SLAYER: Reign In Blood [Special]

Anlässlich der Veröffentlichung 1986 haben wir euch ein paar ganz persönliche Geschichten zu "Reign In Blood" zu einem Review zusammengestellt.

Vor zwanzig Jahren ist Reign In Blood von SLAYER veröffentlicht worden, ein Album das zu Recht als Meilenstein in der Geschichte des Metals gilt und das auch innerhalb des vampster-Teams seine Spuren auf unterschiedliche Weise hinterlassen hat.
Obwohl das Album nicht, wie in einigen Quellen behauptet, am 6.6.86 veröffentlich wurde, finden wir die Idee eines Ehrentages für Reign In Blood so gut, dass wir euch anlässlich der Veröffentlichung 1986 und des National Day Of Slayer ein paar ganz persönliche Geschichten zu Reign In Blood zu einem Review zusammengestellt haben. Here we go…

RachendrachenDrei ständig wiederkehrende Trommelschläge. Heulende Feedback-Orgien. Dann: ein majestätischer zweistimmiger Gitarrenriff, den vermutlich jeder Hobbygitarrist schon einmal nachgestümpert und doch nie wirklich nachgespielt hat, und die ersten gebrüllten Worte brechen sich Bahn: Trapped in purgatory… – im Fegefeuer gefangen – fertig ist das letzte der zehn Kapitel der Apokalypse! Die Gitarren galoppieren scheinbar chaotisch und doch mit tödlicher Präzision über das Schlachtfeld, das das wüste, entfesselte Schlagzeugspiel bereitet hat. Klarer Fall: Gefangene werden hier keine gemacht. Ein derbes Stakkato mit finsterem Gitarrenlauf leitet dann das letzte aller Finale an – kurzes Innehalten, dann brechen mit einem Donnerschlag alle Dämme. Sintflutartige Regenfälle, die sich zunehmend rot färben, prasseln herab auf eine Welt, die dem Verderben geweiht ist. Dauer des Jüngsten Tages: eine knappe halbe Stunde. Jahr des Weltuntergangs: 1986. In der Rolle der vier Reiter der Apokalypse: Tom Araya, Kerry King, Jeff Hannemann und Dave Lombardo. Hoffung? Gibt es keine mehr. Rettung? Pah! Willkommen in den sieben Kreisen der Hölle…
Was war geschehen? Was hat diese vier Kalifornier, die in Interviews oft einen eher unbedarften Eindruck hinterlassen, dazu gebracht, diese unbändige, völlig kompromisslose Wut, diese völlig entfesselte Hyper-Aggression auf die Menschheit loszulassen? Auf diese Fragen wird es wohl nie erschöpfende Antworten geben. Fakt ist, dass SLAYER seither einen ganz besonderen Status besitzen, den ihnen noch in etlichen Jahren keiner wird nehmen können. Was schreien die Leute, wenn ihnen eine Band nicht aggressiv genug ist? Welche Band kann es sich live erlauben, nach jedem einzelnen Song ohne Ansage die Instrumente zu stimmen, und schafft es dennoch, alle Anwesenden zu plätten ohne mit der Wimper zu zucken? Welche Band ist selbst nach einem Vierteljahrhundert und demnächst zehn Alben DAS Synonym für Thrash Metal? Eben. Für all dies mögen Show No Mercy und Hell Awaits den Boden bereitet haben, all dies mag durch die atmosphärisch dichte Finsternis von Seasons In The Abyss und South Of Heaven untermauert worden und von Diabolus In Musica, Divine Intervention und God Hates Us All zumindest nicht zerstört worden sein. Endgültig unsterblich und einzigartig haben sich SLAYER jedoch mit Reign In Blood gemacht, auf dem monolithische Hassbrocken wie Jesus Saves und Necrophobic der Nackenmuskulatur die Grenzen aufzeigen. Klar, Grindcore-Bands spielen noch schneller, aber mal ehrlich – wird´s dadurch auch aggressiver? Nein, SLAYER haben das Maximale an Härte aus dem Metal herausgeholt. Donnernder können Doublebass-Attacken nicht klingen, krasser kann man Gitarrensolos nicht spielen, tödlicher kann kein Gitarrenriff wirken als auf Angel Of Death und Co.! Grund genug, dieses Album nach 20 Jahren mit einem SLAAAYEEERRR!-Urschrei zu feiern.
(Rachendrachen)

ArletteKurz, dreckig, aggressiv, intensiv und genial. Nur fünf Adjektive, die dem zwangsläufig zum Scheitern verurteilten Versuch dienlich sein sollen, die Bedeutung von SLAYERs Meisterwerk Reign in Blood zu beschreiben. Als das kleine Album vor 20 Jahren ursprünglich erschien, ging es an mir vorüber und fand den Weg in meine Tape-Sammlung nicht. Schliesslich war ich zu dieser Zeit auch zu sehr damit beschäftigt, meine Schönschrift zu vervollkommnen, mit Garfield und Asterix meine Lesefähigkeiten zu verbessern und Christopher Lee als Dracula zu meinem ersten Filmschwarm zu machen. Das Thrash-Gespenst Reign in Blood holte mich erst später ein, verfehlte aber auch mit einigen Jahren auf dem Buckel seine Wirkung nicht. Zu feurig die Songs, zu genial schon allein die Gitarrenline von Raining Blood und zu gross die Faszination mit den Fähigkeiten von King, Araya (eine Englischaussprache, die zum Standard erhoben werden müsste), Hanneman und Lombardo. Letzterer war es dann auch, der mir bei einem Konzert den Führerausweis unterschreiben durfte, und so fährt ein stiller Teil von SLAYER stets mit. Der weniger ruhige Teil – das Tape von Reign in Blood – findet noch immer oft den Weg in die Autoanlage. Vor allem im Sommer – denn im Cabrio lassen sich diese 29 Minuten am besten genießen. Und selbst mit 20 Jahren auf dem Buckel erntet man damit noch immer entsetzte Blicke von den Fußgängern an der Ampel (vor allem bei Arayas Urschrei zu Beginn von Angel of Death) und bläst jedem ultrakrassen Metalcore-NuMetal-Kiddie die weiten Hosen von den Hüften. So braucht man nicht mal das Schwert auszupacken.
(Arlette Eiselfe H.D.)

vampiria“Reign in Blood” ist ein Klassiker – und endlich eine Platte, die diese Auszeichnung auch verdient. Auch nach 20 Jahren ist „Reign in Blood“ ungezügelte Wut, Aggression und Kraft. Inspiration für unzählige Bands, unverzichtbarer Bestandteil jedes Soundchecks (irgend ein Musiker dudelt immer was von dieser Platte – und wenn nur der Schlagzeuger seine Bassdrum in einem bestimmten Rhythmus anschlägt) und für mich ein Begleiter seit vielen, vielen Jahren. „Reign in Blood“ mag ich, weil SLAYER mit diesen alten Aufnahmen auch heuet noch viele Bands an die Wand spielen. Die Amis haben nicht nur einen Standard gesetzt – sie verteidigen ihn auch seit 20 Jahren und haben selbst von Zeit zu Zeit Mühe, ihre eigene Messlatte auch nur annähernd zu erreichen
(vampi)

FierceGanz ehrlich: ich konnte die Typen von SLAYER noch nie leiden. Was für ein Haufen von Unsympathen. Und als ich vor kurzer Zeit auch noch das Bekenntnis von Tom Araya zum Christentum lesen musste, hat es mich echt aus den Latschen gekippt…geballtes Ami-Dumpfbacken-Klischee hoch zehn.
Reign in Blood ist dennoch ein Hammeralbum, das mächtig Arsch tritt. Wenn diese Band nur nicht so eklig unsympathisch wär….
(Fierce)

boxhamster„Reign In Blood“ hat mich genau zu der Zeit mit voller Breitseite erwischt, als mir viele Thrash Metal Produktionen zu steril und „sauber“ wurden und mich die Aggressivität und Rohheit amerikanischer Hardcore- und Punkbands in deren Bann zog. Denn genau diese Lücke schlossen – und schließen auch heute noch – SLAYER für mich: Die Individualität, Coolness und Rohheit des Punk und Hardcore gepaart mit der Präzision und Härte des Thrash Metal. Eine perfekte Symbiose.
So war die „Reign In Blood“ viele Jahre lang mein Begleiter. Nachdem ich mir die LP, natürlich war ich damals schon total metallisch korrekt, zum Geburtstag habe schenken lassen, fand sie schnell den Weg auf eine Kassette. So teilte sie mit mir meinen Schulweg, um mir bei voll aufgedrehtem Kassettenrekorder in der Sporttasche den Weg über die „Hörnles-Stäffele“ (tut mir leid, dafür gibt es jetzt keine unschwäbische Übersetzung) erträglicher zu machen, und das Album war natürlich auch einer der ersten Kandidaten, um die Grenzen der Belastbarkeit des Autoradios und der Boxen im ersten Auto ausgiebig auszuloten.
Ja, dieses Album ist etwas ganz besonderes. Für mich persönlich und für zigtausend andere Fans, die von Sound und Atmosphäre des Albums gefangen sind. Für Musiker, die sich an den so lässig runtergezockt klingenden Gitarrenriffs die Zähne ausbeißen. Und vielleicht auch für SLAYER selbst.
(boxhamster)

WOSFrankMusikalisch gibt es zu „Reign in blood“ und SLAYER sicher nicht viel zu sagen, was nicht die Kollegen schon treffend erläutert haben. Meine stärkste Erinnerung an den ersten Kontakt mit „Reign in Blood“ ist eher technischer Natur: ein befreundeter Ami hatte mir die Scheibe aus den USA mitgebracht, und weil zu der Zeit meine Plattenspielernadel verbraucht und die Neue erst bestellt war, hat er sie mir zusätzlich auf Tape aufgenommen.
Ich war stolzer Besitzer eines mega hyper Technics-Tapedecks (läuft immer noch!) mit allerlei Schnickschnack, dbx-Rauschunterdrückung, Dolby B+C und so (ein totaler Fehlkauf, hat sich nichts am Markt durchgesetzt ausser Dolby B). Dazu hat das Teil als Pegelanzeige nicht die damals üblichen Zeiger oder die sich durchsetzenden Leuchtstriche, sondern eine Glasfaseranzeige, die wirklich cool und absolut präzise war, sah echt stark aus, wenn die hin- und her tanzte.
Ok, „Reign in Blood“-Tape reingehaun, platt von dem, was ich da vorgebraten bekam, und… total irritiert von jener Pegelanzeige! Vom ersten Ton bis zum Ende des Tapes stand der Pegel still, permanent festgenagelt am Ende des Ausschlagsfeldes! Überzeugt von einem Defekt, legte ich zum Test ein anderes Tape ein, alles ok. Wieder die „Reign in Blood“ reingelegt, und der Pegel war wieder auf 100, es war fast zu erwarten, dass er bald aus dem Gehäuse rausschlägt und sich ins Universum ergießt. Jedes noch so kleine Soundloch war zugebraten, die wenigen Momente, die einen Break zuließen, wurde von Dave Lombardo gnadenlos zugehämmert. Nur die wenigen Pausen zwischen den Tracks war Leere, ansonsten hatten es sich SLAYER mit „Reign in Blood“ eindeutig zum Ziel gesetzt, mein Tapedeck zu vernichten! So was hab ich seither nie wieder erlebt und es hat sich bei mir eingebrannt wie der Pegel am Endpunkt. Wenn ich heute an „Reign in Blood“ denke, denke ich an dieses Tapedeck, und wenn ich heute mit dem Tapedeck arbeite, denke ich unweigerlich an die prägende erste Begegnung mit „Reign in Blood“. SLAYER ließen mich die gnadenlose Härte dieser Scheibe nicht nur hören, sie ließen sie mich auch sehen! Allein deshalb bleibt sie bei mir immer eine Jahrhundert-Platte! (WOSFrank)

Veröffentlichungstermin: 1986

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