blank

LOONATARAXIS: Zwischen Globalisierung und Gehirnfasching

Auf ihrem Debütalbum “This Boy Is A Crying Shame” spielen die Münchner von LOONATARAXIS nicht nur ziemlich abgedrehten Crossover, sondern zeigen auch beispielhaft, dass man in einem Geschäft, in dem mittlerweile alle dasselbe zu machen scheinen, doch noch erfolgreich gegen den Strom schwimmen kann. Sänger Till stand mir in einem interessanten Telefongespräch eine halbe Stunde lang Rede und Antwort über Literatur, Globalisierung und was in unserer Gesellschaft schief läuft.

Auf ihrem Debütalbum “This Boy Is A Crying Shame” spielen die Münchner von LOONATARAXIS nicht nur ziemlich abgedrehten Crossover, sondern zeigen auch beispielhaft, dass man in einem Geschäft, in dem mittlerweile alle dasselbe zu machen scheinen, doch noch erfolgreich gegen den Strom schwimmen kann. Sänger Till stand mir in einem interessanten Telefongespräch eine halbe Stunde lang Rede und Antwort über Literatur, Globalisierung und was in unserer Gesellschaft schief läuft.

blank

Das erste Mal von euch gehört habe ich 2006 auf dem FUNKENFLUG FESTIVAL, wo ihr als Sieger von SCHANDMAULSNewcomer-Music-Contests” das Festival eröffnet habt. Außerdem habt ihr einen Workshop und ein Jahr lang professionelle Unterstützung im Musikbusiness gewonnen. Wie ist dieses Jahr verlaufen?

Erstmal war das für uns eine Riesensache, Musiker an der Hand zu haben, die schon länger im Geschäft tätig waren. Mit ihnen konnten wir Erfahrungen austauschen und sie konnten uns zeigen, wovon man besser die Finger lässt. Es war also sehr cool, einen Ansprechpartner zu haben, da so etwas einer jungen Band oft fehlt. Man ist nämlich in vielen Dingen unsicher und weiß nicht genau, wie man bei bestimmten Angelegenheiten vorgehen muss. Wenn aber jemand daneben sitzt und einem sagt, was man im eigenen Fall das Geschickteste wäre, dann hilft das einem schon enorm. Wir haben außerdem einen Workshop bekommen, bei dem es um Booking und wirtschaftliche Aspekte ging, die eine Band wissen muss. Außerdem haben wir zusätzlich die Möglichkeit bekommen, Teile des Albums in Köln bei HMUSIK aufzunehmen. Der Heiwi Esser (Heinz-Wilhelm Esser, Besitzer des Studios – Anm. d. Verf.) ist ein Bekannter von SCHANDMAUL und dort durften wir Teile der Gitarrenspuren aufnehmen, was uns natürlich auch ein bisschen Geld gespart hat.

Ca. 60% der Aufnahmen sind aber trotzdem bei uns im Proberaum entstanden. Wir durften des Weiteren im Proberaum von SCHANDMAUL Gesang aufnehmen, da uns damals noch die Möglichkeit gefehlt hat, im eigenen Proberaum einzusingen. Im Prinzip waren das also immer wieder Kleinigkeiten. Sie haben uns auch mal zu ihrem Label mitgenommen, wo wir über diverse Themen gesprochen haben. Also über Dinge, die man zunächst als Musiker nicht weiß, da man sich anfangs einfach nur um die Musik kümmern will. Allerdings merkt man schnell, dass da noch viel mehr dahinter steckt. Kurz, wie man sich präsentiert, das Marketing, Anzeigenschaltung etc. Insofern haben wir viele Einblicke in das Geschäft bekommen.

Also hat die Unterstützung hauptsächlich auf das Drumherum im Musikbusiness abgezielt und weniger auf die künstlerische Ebene.

Genau, das eigentlich weniger. Im Prinzip sind SCHANDMAUL und wir musikalisch ja sehr weit auseinander, was aber rein menschlich kein Problem darstellte. Wir waren mit den Leuten immer wieder mal was trinken und es sind einfach supercoole Menschen. Da fällt mir dann auch wieder auf, dass man seine Scheuklappen ablegen sollte, denn jeder macht schlicht die Musik, die er liebt. Vor allem wenn man so viel Zeit und Energie hineinsteckt, wie es SCHANDMAUL tun, dann muss man das respektieren, egal ob das jetzt der Sound ist, den man selber hören würde. Das ist eigentlich auch gar nicht so relevant.

“Wir machen Musik, die nicht jedermanns Sache ist.”

Du hast gesagt, ihr wart mit SCHANDMAUL auch bei F.a.m.e.-Records zu Besuch, wo ihr aber letzten Endes nicht gelandet seid, sondern ihr steht nun beim Münchner Label Bad Land-Records unter Vertrag.

Mit Bad Land war es so, dass wir den Chef des Labels schon länger kannten. Wir fanden es ziemlich cool, dass er versucht, Newcomer-Bands aufzubauen und ihnen die Möglichkeit gibt, ihre Platten in die Läden zu stellen. Da hinzugehen war dann auch eine einhellige Entscheidung der gesamten Band. Das war nicht nur vertraglich gut für uns, sondern es war auch rein gefühlsmäßig das Richtige. Keiner von uns hatte den Eindruck, dass dieser Schritt schlecht sein könnte. Es war also mitunter auch eine Bauchentscheidung.

Es ist ja auch schön, wenn es überhaupt noch solche Labels gibt, die noch Leute unter Vertrag nehmen, die nicht gerade auf der Modewelle reiten.

Ja, genau. Das war uns auch wichtig, weil so die Entscheidungsrechte über unsere Musik bei uns geblieben sind. Wir würden uns da sehr schwer tun, uns irgendetwas auferlegen zu lassen, um mainstreamtauglicher zu werden. In dieser Hinsicht war das Label dann eine coole Sache für uns.

Ihr seid musikalisch ziemlich eigenständig und ausgeflippt, wenn man das so sagen darf. Wie waren die bisherigen Reaktionen auf “This Boy Is A Crying Shame“?

Ich sag mal, sie waren gemischt. Wenn man jetzt arrogant sprechen würde, könnte man es unterteilen in Leute, die die Musik verstehen und welche, die es nicht tun. Das war uns aber irgendwo klar, da wir Musik machen, die nicht jedermanns Sache ist und bei der man sich nicht zurücklehnen und entspannen kann. Manche Magazine feiern das Album regelrecht ab und da haben wir auch das Gefühl, dass die Leute dort kapiert haben, was wir machen wollten. Und dann gibt es auch Magazine, die sich fragen, was das für ein Bullshit sei – es gäbe keinen geraden Takt, hier einen Wechsel und da noch einen. Es ist halt Musik und das ist einfach eine Geschmacksfrage. Ich habe mir auch vorgenommen, mir keinen großen Kopf mehr darüber zu machen, weil man es sowieso nicht allen recht machen kann.

“Ein Riff ist schnell gemacht, aber die Arrangements sind einfach schwierig.”

Und es bringt im Endeffekt sowieso nichts. Was mir auf “This Boy’s A Crying Shame” gut gefallen hat, war die große musikalische Bandbreite. Es gibt geradlinige Rocknummern, es gibt eine Ballade und dann noch die richtig freakigen Momente wie bei meinem Favoriten “Anger”. Wo sehr ihr eure Einflüsse?

Da siehst du es, genau an dem Punkt scheiden sich die Geister. Wo du “Anger” aufgrund der Einflüsse und Wechselhaftigkeit als deinen Höhepunkt nennst, sagen andere wiederum, es sei schrecklich und klinge nach schmieriger 80er Disco. Im Prinzip war unser Credo jedenfalls, dass wir Musik machen, die uns gefällt. Wenn man bei uns ins CD-Regal sieht, stellt man fest, dass wirklich jeder in der Band von A-Z alles hört. Sofern ich das Gefühl habe, etwas ist mit Herz gemacht oder die Person, die diese Musik macht, steht auch hinter ihr, dann fasziniert mich das. Das finde ich dann interessant, egal ob es Rock, Pop oder was auch immer ist. Es gibt zum Beispiel von PETER GABRIEL – eigentlich ein Pop-Musiker – das Album “Up”. Das ist Musik, die ich sonst nicht höre, aber das Album finde ich einfach nur geil, weil es schlichtweg richtig gute Popmusik ist. Ich fände es schade, wenn wir uns eingrenzen müssten und sagen würden: “Wir machen jetzt Metalcore und nichts anderes.” Das macht die Sache langweilig für uns und ich denke auch für unser Publikum.

Man hat den Eindruck, dass bei euch vier verschiedene Köpfe am Werk sind. Bringt wirklich jedes Bandmitglied eigene Ideen ein?

Also es ist so, dass ich zwar einen Großteil der Ideen anschleppe und teilweise auch ganze Songs fertig schreibe, aber ich nehme das Material immer mit in die Probe und dort schlagen wir uns dann gegenseitig so lange die Köpfe ein, bis ein einigermaßen tauglicher Song dabei herauskommt. Ich wünsche mir sogar, dass eine Band Songs schreibt, die nicht nur aus einer Feder stammen. Das macht es nämlich auch für mich persönlich spannend. Soll heißen, ich sitze zu Hause, hab mein Arrangement und gehe damit in den Proberaum. Dann kommt dort die Idee vom Schlagzeuger, dass man den einen Part ja auf eine bestimmte Weise spielen könnte. Oder er hat bei dem Teil ein eher jazziges Gefühl bzw. der Bassist wirft irgendetwas ein. Das gibt dem Ganzen dann diesen Bandcharakter. Natürlich macht es das für mich als Songschreiber schwieriger, da man zu Hause beim Schreiben auch immer sein Ego bedient und letzten Endes seine Songs wieder ändern muss, wenn man in den Proberaum geht. Das ist logischerweise nicht einfach, aber ich finde, dass es die Songs bisher immer nur besser gemacht hat. Wenn man erstmal von seiner Vision wieder ein Stück zurückgeht und den Bandmitgliedern die Möglichkeit gibt, die Songs zu verändern, dann ist das Endergebnis meistens sehr zufrieden stellend. Das macht es immer nur besser.

Also sind die endgültigen Arrangements der schwierigste Teil?

Ja, das dauert am längsten. Ein Riff oder eine Songidee ist schnell gemacht, aber die Arrangements sind einfach schwierig. Da raucht es manchmal gewaltig, aber bis jetzt konnten wir uns immer einigen. Das ist einfach der Prozess.

“Ich möcht mir genauso die Freiheit nehmen, über persönliche Dinge zu schreiben.”

Die Texte schreibst du ja alle selbst. Dabei verarbeitest du auch viele politische und gesellschaftskritische Themen. Allein der Songtitel “GlobaLies” spricht da schon eine deutliche Sprache. Ist dir wichtig, mit der Musik eine sinnvolle Message zu vermitteln?

Es ist so, dass wir als Band schon zum Ziel haben, die Leute ein bisschen zum Nachdenken anzuregen. Was “GlobaLies” betrifft, ist der Song sozusagen eine Zusammenfassung unserer Einstellung. Viele Firmen und Konzerne, die die ganze Welt umspannen, schmücken sich mit dem Wort “Globalisierung” und tarnen das unter dem Deckmantel, dass die Menschheit zusammenwächst. Im Prinzip bedeutet es aber nur, dass die reichen Industriegesellschaften zusammenwachsen und die Konzerne ungezügelt ihre Marktwirtschaft durchführen können. Die Länder der dritten Welt werden aber immer weiter ausgebeutet und das dreht die Spirale die ganze Zeit nach oben. Ich denke, da sind wir als Menschen gefragt, unseren Arsch hochzukriegen und etwas dagegen zu machen. Wir wollen mit unserer Musik sicherlich auch dazu beitragen, wobei sie nicht nur mit politischen Themen zu tun hat. Da möchte ich mir genauso die Freiheit nehmen, über persönliche Dinge zu schreiben oder einfach mal völligen Bullshit zu texten, wenn ich gerade Lust dazu habe oder der Song es so hergibt. Aber im Prinzip ist die sozialkritische bzw. politische Seite schon ein sehr großer Anteil, was den Themenbereich bei uns angeht.

“Running Off” dreht sich um Selbstmord und vermittelt die Message, dass Suizid eigentlich eine Sackgasse ist. Die Aufmerksamkeit, nach der man gerungen hat, erreicht einen auf diese Weise auch nicht. Meinst du, dass es mitunter einfach die kleinen Dinge sind, die unser Leben lebenswert machen? Nur sehen wir sie viel zu selten.

Genau, jeder kennt die Phasen, wo man sich einfach völlig am Boden zerstört fühlt. Der Song hat einen konkreten Hintergrund und zwar, dass sich ein Kumpel von mir letztes Jahr umgebracht hat. Er hat viele Menschen zurückgelassen, die dadurch stark verletzt und emotional mitgenommen waren. Wenn man den Schaden ansieht, den er hinterlassen hat, dann sehe ich darin ein bisschen eine egoistische Art und Weise, sich der Sache zu entziehen. Vielleicht war es ein Aufmerksamkeitsdefizit. Ich weiß es nicht, was einen Menschen zu so etwas bewegt und ich will es auch gar nicht verurteilen. Ich habe eben einfach nur mitbekommen, was übrig bleibt und das war alles ziemlich übel. Ich glaube, wenn man sich da ein bisschen zusammenreißt oder auch Hilfe von verschiedenen Menschen in Anspruch nimmt, dann gibt es immer eine Möglichkeit.

Den Titeltrack “This Boy Is A Crying Shame” interpretiere ich so, dass ein Kind bzw. Jugendlicher nicht genügend Aufmerksamkeit bekommt und so zu radikaleren Mitteln greift. Vielleicht sogar ein Amoklauf?

blankDas ist im Prinzip genau richtig erfasst. Man hat bei uns in den Medien immer wieder Wind davon bekommen, dass an Schulen Massaker oder Amokläufe passiert sind. In Amerika in Columbine oder bei uns in Erfurt. Neulich hat sich auf einer US-Waffenmesse wieder ein Achtjähriger mit einer Uzi in den Kopf geschossen und im Endeffekt heißt es dann immer, man müsse Musik, Computerspiele und alles Mögliche verbieten. Aber eigentlich sehe ich den Fehler an einer anderen Stelle und zwar da, wo die ganze Situation anfängt. Also warum ein achtjähriges Kind bzw. ein Jugendlicher überhaupt in diese Lage kommt, so verzweifelt zu sein und zu diesen drastischen Mitteln zu greifen. Da muss schon irgendetwas im Elternhaus schief laufen und es muss bei der gesamten Sozialisierung um das Kind herum viel schief laufen. Es muss viel Enttäuschung passieren und dafür ist mitunter auch die Gesellschaft verantwortlich, nicht eine Person oder ein Sündenbock. Ich denke das ist eine allgemeine Angelegenheit. Die Schuld auf eine Sache zu schieben ist ein bisschen zu einfach. Hast du dir eigentlich das CD-Cover genauer angesehen?

“George Orwell und Aldous Huxley waren fpr mich besonders einschlagend und haben ihre Spuren hinterlassen.”

Ja, habe ich und mir ist aufgefallen, dass auf der Rückseite der CD noch einmal das gleiche Motiv abgebildet ist, nur dass dort der Junge und das Gewehr fehlen.

Richtig und das ist der Punkt. Die Eltern sitzen nach wie vor stocksteif da und der Vater sieht dabei auch nicht unbedingt liebevoll aus. Das war meine Intention, das so rüberzubringen. Mit der Kälte, die in diesem Bild herrscht, wollte ich darstellen, wie sich manche Kinder vielleicht fühlen. Das heißt nicht, Verständnis für Amokläufe zu erregen, sondern einfach aufzuzeigen, dass es vielleicht ganz logisch ist, dass mal irgendwann jemand so austickt. Da gibt es zum Beispiel ein Buch von Morton Rhue, dem Autor von “Die Welle”, mit dem Titel “Give A Boy A Gun”. Da geht es nämlich auch um so ein Amok-Dilemma, wo zwei Jugendliche, die in ihrer Schulzeit permanent gehänselt wurden, anfangen, Pläne zu schmieden, wie sie die ganze Schule abknallen können. Dieses Buch hat mich auch hauptsächlich zu diesem Song inspiriert.

Klingt wirklich interessant und werde ich mir bei Gelegenheit mal besorgen. Wo wir gerade bei Büchern sind, bei “Midgets” findet man im Refrain einen Verweis auf Aldous Huxleys “Brave New World”. Da heißt es nämlich: “[…] and place themselves above you by giving you the soma.” Auch bei “Dead End” wird spezielles Vokabular des Romans verwendet (“breaking down the epsilon-riot”). Ist Literatur allgemein eine große Inspirationsquelle für dich?

Haha, sehr gut! Das ist sie auf jeden Fall. Vor allem George Orwell und Aldous Huxley waren für mich in dieser Hinsicht besonders einschlagend und haben ihre Spuren hinterlassen. Die Werke haben mich auch nicht mehr losgelassen. Wenn du durch die Welt gehst und dir deine Umwelt anschaust, dann sind die Systeme, die sie in ihren Büchern beschreiben, alltäglich immer irgendwo zu entdecken. Das freut mich wirklich, dass jemand diese kleinen Randnotizen oder Hinweise entdeckt.

Gibt es noch weitere Autoren, die du besonders schätzt?

Sehr gerne mag ich außerdem E.T.A. Hoffmann. Nicht, weil er ein besonders kritischer Autor ist, sondern weil er ein totaler Freak ist. Er ist zwar auch ein wenig verpönt, da er oft als Schullektüre gelesen wird, aber man muss sich nur mal “Der goldene Topf” oder solche Geschichten durchlesen. Hoffmann macht manchmal richtigen Gehirnfasching. Mir gefällt es einfach, wenn jemand so verrückte Geschichten schreiben und einen trotzdem in seinen Bann ziehen kann. Außerdem mag ich Emil Zola, der zum Beispiel “Die Bestie im Menschen” geschrieben hat. Ansonsten lese ich zurzeit “Parecon” von Michael Albert, wo es um ein visionäres neues Wirtschaftsmodell geht, welches nicht auf Ausbeutung basiert, sondern darauf abzielt, dass jeder einigermaßen leben kann.

“SCHANDMAULs Anna ist einfach ein Geigen-Vollprofi”

Bei “Midgets” hat auch der Thomas (Lindner, Sänger – Anm. d. Verf.) von SCHANDMAUL einen kleinen, aber eigentlich witzigen Gastauftritt.

Oh ja (lacht). Der Andi (Dj Leeyjie, Gitarrist – Anm. d. Verf.) und ich saßen eben beim Thomas im Proberaum und haben Gesang aufgenommen. Ich war dann mit dem Song eigentlich ziemlich durch und als wir uns dann unterhielten, habe ich einfach zu Thomas gesagt, dass er noch gar kein Feature gemacht habe. Der Andi meinte, er könne ja hinten noch einen Mönchsindianer draufraunen, woraufhin Thomas sofort zustimmte und gleich in die Gesangskabine gegangen ist. Das ist auch für mich ein gutes Beispiel, wie cool diese Leute sind, sich spontan auf so etwas einzulassen. Das hat mich ziemlich gefreut. Ich weiß gar nicht, wie viele Takes wir davon aufgenommen haben. Im Endeffekt haben wir einfach nur dieses “Ho!” am Ende eingefügt. Es ist im Prinzip nur ein Gag, aber es war für uns in dem Moment einfach spaßig, den Thomas noch mit auf die Platte zu nehmen.

Seine Bandkollegin, die Anna (Kränzlein, SCHANDMAUL – Anm. d. Verf.), ist mit ihrer Geige sogar bei gleich zwei Songs(“Cold Comfort”, “Endurance” – Anm. d. Verf.) zu hören.

Das war schon alles ein wenig konkreter. Das war deutlich mehr Arbeit und ist nicht einfach so schnell eingespielt worden. Da habe ich die Melodien zum Teil schon selbst vorgefertigt. Daraufhin habe ich die Anna angerufen und sie darum gebeten, den Streicherpart bei der Ballade zu übernehmen, weil das einfach perfekt zum Song passen würde. So kam das dann zustande. Als wir beim Aufnehmen saßen, hatte ich eigentlich nur meine ursprüngliche Melodie im Kopf, die ich ihr auch vorgesummt habe. Sie hat das Ganze dann eingespielt und zusätzlich noch orchestriert. Überhaupt hat sie jede Menge cooles Zeug dazu beigetragen. Sie ist einfach Geigenvollprofi. Das hat mich richtig umgehauen, da wir den ganzen Tag den Song eingespielt haben und am Ende hätte ich mir das Resultat gar nicht besser vorstellen können.

Das hat sich auch auf jeden Fall gelohnt. Auf eurer Homepage habe ich gelesen, dass ihr einen neuen Gitarristen in euren Reihen habt und zwar den “He-Man der Gitarrenriffs”.

blankJa, der Marcello (lacht). Unser vorheriger Gitarrist ist zum Studieren nach England gegangen, was das Ganze dann eben schwierig gemacht hatte, zumal man dieses ständige Ackern für die Band einfach mögen muss. Wenn du nicht gerade zu den zehn Prozent gehörst, die unglaublich viel Geld verdienen, dann musst du dich immer motivieren und schauen, dass du am Ball bleibst. Für ihn war es auch wichtig, eine Absicherung im Leben zu haben und deshalb kam die Entscheidung. Wir wollten das eigentlich alle nicht, aber da kann man halt nichts machen. Ich muss ehrlich sagen, wir hatten schon Schiss, ob wir diesen Posten überhaupt neu besetzen können, da der Andi ein ziemlich virtuoser Gitarrist war. Wir haben dann ziemlich viele zermürbende Castings gemacht. Letztendlich waren dort ein bis zwei Perlen von Gitarristen dabei und im Endeffekt ist es dann der Marcel geworden.

Ich war bestimmt nicht der einzige, der über Marcels grandioses Porträtbild gelacht hat.

(lacht) Ja, da bekommen wir wirklich öfters E-Mails, in denen wir gefragt werden, ob er wirklich so aussieht.

Aber das spricht wiederum für euch, dass bei euch auch der Spaß mit im Vordergrund steht.

Wie gesagt, ich würde mich nicht wohl fühlen, wenn ich mich in der Öffentlichkeit andauernd als böser Typ präsentieren müsste, nur weil ich teilweise Metal spiele und fiese Parts in der Musik habe.

“Die Tendenz des bisherigen Materials zeigt schon in eine Rock’n’rolligere Richtung.”

Habt ihr mit dem Marcel eigentlich schon neues Material geschrieben?

Wir sind gerade mitten in der Kreativphase. Wir haben gerade vier bis fünf neue Songs am Start, die aber allesamt noch ausproduziert werden müssen. Im Moment bin ich nämlich auch noch mit meiner anderen Band TANERTILL in der Vorproduktion, mit der ich gerade an einem ersten Album arbeite, das hoffentlich irgendwann 2009 erscheinen wird.

Klingt nach einem Zweimannprojekt.

Nein, das ist schon eine Vierercombo in klassischer Rockbesetzung. Angefangen hat das Ganze mit mir und Erdim Engin am Schlagzeug, der auch der Tontechniker von LOONATARAXIS ist. Wir haben schon öfters miteinander gejammt und haben gemerkt, dass bei uns einfach eine bestimmte Energie da ist. Daraufhin haben wir uns noch einen Gitarristen und einen Bassisten dazugeholt und ein paar ganz coole Songs geschrieben. Nur muss das alles auch erst noch ausproduziert werden, was etwas länger dauert, da wir alles alleine machen. Mit LOONATARAXIS sind wir derzeit auch noch damit beschäftigt, das Material einzuüben, weil ein Besetzungswechsel ja auch bedeutet, dass man sich erst einmal miteinander einspielen muss, um wieder ein Team zu sein. Das ist ein Prozess, der ein bisschen Zeit beansprucht. Ich hoffe aber, dass wir das recht schnell hinbekommen. Den ersten Gig hatten wir ja schon als Vorgruppe von PAUL GILBERT und das war ziemlich cool. Ich denke Anfang des nächsten Jahres werden wir dann wieder öfters unterwegs sein.

Kannst du schon was zum neuen Material sagen? Geht es in eine leicht andere Richtung? Ein neuer Gitarrist macht vielleicht doch einen Unterschied im Gesamtsound.

Er hat auf jeden Fall seinen Einfluss. Ich glaube nicht, dass es wahnsinnig anders sein wird, aber die Tendenz des bisherigen Materials zeigt schon in eine Rock’n’rolligere Richtung. Zumindest ein bisschen.

Und Entwicklung ist ja bekanntlich nie schlecht.

Genau, mal schauen, was passiert. Vielleicht wird es Progressive-Rock’n’roll, man weiß es nicht. Es wird auf jeden Fall wieder anders klingen, das ist logisch und fester Bestandteil bei uns. Aber rhythmische Spielereien gehören bei uns einfach dazu, genauso wie mit verschiedenen Stimmen eine bestimmte Atmosphäre zu zaubern. Das wird auch in Zukunft der Fall sein.

Zum Abschluss bleibt dann nur noch ein kurzer Ausblick. Ihr habt ein Label im Rücken und ein neues Album am Start. Wie geht es jetzt mit euch weiter? Ist eine Tour geplant bzw. wo kann man euch in nächster Zeit sehen?

Wir haben vom Label zwar noch die Momo dazu bekommen, die für uns Booking-Angelegenheiten regelt, aber dennoch sind wir selbst auch noch am Booking beteiligt. Wir haben uns vorgenommen, nächstes Jahr 40 Konzerte zu spielen. Zunächst sind wir aber erstmal am 11. November in Stuttgart im Vorprogramm von DIE APOKALYPTISCHEN REITER zu sehen. Das Ziel der Band ist es, weiter Gas zu geben, weiter coole Musik zu machen und natürlich sicherzustellen, dass wir nicht aufhören müssen. Das soll heißen, dass wir das Niveau halten können. Es steckt nämlich viel Arbeit und Energie in dieser Band, weshalb wir uns Mühe geben müssen, möglichst viele Fans für uns zu gewinnen. Irgendwann steht dann die nächste Veröffentlichung an, wobei ich die, ins Blaue gesagt, auf 2010 datieren würde. Realistisch geschätzt schaffen wir das vorher nicht, vor allem weil wir nächstes Jahr viel unterwegs sein wollen. Aber es wird von uns immer irgendwie etwas zu hören geben und seien es bloß einzelne Songs, die wir veröffentlichen. Man wird schon was hören.

WordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner