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DARK FORTRESS: Der Blick aus dem Spiegel

Ich weiß nicht, wie es Morean, dem neuen Sänger der Black Metaller DARK FORTRESS ging, aber für mich war es das Tollste, endlich ein Interview in meiner Muttersprache, bayerisch, führen zu können. Davon abgesehen haben die Landshuter nach einem einschneidenden Sängerwechsel mit "Eidolon" das beste Album ihrer Karriere in der Tasche und lassen den Ruf als Newcomer nun endgültig hinter sich. Morean äußerste sich in einer knappen Stunde ausgiebig über seine neue Aufgabe, hatte Mitleid mit dem Bandchef und schwelgt in Jugenderinnerungen.

Ich weiß nicht, wie es Morean, dem neuen Sänger der Black Metaller DARK FORTRESS ging, aber für mich war es das Tollste, endlich ein Interview in meiner Muttersprache, Bayerisch, führen zu können. Davon abgesehen haben die Landshuter nach einem einschneidenden Sängerwechsel mit Eidolon das beste Album ihrer Karriere in der Tasche und lassen den Ruf als Newcomer nun endgültig hinter sich. Morean äußerste sich in einer knappen Stunde ausgiebig über seine neue Aufgabe, hatte Mitleid mit dem Bandchef und schwelgt in Jugenderinnerungen.

Hallo nach Landshut, eine nicht wirklich Black Metal-kompatible Stadt.

Es gibt erstaunlicherweise wahnsinnig viele Bands hier. Dafür, dass Landshut so klein ist, ist die Szene sehr aktiv. Hier kommt man nur nicht weiter, man versandet. Wenn man wirklich was bewegen will, dann muss man hier raus.

Im Gegensatz zu euch.

Ja, das grenzt auch an ein Wunder (lacht). Das gibt es nicht oft. Die Leute waren immer zu faul zum Proben und nichts ging vorwärts. Irgendwann kam dann die junge Generation, Leute wie V. Santura (Gitarrist – Anm. d. Verf.) und Seraph (Drummer – Anm. d. Verf). Wirklich gute, talentierte Musiker, die sich reinhängen und etwas bewegen wollen. Das größte Problem war immer, dass es zu wenig Leute für extreme Musik gab, weil es eben zu viel fordert.

Für DARK FORTRESS bist du kein Unbekannter. Du hast auf Séance einige Arrangements übernommen und hast mit mehreren Musikern von DARK FORTRESS schon bei NONEUCLID zusammengearbeitet. War es der logische Schritt, nach dem Abgang von Azatoth dich aufzunehmen?

Ich war immer eher im Death und Thrash Metal beheimatet, auch wenn ich Black Metal und natürlich auch DARK FORTRESS stets mochte und für gut befand. Ich kenne V. Santura schon einige Zeit, seit ungefähr 18 Jahren, also seit er ein Kind war. Auch mit Seraph bin ich seit knapp acht Jahren befreundet. In Landshut sind die Wege kurz, irgendwie kennt man sich ja immer. Ich habe selbstverständlich mitbekommen, dass die Band und Azatoth getrennte Wege gehen. Ich sagte, ich könne es gerne versuchen. Die Jungs warteten, was sonst noch an Bewerbungen kam, aber entweder waren die Leute nicht gut genug oder kamen irgendwo aus Südamerika, sprich unrealistisch. Wir haben es dann versucht und es harmonierte sofort zwischen uns.

Du wohnst mittlerweile in Rotterdam. Im Zeitalter von PC und Internet geht die Zusammenarbeit trotz der räumlichen Distanz bestimmt gut.

Ja, auf jeden Fall. Seraph wohnt mittlerweile auch in Rotterdam und studiert an der selben Schule, an der ich auch tätig war. Wir proben daher eh immer Blockweise. Mit zwei Holländern in der Band ist das ja auch gar nicht anders möglich. Bei NONEUCLID sind eh fast die gleichen Musiker involviert, daher sind wir diese Arbeitsweise gewohnt. Ich habe eh den Eindruck, als wären Bands, die jede Woche proben mittlerweile eine Seltenheit, weil die Leute, die zusammenspielen wollen nicht in der selben Stadt leben.

Auch als jemand der nicht in der Black Metal-Szene beheimatet ist, finde ich Eidolon absolut großartig. Bevor du eingestiegen bist, war es schon fertig, richtig?

Genau. Ich habe das Album instrumental in die Hand gedrückt bekommen, musste mir Gesangslinien und Texte ausdenken. Es musste alles sehr schnell gehen, die Platte war ja bis auf die Vocals fast fertig. Ich musste also sofort unter Hochdruck arbeiten, aber das kann ich eigentlich sehr gut. Die Arbeit hat auf jeden Fall Spaß gemacht.

Azatoth hat seine bereits fertigen Texte mitgenommen. Wollte er nicht, dass jemand anders seine Texte wiedergibt oder gab es böses Blut zwischen den Parteien?

Das weiß ich nicht. Ich empfand es allerdings sogar als eine sinnvolle Entscheidung, dass er die Texte mitgenommen hat. Ich hätte mich nicht wohl gefühlt, wenn ich mich als Protagonist in das Textkonzept eines völlig anderen Menschen einarbeiten hätte müssen. Mir war es viel lieber, selbst zu texten, da gibt es ganz andere Möglichkeiten des Ausdrucks. Ein sauberer Start, das war für mich wichtig.

Dark
Black Metal ist eine sehr konformistische Szene, die Individualismus predigt, deren Anhänger sich aber nur selten so verhalten. Morean (mitte, hinten) hingegen ist Harcore-Individualist.

Hattest du schon vorher Black Metal-Erfahrung?

Nicht direkt mit einer Band. V. Santura, Seraph und ich spielen jedes Jahr vor Weihnachten in Landshut ein Anti-Weihnachtskonzert, da knüppeln wir immer kräftig rum und spielen Sachen von EMPEROR, BATHORY, MORBID ANGEL, CARCASS und so weiter. Die heftigen Vocals blieben immer an mir hängen, daher hatte ich schon ein wenig Erfahrung. Nur zu singen ist jedoch etwas völlig Neues für mich, normalerweise spiele ich immer Gitarre dazu.

Dafür finde ich deine Stimme recht ausgereift. Mich erinnert sie immer ein wenig an Attila von MAYHEM.

Dankeschön.

Was ich aber richtig krass finde ist der kellertiefe Gesang in Cohorror und Antiversum. Wie kriegst du den hin? Arbeitet ihr da mit Hall?

Nein, das ist eine Gesangstechnik, die aus Tibet kommt. Die Mönche dort singen dort den ganzen Tag ihr Om und mit dieser Technik kannst du deine Stimme eine Oktave oder sogar noch tiefer nach unten verlagern. Diese Technik habe ich vor einiger Zeit gelernt und dabei festgestellt, dass es ähnlich funktioniert wie Death-Growls, nur kontrollierter. Im Death Metal gibt es im Endeffekt nur tiefen Lärm zu hören, während diese tibetanische Technik eine klar umrissene Tonhöhe hat. Ich fand den Klang schon immer großartig und denke es passt gut zu Black Metal. Meine Bandkollegen stehen da auch drauf und wussten, dass ich das auch kann, also war diese Technik bei den Gesangsaufnahmen äußerst willkommen. Sie sagten sogar, ich solle so viel wie möglich in dieser Art beisteuern. Das wird mit Sicherheit auch in Zukunft oft benutzt werden.

Das ist super! Generell hast du das Album im Vorfeld noch nicht mit bestehenden Gesangslinien gehört, sondern konntest dich frei entfalten?

Ich habe Demos erhalten, auf denen V. Santura teilweise klar angedeutet hat, wie seine Vorstellungen für die Gesangslinien und Rhythmen sind. Zu 2/3 war jedoch noch nicht klar, an welche Stelle welcher Gesang kommt. Diese Arbeit war eine Kombination, aus meinen und ihren Vorstellungen, und war sehr intensiv, lief aber locker ab, weil wir uns ja schon länger kennen und schon viel miteinander gearbeitet haben.

Wenn du sagst, V. Santura hat dir die Demos mit Vorschlägen geschickt, gehe ich davon aus, dass er das kreative Zepter in der Hand hält.

Ja, durchaus. Dennoch schreibt natürlich auch Asvargr als Gitarrist und mittlerweile einzig verbliebenes Gründungsmitglied auf jedem Album Songs. Er kommt auch immer mit den Hits daher. Aber V. Santura hat ansonsten wirklich die Zügel in der Hand, er schreibt nicht nur die meiste Musik, sondern macht auch die meiste andere Arbeit. Er ist nicht nur Chef, sondern auch Chefsklave der Band, worum ich ihn nicht beneide. (lacht)

Allein die ganzen Aufnahmen und so weiter.

Ja, das ist irre. Er sitzt monatelang da und hört jeden einzelnen Take, egal ob gut oder schlecht. Er hat eine wirklich übermenschliche Geduld bei solchen Dingen. Ich würde völlig durchdrehen, wenn mir jemand drei Tage lang ins Ohr brüllt. Er ist wirklich ein sehr ausgereifter Tontechniker, der mit großem Perfektionismus so lange da sitzt, bis alles passt. Das ist sehr gutes Arbeiten, die Atmosphäre ist angenehm und man weiß, er holt auch das Letzte aus dir raus. Für mich war das sehr wichtig, vor allem, weil es eine neue Situation für mich war. Aber letztlich lief alles problemlos ab.

Du sagst Asvargr schreibt die Hits – ist er auch für Edge of Night verantwortlich? Das erinnert mich nämlich ziemlich an Fuel for Hatred von SATYRICON und ich dachte mir beim ersten hören: Da hat sie die Rocksau gepackt.

Ja, das habe ich schon öfter gehört. (lacht)

Den Vergleich könnt ihr wahrscheinlich auch schon nicht mehr hören.

Ich muss ehrlich zugeben, dass ich nie wirklich von SATYRICON beeinflusst war, deshalb kann ich das nicht so einfach beantworten. V. Santura ist allerdings unter anderem von dieser Band schwer inspiriert.

Jetzt muss ich ganz neugierig fragen: Was hat dich in Sachen Black Metal beeinflusst?

Das waren in erster Linie BATHORY Ende der 80er, vor allem Under the Sign of the Black Mark war ein Heiligtum für mich. Ich habe sie nach der Schule stundenlang gehört, weil mich damals alles derart ankotzte. Danach kamen EMPEROR, die nach wie vor die Meister des Genres sind. Ansonsten habe ich CRADLE OF FILTH und DIMMU BORGIR recht lange gehört, bis sie mir irgendwann auf den Sack gingen. Sachen wie DARKTHRONE mag ich auch, ich bin also auch in dieser Musik sehr offen. Was ich nicht ausstehen kann, ist Plastikgeklimper oder wenn es wie Kinderlieder klingt, wenn der Verzerrer aus ist (lacht). Das ist bei DARK FORTRESS nie so. Es wird immer als Melodic Black Metal beschrieben, aber es ist nie tonal, es gibt nie die gleichen langweiligen drei Mollakkorde. Von der Harmonik her passiert viel mehr, das hat mich auch immer an dieser Band angesprochen. Ein wenig Death Metal-mäßig ist das.

Dark
Chef und Chefsklave der Band: V. Santura (mitte)

Das ist auch etwas, das mich fasziniert. DARK FORTRESS ist außerdem auch eine der einzigen Bands, die erhabenen Black Metal spielen, der nicht in die Kommerz-Ecke gedrängt wird. Trotz Keyboards und Hits. An was glaubst du, könnte das liegen?

Ich glaube das liegt an der Hingabe, mit der die Protagonisten ihre Musik machen. Es wird nie auf irgendeine Zielgruppe geschielt, oder kommerziellen Erfolg. Natürlich wollen wir, dass die Musik dem Zielpublikum gefällt, aber in erster Linie machen wir DARK FORTRESS weil wir diese böse Musik eben mögen. Hätte diese Band keinen Erfolg würde sie mit Sicherheit ähnlich klingen. Es werden keine Zugeständnisse gemacht. So wie es im dunklen Abgrund der Seele fermentiert ist, kommt es auch aufs Griffbrett.

Eine Band mit eurem Status muss aber bestimmt viel opfern.

Das ist Wahnsinn. Vor allem für den Bandchef. Ich hänge natürlich auch dick drin, aber das ist nichts im Vergleich zu V. Santura. Der macht den ganzen Tag nichts anderes, ohne sich davon aber ernähren zu können. Hier sind wir wieder bei der Leidenschaft, ob du willst oder nicht, es schluckt dich einfach komplett. Und wenn man nicht will, dann kommt man eben nicht weiter.

Ihr macht nicht viel anders wie NAGLFAR oder SATYRICON, klingt aber dennoch eigenständig und irgendwie auch eigenbrötlerisch.

Auf DARK FORTRESS-Alben kann man immer ins Detail gehen. Es gibt immer mehrere Schichten und es passiert mehr, als man im ersten Moment wahrnimmt. Daher kann oder muss man sich die Alben öfter anhören, damit man die Tiefe, die durchaus drinsteckt, heraushören kann. Gleichzeitig gibt es auf jeder Platte ein paar Nummern, die eingängig sind und sogleich hängen bleiben. Es ist ein sensibler Balanceakt und V. Santura hat diesen gut im Griff. Daraus entsteht die Tatsache, dass wir nicht als Frickelband dastehen, aber dass die Musik interessant bleibt. Dazu kommt auch, dass die Band eindeutig eine Black Metal-Band ist, ungeachtet der Ausrichtung des jeweiligen Albums. Egal in welche Richtung DARK FORTRESS in Zukunft gehen wird, die Grundlage ist immer Black Metal. Etwas anderes steht nicht zur Debatte.

Kommen wir nun ein wenig auf das Textkonzept zu sprechen. Die Lyrics liegen mir nicht vor, aber ich habe auf der von Century Media eingerichteten Minisite die kurzen Videos mit den Erklärungen zu den Texten angesehen. Harter Tobak über die Überwindung der Menschlichen Existenz und dem Streben nach Größerem. Ich denke da braucht man einige Zeit um sich hineinzulesen und das zu verstehen.

(lacht) Es kam so aus mir raus. Das ganze war eine absolute Bauchgeschichte, sehr intim und persönlich. Etwas, das sich in den finstersten Ecken meines Geistes abspielt. Dass ein Außenstehender hier nicht sofort durchsteigt war mir klar. Ich mag aber keine plakativen Phrasen. Entweder kann man diese Themen auf originelle Art und Weise verpacken, oder man kann sich auf Plattitüden berufen. DARK FORTRESS hatten schon immer den Ruf, dass sie sich Mühe mit den Texten geben und nicht die gleichen drei Wörter ständig breit treten. Das spricht mir sehr aus dem Herzen, denn ich lese sehr gerne und viel und habe mich auch viel mit dieser okkulten Mystik und ähnlichen beschäftigt und habe diesbezüglich auch einiges zu sagen. Es ist mehr als: Hey, wir brauchen hier böse Worte, weil es ist Black Metal. Ich habe den Anspruch etwas zu sagen. Wer sich ebenfalls mit diesem Thema beschäftigt und eventuell sogar auskennt, wird hoffentlich etwas Neues, was er noch nicht in dieser Form gelesen hat entdecken, damit das ganze auch inhaltlich interessant bleibt.

Zugegebenermaßen bin ich in dieser Ecke nicht so belesen. Aber wie du die Texte in den Videos erklärt hat, erkenne ich einen deutlichen Hang zur Misanthropie. Ich sehe das aus einem anderen Blickwinkel: Der Mensch ist eindeutig nichts. Das ganze Universum auch, aber dafür umso größer. Und wir sind einfach nur ein dummer Zufall der Natur, der den Planeten kaputt machen wird. Auf andere Art und Weise spiegelt das Konzept meine atheistischen, vielleicht ein wenig zynischen Gedanken ebenso wieder.

Ich bin mehr als ein Beobachter, ich habe auch schon einiges aktiv kennen gelernt. Den Aspekt der Misanthropie finde ich beim Black Metal essentiell. Das ist eine Art Ausgangspunkt. So auch bei dieser Platte. Die emotionale Grundlage des stattfindendes Rituals ist, dass man angewidert ist von der menschlichen Existenz. Dass man weiter gehen möchte, mehr werden will, als das Stück Scheiße, das man eigentlich ist. Ich gebe dir recht: Die Bedeutungslosigkeit des Menschen ist unendlich (lacht). Es gibt verschiedene Ansätze, wie man diese menschlichen Beschränkungen von sich abstreifen kann. Bei mir war das stets eine mehr innere als äußere Suche, weil man sich in der Außenwelt schwer tut. Alle Menschen sind ja zunächst der gleiche Scheiß. Natürlich gibt es sowohl höher als auch niedrig entwickelte Leute, das allerdings macht grundsätzlichen keinen besser als irgendjemand anderen.

Das Ganze ist irgendwo Fiktion, das heißt es wird hier eine alternative Wirklichkeit beschrieben, die hoffentlich den einen oder anderen ansprechen mag. Ich wollte vermeiden dass es hier um Themen geht, wie sonst hauptsächlich in dieser Musikrichtung. Hey Satan, du bist so super, hey Satan du bist der Beste. Mach alles platt, Satan, Satan, Satan. Und so weiter. Ich versuche mich nicht deshalb anders auszudrücken, weil ich damit ein Problem habe. Sehr wohl habe ich aber ein Problem mit Klischees. Ich bin ein Hardcore-Individualist und ich finde, dass jedes Individuum die Möglichkeit haben sollte, sich auf ganz eigene Art und Weise auszudrücken. Daher war ich noch nie jemand, der mit dem Strom schwimmt, was es im Black Metal ja eigentlich sehr oft gibt. Das ist eine sehr konformistische Szene, die Individualismus predigt, deren Anhänger sich aber nur selten so verhalten. Mir war von vornherein klar, wenn ich die Möglichkeit erhalte, etwas zu sagen, dann muss es meine eigene Geschichte sein. Ich habe mein ganzes Leben lang meinen eigenen Weg gesucht, da werde ich mich jetzt nicht unterwerfen und irgendwas nachplappern. Gerade weil es in dieser Mystik sehr viel zu sagen gibt, das ist ein hochinteressantes Thema mit sehr vielen Dimensionen und Aspekten. Ich würde mir wünschen, dass Bands, die eine sehr intensive Atmosphäre haben, auch mit der Thematik weitergehen würden.

Bei meinem Vorgehen haben mich die anderen Bandmitglieder auch von Anfang an sehr unterstützt, sie fanden meinen Weg sehr gut.

Schön, wenn man bei den Kollegen nicht auf Granit beißt. Was ich auch nicht erwartet habe.

Nein, ich glaube, die waren so froh, dass sie wen hatten, der die Texte schreibt. (lacht) Klar, wenn ich von Blumenwiesen angefangen hätte, wäre es nichts gewesen, aber ich kenne die Leute gut genug, dass ich weiß, dass wir auf einer Frequenz liegen.

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Der Blick aus dem Spiegel – das Artwork von Eidolon.

Das Artwork stellt den Protagonisten dar, der in den Spiegel blickt?

Genau so ist es. Die Idee war, dass der Hörer der Protagonist und die CD der Spiegel ist. Gestaltet hat es eine sehr junge, aber äußerst talentierte Künstlerin namens Anna Tluczykont. Sie macht die irrsten Fotobearbeitungen, die ich jemals gesehen habe. Immer fotorealistisch, aber sehr düster und äußerst verfault. Das hat uns sehr angesprochen. Was sie in kürzester Zeit mit den Fotos und dem Cover gemacht hat, ist äußerst beeindruckend. Century Media haben eine sehr fitte Grafikabteilung, und haben dann das Booklet zur großen Zufriedenheit von uns allen aus Annas Elementen fertig gestellt.

Baphomet ist ja quasi ein Duett, Tom Gabriel Fischer von CELTIC FROST ist als Gastsänger vertreten. Ich fand es sehr witzig, dass das Erste, was man von ihm hört ein Uh ist.

Nein, das war mein Uh (lacht). Ich möchte sagen, das ist eine Wissenschaft – die Wissenschaft des Uh und Tom ist der Meister. Ich war allerdings bei seinen Gesangsaufnahmen gar nicht dabei. Der Plan stand von Anfang an, dass er einen Part übernimmt. Ich habe seine Stelle demomäßig aufgenommen und ihm dann über die restliche Ausführung freie Hand gelassen, was ich auch sehr gelungen fand. Natürlich ist es eine enorme Ehre, eine derartige Legende zumindest virtuell als Duettpartner zu haben.

Das wäre aber wohl nicht realisiert worden, wäre er nicht zufällig ein Bandkollege von V. Santura.

Ich glaube das wäre schwierig geworden. DARK FORTRESS waren allerdings als Vorband von CELTIC FROST ja vor meiner Zeit auf Tour, ich konnte das zumindest vom Publikum aus genießen.

Ein sehr interessantes Stück ist Analepsy – in den Videos hast du erwähnt, dass dies textlich das Zentrum des Albums ist, aber auch musikalisch ist das so. Außenrum sind eher schnelle Stücke, in der Mitte thront dann dieser Song, wie – greifen wir in die Klischeekiste – Satan in der Hölle.

Dieses Stück repräsentiert den Moment, in dem der Protagonist völlig am Boden ist. Das ist natürlich großartig zu singen, hier kann man echt aus den Vollen schöpfen. Das ist auch die Nummer, die bei mir sofort am meisten reingehauen hat. V. Santura hat sich damit auf ein neues Niveau geschraubt. Daher war sofort klar, dass in diesem Song etwas wichtig gesagt werden muss. Lustige Anekdote zu Analepsy: Bruce Dickinson hat das Stück vor ein paar Wochen in seiner BBC-Radioshow gespielt.

Wow, das wäre für mich das absolut Größte. IRON MAIDEN mit Bruce Dickinson haben mich ja damals zum Heavy Metal bekehrt.

Bei mir war es genauso. Dann kamen SLAYER und dann war es vorbei. (lacht)

SLAYER war für die richtig harten Kerle.

Ich war ja damals eigentlich auch noch ein Kind. Aber irgend etwas hat mich schon immer in diese düsteren Sphären gelockt.

Ich glaube das liegt in den Genen.

Mit Sicherheit. Ich war auch dafür prädestiniert. Die düsterste und aggressivste Musik hat mich immer am glücklichsten gemacht. Wenn ich irgendwelche fröhliche Popsachen höre, werde ich aggressiv. Das war schon immer so. Aber für Leute wie uns gibt es eben diese Musik (lacht). Ich bin damit groß geworden, dass die ganze Welt sich über Death und Black Metal aufgeregt hat, unter dem Motto: Das ist doch keine Musik! Aber wenn ich mich heute umhöre und feststelle, was für Scheiße im Radio, in den Charts und auf unsäglichen Skipisten läuft… Das ist echt die größte Grütze, die es irgendwo gibt, keine Black Metal-Band kann jemals so schlecht sein, wie es der Massengeschmack ist.

Dark
Ich hätte mich nicht wohl gefühlt, wenn ich mich als Protagonist in das Textkonzept eines völlig anderen Menschen einarbeiten hätte müssen. Neuzugang Morean krempelte auch freiwillig das komplette Textkonzept um.

Absolut. An deinen Erfahrungen hört man schon, dass du bist ein wenig älter bist, als deine Bandkollegen.

Ja, die sind alle Mitte, Ende 20, ich bin schon jenseits der Ende 20. Dieser Generationswechsel ist übrigens sehr interessant. Ich war früher immer der jüngste und wenn ich in meiner damaligen Thrash Metal-Band zum Schlagzeuger sagte, er solle schneller und mit mehr Double-Bass spielen, gab es immer nur ein Stöhnen. Die heutige Musikergeneration wächst mit ganz anderen Geschwindigkeiten auf. Seraph drischt alles kaputt, es ist unglaublich (lacht). Als ich zum ersten Mal mit ihm gespielt habe, das war ein EMPEROR-Coversong, wusste ich, dass ich mit ihm mehr machen muss. Das war bis dahin er einzige Musiker, der mich jemals gebeten hatte, meinen Amp lauter zu drehen. Es ist auch der einzige Schlagzeuger, der es schafft beim einzählen Sticks abzubrechen. Und bei den NONEUCLID-Aufnahmen im Sommer hat er es geschafft seinen Ride-Ständer durchzuschlagen. Wie das geht? Ich weiß es nicht (lacht). Aber dies spricht Bände, was ihm in den Eiern vibriert. Mittlerweile kann er auch leise spielen, aber ich bevorzuge es, wenn er drischt.

Er ist auch ein sehr sauberer Schlagzeuger. Man hört, dass bei seinen Aufnahmen nichts nachbearbeitet wurde.

Viele Schlagzeuger triggern auch und kriegen das von der Scheibe live nicht hin, aber er setzt sich auf seinen Hocker und knüppelt das durch. Ebenso V. Santura. Wenn ich ihm Vorgaben mache, beschwert er sich, er könne das nicht, und fünf Sekunden später spielt er es ohne mit der Wimper zu zucken. Das Niveau dieser Leute ist echt beachtlich und ich finde es toll, dass ich bei noch einer Band mit diesen Leuten spielen darf.

Aufgetreten bist du mit DARK FORTRESS aber noch nie.

Nein, am Freitag ist unser erstes gemeinsames Konzert als DARK FORTRESS.

Ein Sprung ins kalte Wasser?

Absolut. Wir haben uns natürlich vorbereitet. Aber spannend wird es auf jeden Fall. Bedenken habe ich keine, entweder dem Publikum gefällt es, oder nicht.

Eure erste Headliner-Tour steht an. Seid ihr in der Lage eure Supportbands auszusuchen, oder wurden euch VULTURE INDUSTRIES und HELHEIM zugeteilt?

Uns wurden mehrere Tourmöglichkeiten angeboten und uns erschien dieses Package musikalisch am sinnvollsten. Die Bands sind gut und die Leute alle wahnsinnig nett, das passt schon. Wir waren allerdings überrascht eine Headliner Tour zu fahren, weil wir über die Grenzen hinaus noch nicht allzu bekannt sind, höchstens noch in Holland. Daher hätten wir gehofft bei einer größeren Band als Support mitfahren zu können, aber wichtig war erstmal wieder auf die Straße zu kommen. DARK FORTRESS hat in den letzten zwei Jahren kaum live gespielt, wegen Eidolon, dem Sängerwechsel und so weiter. Wir sind heiß auf die Bühne zu kommen.

Bedenken, dass die Tour floppen könnte habe ich persönlich keine. Euer neues Album ist großartig, die Presse ist gut und mit den Alben zuvor habt ihr entsprechende Vorarbeit geleistet. Den Status als Insider-Tipp habt ihr hinter euch gelassen.

Wir sind da auch sehr froh darüber. Deshalb ist es eben wichtig, dass wir live präsent sind. Ich habe das Gefühl, jetzt können wir durchstarten. Wir werden alles dransetzen, das dieses Mal wahr werden zu lassen. Wir haben eine riesige Plattenfirma, die uns den Rücken stärkt, gute Presse und scheinen im Moment ein heißes Ding zu sein. Wir wären blöd, das nicht zu nutzen.

Bringt ihr euch selbst in Stimmung, wenn ihr geschminkt auf die Bühne steigt?

Ich spreche als jemand, der DARK FORTRESS bisher nur vom Publikum aus erlebt hat. Es sieht geil aus, wenn sich die Band einheitlich präsentiert und das visuell umsetzt, was in der Musik enthalten ist. Das wirkt durchaus. Ich hatte bisher noch nie Corpsepaint, weil ich eher der Death Metaller war, der sich auf die Bühne stellt und ab geht´s. Trotz meiner grundsätzlichen Abneigung gegen Make-Up musste ich mir eingestehen, dass es bei DARK FORTRESS Sinn macht. Solange wir nicht wie Pandabären oder KISS rumlaufen ist das okay. Wir schauen halt nicht aus wie irgendwelche Deppen.

Ihr habt ein Video zu Edge of Night gedreht. Ich weiß, dass es in eurem Umfeld einige Leute gibt, die an der FH Deggendorf Medientechnik studieren. Hatte da wer seine Hand im Spiel?

Nein, den Effektshot hat ein Kumpel von mit gedreht, der fürs Fernsehen arbeitet und mit Animationen sein Geld verdient. Das ganze Video war eine klassische 0 €-Aktion: Kein Geld, keine Zeit, aber ein Video muss schnell her. Also mussten wir auf die Hilfe von Freunden zurückgreifen. Wir wollten irgendwas im Clip haben, wo nicht die Band zu sehen ist. Weil seien wir ehrlich, das finden wir alle langweilig. Wir haben hier trotzdem etwas ansehnliches geschaffen. Da gilt unser Dank natürlich meinem Kumpel Alex für den Shot und Sebastian von Century Media, der mit nix in der Hand, einem Baustrahler und einen Nachmittag Zeit das hingekriegt hat. Es wird auf jeden Fall nicht in der Liste der zehn schlechtesten Black Metal-Videos aller Zeiten auftauchen. Aber vielleicht ergibt sich in Zukunft mehr zu diesem Thema, Ideen haben wir durchaus. Es fehlen nur noch die Möglichkeiten.

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