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FAUN: Totem

Daumen hoch für ein Album, das unter den Anhängern der Band sicherlich nicht nur Freunde finden wird, Fans der stilistisch vergleichbaren Multikulti-Truppe OMNIA dafür aber umso mehr ansprechen dürfte.

In unserem QNTAL-Interview im Oktober des letzten Jahres beklagte Michael Popp einen Verflachungsprozess in der Mittelalterszene – einer Szene, die sich ganz der lärmenden Marktmusik verschrieben hat und Mittelaltermusik als Rock´n´Roll auffasst, einer Szene, in der fast alle dasselbe zu spielen scheinen und deshalb völlig austauschbar sind.

Wenn es eine Band gibt, die er damit nicht gemeint haben kann, dann sind das wohl FAUN. Die Münchener, die im letzten Jahr auch im Vorprogramm von QNTAL auf der Bühne standen, waren schon immer anders: Nicht nur, dass ihr mystischer Pagan Folk, der von vielfältigen Einflüssen weitab von der europäischen Musik des Mittelalters zehrt, so viel filigraner klingt als die primitive Marktmusik, von der die hiesige Mittelalterszene beherrscht wird. Auch die Tatsache, dass FAUN musikalisch nie auf der Stelle standen und immerfort für eine musikalische Überraschung gut waren, ohne die eigene Identität zu verlieren, unterscheidet das Quintett vom Gros der Konkurrenz.

Auch Totem ist das Werk einer Band, die nicht auf der Stelle tritt: Auf ihrem vierten Album klingen FAUN düsterer und ruhiger denn je, aber auch weniger eingängig als man es von bislang von ihnen kannte. Hits wie Unda, Punagra oder Wind & Geige findet man auf Totem nicht. Einzig das von elektronischen Klängen dominierte 2 Falken hat ähnliche Hitqualitäten. Ansonsten aber ist Totem ein Album, das mehr zum genauen Hinhören als zum Tanzen geeignet ist. Lässt man sich darauf ein, so wird es einen mit seiner mystisch anmutenden Klangmixtur verzaubern, die durch die Verwendung allerlei traditioneller Instrumente verschiedener Kulturkreise sowie moderner, elektronisch erzeugter oder verfremdeter Klänge mitunter einen experimentellen Charakter aufweist.

Dass das weibliche Gesangsduo Pawelke/Rüggeberg im Vergleich zu früheren Veröffentlichungen weniger im Vordergrund steht, mag manch einer zwar bedauern. In erster Linie verdient diese Unterordnung unter eine musikalische Vision jedoch Respekt, denn nur so kann etwa ein Stück wie das monotone, hypnotische und tribalartige Rad seine einzigartige, beschwörende Wirkung erzielen. Quasi als Wiedergutmachung endet das Album zudem mit einer von den beiden Sängerinnen a capella vorgetragenen Interpretation des Eichendorff-Gedichts Der stille Grund. Daumen hoch für ein Album, das unter den Anhängern der Band sicherlich nicht nur Freunde finden wird, Fans der stilistisch vergleichbaren Multikulti-Truppe OMNIA dafür aber umso mehr ansprechen dürfte.

Veröffentlichungstermin: 02.03.2007

Spielzeit: 46:05 Min.

Line-Up:
Oliver S. Tyr – Gesang, Schlüsselfiedel, keltische Harfe, Bouzouki, Lauten, Gitarre, versch. Percussioninstrumente
Elisabeth Pawelke – Gesang, Drehleiern
Fiona Rüggeberg – Gesang, Dudelsack, Dombra, Rebab, Oud, Flöten, Chalumeaux, Pommer, versch. Rhythmusinstrumente
Rüdiger Maul – Darabukka, Davul, Bendir, Tamborello, Riq, Berimbao, diverse Percussioninstrumente
Niel Mitra – Computer, Sampler, Synthesizer

Produziert von Oliver S. Tyr und FAUN
Label: Curzweyhl

Homepage: http://www.faune.de

Tracklist:
1. Rad
2. 2 Falken
3. Sieben
4. November
5. Tinta
6. Unicorne
7. Karuna
8. Gaia
9. Zeit nach dem Sturm
10. Der stille Grund

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