügung steht. Davon beeinträchtigt wird die Performance der Jungs natürlich nicht, schließlich zeichnet sich deren melancholischer Alternative-/Gothic-Metal nicht durch eine besonders spektakuläre Bühnenshow aus, sondern zieht seine Faszination aus der intensiven Atmosphäre, welche an diesem Abend mithilfe von schlichten Projektionen auf die Stoffwand und natürlich der Wahnsinnsstimme von Fronter Michelle Darkness realisiert wird.

Auch aktuelles Material fehlt natürlich nicht

Schon beim gelungenen Einstieg mit “Motor” hängt das Publikum an seinen Lippen und spendet nach jedem Song großen Applaus. Viel Bewegung herrscht in den Reihen zwar nicht, aber das ist wohl einfach das Los von Supportbands großer Acts. END OF GREEN selbst sind offensichtlich auch recht angetan vom Münchner Publikum und lassen sogar verlauten, dass die Hörerschaft besser sei als bei der gestrigen Vorstellung in Stuttgart. Inwieweit das wirklich der Wahrheit entspricht, ist letztlich irrelevant, schließlich legt das Quintett, das diesmal mit Aushilfsdrummer aufspielt, einen rundum überzeugenden Auftritt hin, bei dem mit Songs wie “Killhoney” natürlich auch aktuelles Material vom Hitalbum “The Sick’s Sense” nicht fehlen darf. Nach 40 Minuten und dem einmal mehr großartigen “Death In Veins” gibt die Gruppe schließlich den Platz und somit die Bühne für den Headliner des Abends frei.

IN EXTREMO

Nach kurzer Wartezeit erlöschen schließlich die Lichter und das Intro in Form einer mit Hufgeklapper unterlegten Melodie ertönt. Im Gegensatz zu den anderen Konzerten der Tour fehlt auf dem Vorhang aber die zugehörige Projektion des Sängerkrieg-Reiters, weshalb der Einstieg etwas deplaziert wirkt. Dies ist aber bereits nach den ersten Tönen von “7 Köche” vergessen, denn spätestens als dort das Leintuch mit einem lauten Knall zu Boden fällt, gibt es kein Halten mehr.

Der fallende Schleier offenbart einen eher schlichten, zweistöckigen Bühnenaufbau, der im Laufe des Konzerts mit im Hintergrund angebrachten, beweglichen LED-Wänden ergänzt werden soll. Lang nicht so pompös und beeindruckend wie drei Monate zuvor bei IN FLAMES, aber dennoch eine schöne Ergänzung der früher recht eintönigen Lichtshow.

Sänger Michael Rhein scheitn jeden Besuch in München zu genießen

Davor agieren selbstverständlich die sieben Spielleute, die es hervorragend verstehen, die Stimmung in der Halle in die Höhe zu treiben. Mit der Single “Frei zu sein” sowie dem darauf folgenden “Liam” legen sie eine sichere Grundlage für die kommenden zwei Stunden Mittelalter-Rock. Vor allem Sänger Micha scheint jeden Besuch in der bayerischen Landeshauptstadt sichtlich zu genießen. Trotz bandagiertem Arm und starker Erkältung lässt er sich nichts von alledem anmerken, sondern gibt von Anfang an einhundert Prozent.

Sympathien sammelt er außerdem, als er einige penetrante Störenfriede im Publikum zur Vorsicht mahnt und deren Unverständnis mit einem Mittelfinger quittiert. Die anderen Musiker stehen ihm in punkto Stageacting natürlich in nichts nach, wobei vor allem wieder einmal Flex der Biegsame besonders den Kontakt zum Publikum sucht.

Die “Sängerkrieg”-Tour bringt frischen Wind

Ein für mich nicht gerade unwichtiger Punkt ist an diesem Abend die Bühnenshow selbst. Da mir IN EXTREMO in den letzten Jahren mit nahezu gleicher Songauswahl und Showprogramm des Öfteren begegnet sind, stellt sich mir primär die Frage, ob die “Sängerkrieg“-Tour frischen Wind in das leicht angestaubte Konzept bringen kann. Die Antwortet lautet “Ja!”

Die Setlist konzentriert sich mit neun Songs natürlich auf die aktuelle CD, lässt aber dennoch genügend Platz für Live-Klassiker und länger nicht gespielte Nummern wie “Nymphenzeit” oder “Krummavísur”. Dass bei einem knapp zweistündigen Auftritt natürlich nicht alle Fanwünsche befriedigt werden können, steht außer Frage. Dennoch bieten die Jungs einen gut gewählten Querschnitt aller Schaffensperioden. “Herr Mannelig” und “Erdbeermund” bleiben dieses Mal daheim, aber dafür gibt es mit “Hiemali Tempore” und “Ai Vis Lolop” wieder zwei Songs der allerersten Stunde zu hören.

“Sängerkrieg” mausert sich schnell zum Live-Kracher

Bei Letzterem bietet Yellow Pfeiffer übrigens ein besonderes Spektakel: Während dem instrumentalen Zwischenpart jongliert er virtuos mit einem Stab, aus dessen Enden Funken sprühen – beeindruckend! Neben altbekannten Effekten wie den Flitterkanonen bei “Vollmond” gibt es also auch Neues zu bestaunen. Erwähnenswert sind auch die gigantischen Flammenwerfer an der Front, die nun auf ganze sechs Stück aufgestockt worden sind und dem Publikum erstmals beim Titeltrack des aktuellen Albums “Sängerkrieg” einheizen. Die rotzige Punknummer, bei der die Menge die zahlreichen “Ho!”-Rufe übernimmt, mausert sich schnell zum absoluten Livekracher.

IN EXTREMO bieten also einen angenehmen Kontrast aus alt und neu, vergessen aber nicht, manche Traditionen aufrecht zu erhalten. Die Rede ist natürlich vom krönenden Abschluss in Form des einmal mehr grandiosen “Villeman Og Magnhild”, das die spektakuläre Show mit viel Feuer und einem ohrenbetäubenden Knall enden lässt. Man soll ja bekanntlich aufhören, wenn es am Schönsten ist. Ein Sprichwort, das auch IN EXTREMO zu beherzigen scheinen, spricht doch der Blick über ein Meer begeisterter Gesichter eine deutliche Sprache.

IN EXTREMO Setlist

01. 7 Köche
02. Frei Zu Sein
03. Liam
04. Hiemali Tempore
05. Sängerkrieg
06. Nymphenzeit
07. Ave Maria
08. Spielmannsfluch
09. Poc Vecem
10. Vollmond
11. En Esta Noche
12. Ai Vis Lolop
13. Zauberspruch
14. In Diesem Licht
15. Flaschenpost
16. Rasend Herz
17. Mein Sehnen
18. Omnia Sol Temperat
19. Aufs Leben
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20. Küss Mich
21. Krummavísur
22. Wind
23. Villeman Og Magnhild

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