blank

HAGALAZ RUNEDANCE: Spiritualität in Tönen

Andrea Haugen, der schöpferische Geist hinter HAGALAZ RUNEDANCE, über Musik und mehr. Sehr viel mehr…

Nein, HAGALAZ RUNEDANCE ist sicher kein Metal. Und doch erfreut sich das aktuelle Album `Volven` einiger Beliebtheit in der harten Szene. Kein Wunder eigentlich, ist atmosphärische Dichte doch selbst unter den Härtesten der Harten, sprich der Black Metal-Szene, kein Fremdwort mehr, wie Bands wie EMPYRIUM oder …IN THE WOODS zur Genüge bewiesen haben. Und da HAGALAZ RUNEDANCE für ein normales Publikum schlicht zu intensiv klingt, hat die Folklore-getränkte Musik, die sich inhaltlich mit nordischer Mythologie und heidnischen Traditionen auseinandersetzt, ihre Heimat in den dunklen Gefilden zeitgenössischer populärer Musik gefunden. Der Mensch hinter dem Namen: Andrea Haugen, geboren in Deutschland und später nach England ausgewandert. Heute lebt sie in Norwegen, bekennt sich zur Asatru-Religion, die die nordisch-heidnische Kultur wieder entdeckt hat, und ist nicht nur als Musikerin sondern auch als Autoren tätig.

Andrea, kannst Du einen kurzen Abriss über die Geschichte von HAGALAZ RUNEDANCE geben?

Hmmm, wo soll ich anfangen? HAGALAZ RUNEDANCE kam so vor ungefähr fünf Jahren ins Leben. Ich hatte zuvor eine Band namens AGHAST. Das war einfach nur ein Musikprojekt, an dem ich mit jemand anderem gearbeitet habe. Da ich aber selber eher an der nordischen Mythologie und an dem nordischen Geist und Spiritismus sehr interessiert bin, wollte ich mehr und mehr etwas Eigenes machen. Ich hatte schon unter dem Namen HORDE OF HAGALAZ geschrieben habe und ein paar Hefte herausgebracht und wollte in der gleichen Richtung Musik machen, damit das Ganze eine Einheit wird. Da hat sich dann der Name geändert und ich habe eben Musik gemacht, allerdings eher im heidnischen Geist, es war also mehr Folk-inspirierte Musik. HAGALAZ RUNEDANCE ist also eine Einheit, in der ich mich persönlich ausdrücke, sowohl schriftlich als auch musikalisch.

Dein Wissen wirkt recht profund. Aber ich vermute, Du bist hier, im deutschen beziehungsweise westeuropäischen Kulturkreis, nicht eben damit aufgewachsen…

Nein, ganz sicher nicht. Ich würde aber im Nachhinein sagen, daß alles irgendwie schon da war. Ich war als Kind nicht gerade wie all die anderen Kinder. Ich habe auch schon im Kindergarten immer philosophiert und meine Traumwelt aus Folklore, Indianern, Mittelalter und Legenden geschaffen. Das war meine eigene Welt, zu der ich mich hingezogen fühlte, das war schon da und blieb auch immer da. Aber erst später, als Erwachsene, habe ich gewußt, was ich damit anfangen kann und wo mein Interesse hinführt, je mehr ich dann darüber gelesen habe wurde das klarer. Ich habe natürlich auch im Jugendalter angefangen, mich mit Magie zu beschäftigen und habe dann an meiner Selbst gearbeitet. Irgendwie habe ich dann gedacht, das ist ja nicht nur Phantasie, das gab es alles schon mal und das waren große Inspirationen für die Menschen der Vergangenheit. Für mich wurde es dann etwas Greifbares.

Hast Du Dir all das Wissen selbst erarbeitet oder hattest Du so etwas wie einen Lehrmeister beziehungsweise eine Lehrmeisterin?

Hmmm, nein, also… ich habe mich ja früher auch ganz alleine zu all dem hingezogen gefühlt, da war niemand in meiner Umgebung, der so gedacht und gefühlt hat. Aber ich bin dann nach England gegangen und habe dort sechs Jahre lang gewohnt und mich magischen Kreisen angeschlossen. Da habe ich natürlich dann Leute kennen gelernt, die mich regelrecht in nordischer Magie eingelernt haben. Das hat sich dann mehr und mehr entwickelt und ich habe meinen eigenen Weg gefunden. Und das, was ich in den letzten Jahren so geschrieben habe, ist dann doch mehr oder weniger meine eigene Entdeckung.

Du bekennst Dich zu einer Religion, die sich Asatru nennt…

Ja, das ist eine Belebung der alten hmmm… der alten… ja, man kann das sicher Religion nenne, aber ich habe da immer ein schlechte Gefühl, denn in den letzten Jahrhunderten ist Religion als etwas Tyrannisches mißbraucht worden. In der alten Zeit war das Wort für Religion dasselbe wie das für Spiritualität. Das Wort Spiritualität ziehe ich eigentlich vor, denn bei Religion denkt man gleich an Dogmen und Regeln, Spiritualität aber ist irgendwie frei. Was man aber heute Asatru nennt, ist eigentlich, wie schon gesagt, die alte Religion. Aber man muß bedenken, daß die Religionen von früher, die Heidenreligionen, keine Dogmen hatten, alles wurde überliefert, das war erlebte Tradition, die von Mund zu Mund weitergegeben wurde. Daher ist das irgendwie etwas anderes. Heute nennen es die Leute, die sich auch für all das interessieren, Asatru, was wörtlich heißt: Der Glaube an die Götter, die Asen. Heute stellt man das sich deshalb als Religion dar, damit dieser Glaube von der Außenwelt akzeptiert wird. Hier in Norwegen ist Asatru eine anerkannte Religion, man ist registriert, kriegt wie alle anderen anerkannten Religion finanzielle Förderung und so weiter. Deswegen braucht man schon das Wort Religion, damit man von anderen ernst genommen wird. Aber ich würde nicht sagen, daß die Leute innerhalb dieser Religion dogmatisch veranlagt sind oder nach irgendwelchen Regeln leben, das Ganze ist also sehr frei.

Ich hatte schon vermutet, daß das wohl praktische Gründe hat, denn der Gedanke, der hinter Asatru steht, widerspricht dann doch meinem persönlichen Religionsbegriff, der dank der Geschichte ebenfalls negativ vorbelastet ist…

Ja, ich muß sagen, manchmal habe ich das Wort auch schon benutzt, eigentlich nur, damit Leute das ernst nehmen. Ich hab` schon erlebt, daß man sonst in diese moderne New Age-Kiste gesteckt wird. Innerhalb der Asatru-Gemeinschaft in Norwegen fühlen wir alle ein und dasselbe, aber man muß dem Staat ein Regelwerk vorlegen, um als Religion anerkannt zu werden. Das ist bei uns allerdings ganz grob und es stehen lauter Dinge drin, die darauf hinauslaufen, daß jeder ist der Herr seiner eigenen Gedanken ist, seinen eigenen Weg gehen und denken kann und so weiter. Aber die Außenwelt, die von den herkömmliche Religionen geprägt ist, braucht das immer niedergeschrieben, um es als Religion zu akzeptieren. Wenn man nur von Spiritualität redet, wird es nicht ernst genommen. Aber ich glaube, ich verwende dieses Wort es dennoch häufig, denn es gibt mir einfach mehr Ausdrucks-Freiheit, auch musikalisch.

Dank des anhaltenden Esoterik-Booms ist es für Außenstehende ja auch wirklich schwer, zu unterscheiden, was sich Seriöses oder eben auch Unseriöses hinter Begriffen wie Schamanismus, Reiki, Kristallarbeit, Bachblüten, Aura Soma und so weiter verbirgt. Das diffuse Bild, daß da entsteht sorgt oft für undifferenzierte Betrachtungsweisen und Pauschalisierungen, obwohl ja viele dieser Dinge teils uralten Ursprungs und im Prinzip nur wiederentdecktes Wissen ist…

Ich würde eigentlich sagen, alles, was esoterisch ist, muß aus einer Quelle stammen. Ich würde, um auf Asatru Bezug zu nehmen, sagen: Im Bereich des Spiritusmus muß jeder seinen eigenen Weg finden. Was man halt gerne benutzt oder gebraucht, ist für die Person etwas Sinnvolles. Manche Kritiker erzählen immer: Man schmeißt alles in einen Topf und nimmt sich nur das, was einem gefällt, ein bißchen hiervon und ein bißchen davon. Aber letztlich ist ja alles nicht neu, es war ja alles schon mal da. Im Prinzip hat alles, was heute Esoterik ist, eine uralte Grundlage. Alles ist eigentlich irgendwie mit alten Traditionen verbunden, ob Steine, Kristalle, Kräuter, Schamanismus und so weiter. Irgendwie ist ja alles Teil des Menschen und Teil der Natur und ist schon benutzt worden. Man sollte heute wieder davon Gebrauch machen.

Das Argument, man fröne einer Art Baukasten-Religion, mit der man es sich besonders leicht machen möchte, stammt ja vor allem aus der Ecke derer, die den traditionellen Religionen verbunden sind. Diese Kritiker übersehen aber meiner Absicht nach, daß die etablierten Religionen letztlich auch nichts anderes sind als Stückwerk, das im Laufe der Jahrhunderte zusammen getragen wurde….

AndreaDas stimmt. Nimm` nur das Christentum: die ganzen Traditionen sind eigentlich alle aus den heidnischen Kulturen übernommen worden. Alleine diese heilige Messe mit den Obladen und dem Wein, das Blut sein soll, das entstammt eigentlich dem Kannibalismus (lacht). Naja, vieles wurde hier und da übernommen, da gibt es viele Beispiele. Vieles hat sich vermischt, vieles ist hinzugekommen, und so war es schon immer. Einige Neueinflüsse kamen hinzu und das wurde dann auch Religion. Manche Leute fragen mich, wenn ich von meiner Spiritualität berichte:Woher weiß ich denn, daß die Traditionen genau so waren, wie Du sie darstellst?. Nun, wie wissen es nicht. Man kann nur lesen, in sich selbst hineingehen und sich in die Natur hinein fühlen, dann kann man ungefähr erdenken, wie die Riten damals waren. Aber ganz zurück gehen wollen wir auch nicht, denn wir haben ja nach tausend Jahren andere Einflüsse erfahren. Und es ist uns wichtig, daß man das auch als lebendige Spiritualität ansieht, daß man das benutzt, was heute um einen herum ist. Die Natur ist natürlich immer noch die gleiche, auch die menschliche Natur. Man braucht aber keine Regeln, solange man sich selbst entwickelt und in seiner Spiritualität etwas Positives hat, aus dem man Kraft schöpfen kann. Das ist die einzige Regel, die man braucht.

Würdest Du sagen, daß es ein großes Manko für die Persönlichkeitsentwicklung der Menschen unseres Kulturkreises ist, daß die hierzulande etablierten Kirchen keine wirklich spirituellen Traditionen und Praktiken mehr anbieten?

Ja, ich würde sagen, gerade heute sehen wir, wieviel das bedeutet. Selbst die Atheisten sagen ja, daß der Mensch Zeremonien braucht. Der Mensch braucht also etwas Geistiges. Gerade in der heutigen Welt, wenn Du in der Stadt wohnst, wenn man da nicht irgendwie das Spirituelle, das Innerliche, das Phantastische hätte, dann wäre doch alles nur noch ganz tot, lauter tote Materie. Und ich glaube, die meisten Menschen fühlen sich dann auch geistig nicht lebendig genug. Irgendwie braucht man ein inneres Leben, man braucht Wunder, etwas aus einer andern Welt. Spiritualität ist etwas sehr Wichtiges. Man kann das auch Phantasie nennen. Ich denke, man braucht Spiritualität, um sich im Leben wohl zu fühlen. Und wie gesagt, ich finde Spiritualität OHNE Dogma etwas sehr Positives…

Mein persönliche These ist ja, daß auch dieser Mangel an geistiger Selbsterfahrung dazu beiträgt, viele Jugendliche dazu zu bewegen, sich in Gruppen zusammen zu tun beziehungsweise sich bereits existierenden Gruppen anzuschließen, um Selbsterfahrung und -findung auf eine ganz andere Art zu betreiben. Und zwar in Form von Kampf und Gewalt. Irgendwo muß sich diese Sehnen nach einem Ziel und nach Identität ja entladen…

Ich kann schon verstehen, warum Leute an Massenbewegungen teilnehmen. Menschen brauchen so etwas wie ein Stammesverhalten (lacht). Also eine Art Gruppe: Da finden sich welche zusammen von der selben Identität und der selben Kultur. Das ist auch wieder ein Teil der menschlichen Natur, man kann das nicht einfach verleugnen. Die Leute können in der heutigen Gesellschaft einfach nicht mehr so glücklich werden. Man schließt sich einer Gruppe an, weil die Familie kein Stamm mehr ist, die Großfamilie gibt es nicht mehr. Früher gab es kleine Dörfer und enge Gemeinschaften. Und die Leute brauchen das, wie ein Wolfsrudel braucht man eine kleine Gruppe, zu der man gehört. Besonders junge Leute gehen halt raus und suchen sich etwas, wie zum Beispiel die Jugend-Gangs in den USA, die in der Familie und in der Gesellschaft keinen Rückhalt haben, die brauchen halt eine Gruppe , in der sie voll und ganz anerkannt sind. Es gibt deswegen ja auch Heiden- und Magiegruppen, die Leute schließen sich ihnen an, um ihre Identität zu finden und zum Schluß also sich selbst.

Bleibt die Frage, was sie wirklich finden. Vielen dieser spirituell ausgerichteten Gruppen wird – zum Teil auch zurecht – vorgehalten, daß da Menschen, die in dieser Gesellschaft nicht wirklich Fuß fassen, eine Heimat finden, daß sich diese Menschen aber gerade dort dann noch mehr von der Gesellschaft und vom Alltag entfremden und letztlich gar nicht mehr mit der Welt klarkommen. Das hat natürlich viel mit dem Verantwortungsbewußtsein der Gruppenleiter und dem der anderen Gruppenmitgliedern zu tun…

Das kann natürlich positiv und negativ sein. Das kommt natürlich auf die Person selbst an, wie weit sie Eigenverantwortung trägt und wie stark sie ist. Gruppen können sich positiv auswirken, andere negative. Es gibt Gruppen, in denen jemand der Sektenleiter ist und die Mitglieder ausnutzt. Aber das gibt es überall, es gibt so viele christliche Sekten, die Mitglieder ausnutzen. Ich würde sagen, diese Vorbehalte gegenüber Gruppen, das liegt auch generell auch an der Angst vor ihnen, vielleicht, weil sie etwas Fremdes sind, vielleicht auch, weil die Gesellschaft es nicht mag, daß sich Leute von der großen Gruppe abkapseln und in eine kleinere gehen. Die Gesellschaft ist eigentlich selbst eine riesengroße Gruppe aus lauter Nummern, und wenn sich Leute aus ihr zurückziehen und etwas eigenes machen, dann wird das als Gefahr gesehen. Es gibt aber eben auch sehr harmlose Gruppen, in denen man Kraft schöpfen kann, es gibt aber auch negative Gruppen, aber das hat es immer schon gegeben.

Ich versuche mich mal an einer mehr oder weniger eleganten Überleitung, um endlich auf Deine Musik zu sprechen zu kommen. Diese Angst vor oder die Ablehnung des Fremden: Deine Musik steckt man ja ganz allgemein die Neofolk-Ecke. Keine Ahnung, ob ich das nun glücklich finden soll…

(lacht)

Ist halt eines dieser vielen Etiketten…

Ja, das ist auch wieder so etwas. Die Leute müssen immer ein Label für Dich haben. Ich selbst weiß nicht, wo ich meine Musik einordnen würde, aber hier in Deutschland haben mich die Leute eben in die Neofolk-Ecke gesteckt (lacht). Und wenn ich hier auftrete, dann in dem Bereich. Aber ich selbst würde sagen, meine Musik ist einfach etwas individuell. Sie ist schon irgendwie Folk-inspiriert, aber wenn ich sage inspiriert heißt das nicht, daß es Folklore-Musik ist. Aber man kann schon sagen: eine alte Stimmung ist immer da, auch in den Rexmixen. Aber ansonsten lasse ich mir ziemlich Freiraum wie ich mich ausdrücke. Und deswegen würde ich mich nicht nur in die Neofolk-Ecke stecken, ich würde sagen, gerade das neue Album `Volven` klingt etwas anders als dieser Standard-Neofolk. Manche Leute sagen, es erinnert irgendwie an DEAD CAN DANCE, ich weiß nicht…

Parallelen wird man natürlich immer ziehen können, schließlich wird niemand mehr Musik neu erfinden. Ich persönlich empfinde Deine Musik als recht intensiv und mystisch, dieser spirituelle Aspekt prägt sie sehr stark. Aber genau deshalb denke ich und versuche hiermit, die begonnene Überleitung zu vollenden, daß sie für viele Hörer befremdlich und daher bedrohlich wirken könnte….

Befremdlich?

Ja, denn sie rührt vieles an, zu dem man im ganz normalen Alltag keinen Zugang hat und das in der ganz normalen Radio-Musik nicht präsent ist…

AndreaNein, also, ich glaube, eine alltägliche Musik ist es nicht und wird`s wohl auch nicht werden, gerade wegen der Themen, um die es geht. Die Leute haben immer noch ziemlich viel Angst vor so etwas und das ist immer noch irgendwie tabu. Recht merkwürdig. Die meisten, die sich mit meiner Musik befassen und sie mögen, sind selbst Menschen, die etwas heidnisch drauf sind oder wissen, worum es geht. Es gibt natürlich auch andere, die halt nur die Musik mögen und das war`s und die sich nicht darum kümmern, um was es geht. Es gibt auch solche, aber in der Allgemeinheit würden es viele eher abstoßend finden, weil es um etwas geht, das irgendwie… ja, seltsam ist.

Interessant ist ja, daß sich Deine Hörerschaft überwiegend aus der Gothic- und Gruft-Ecke rekrutiert…

Ich glaube, viele aus dieser Szene sind von der Vergangenheit inspiriert, die meisten sind eher heidnisch oder dem Mittelalter verbunden. In Leipzig beim Wave- und Gothic-Treffen 1999 habe ich einen Vortrag gehalten und da kamen sehr viel Interessierte

Für den Normalbürger ist diese Szene ja auch eher befremdlich, durch die gängigen äußerlichen Merkmale vielleicht sogar furchteinflößend….

Stimmt. Aber es gibt da ja auch Sachen, die Leute außerhalb der Szene ansprechen können. Da gibt es schon ein paar modernere Gruppen, deren Musik sich die Leute anhören können ohne sich viel Gedanken zu machen. Aber wenn man mal zum Beispiel DAS ICH anschaut: Ich glaube, das könnte man auch nicht im Radio spielen, nicht mit diesen Texten. Ich glaube, die Leute würden sagen: Das ist ja furchtbar, was der da singt!. Sowas ist in einer bestimmten Szene sehr populär, aber Mainstream kann das alles nicht werden, weil die Normalbürger so etwas erschreckend finden würden.

Wobei manche Extreme ja schon erstaunlich Salon-fähig geworden sind. Wenn man mal RAMMSTEIN oder MARYLIN MANSON anschaut: Die sind ja sehr erfolgreich. Ist natürlich eine andere Musikrichtung, aber von der Schock-Attitüde vielleicht vergleichbar…

Ja, das wundert mich eigentlich auch, daß MARYLIN MANSON das geschafft hat. Da könnte ich mir vorstellen, daß er gerade weil er so als Schockfigur betrachtet wird, bei den Teenagern so populär ist. Warum RAMMSTEIN so populär sind, wundert mich allerdings wirklich, denn ich selbst mag RAMMSTEIN sehr gern und ich mag auch ihre Texte sehr. (*hustkeuch* – der schockierte Verf.) Ich kann mir wirklich nicht vorstellen, warum die so bekannt geworden sind, wie können Leute das hören? (wüßt` ich auch gerne – der immer noch irritierte Verf.). Aber ich habe mal ein Interview mit RAMMSTEIN gelesen und die meinten, 90 Prozent der Hörer machten sich überhaupt keine Gedanken und dächten, das sei halt die coole Musik, die gerade in ist und fänden das halt gut. Aber diese Leute machen sich keine Gedanken darüber, um was es dabei geht. (offensichtlich, das MUSS die Erklärung sein – der RAMMSTEIN-mißachtende Verf.). Also wer weiß, ich kann mir vorstellen, wenn Mainstream-Leute meine Musik gut finden würden, dann würde ich das auch positiv sehen. Einige würden sich sicherlich inspiriert fühlen und sich die Mühe machen, meine Worte durchzulesen und sich Gedanken darüber zu machen. Andererseits: Wenn meine Musik ganz Mainstream werden würde und die Leute würden sie nur so nebenbei hören und keiner würde sich Gedanken machen, dann müßte ich sagen, daß da ein bißchen was verloren gegangen wäre.

Du möchtest mit Deiner Musik also etwas bewirken…

Ja. Ich möchte schon, daß sich einige wenigstens ein paar Gedanken machen und hinhören…

Spielt es letztlich für Dich eine Rolle, wieviel CDs Du verkaufst oder ist Dir das vollkommen egal und Du würdest auch nur für Dich so weiter machen?

Also, ich mach` die Musik, um mich selbst auszudrücken, aber natürlich: Je mehr Leute kaufen, desto größer ist das Interesse und desto Positiver ist das für mich. Wobei ich zufrieden sein kann. Wenn ich allerdings anfangen würde, damit Geld zu verdienen, würde mich das auch freuen! (lacht)

Sobald mit spirituellen Inhalten Geld verdient wird, wittern allerdings viele eine gewisse Profanisierung…

Sagen wir mal so: Wenn man Erfolg hat, mit dem was man macht, dann sehe ich das als etwas Positives und ich würde natürlich auch sehr gerne Erfolg haben. Deshalb trete ich auch auf. Auf der anderen Seite: Wenn man versucht, Erfolg anzustreben und sich selbst dabei verleugnet, dann ist das etwas Negatives. Zum Beispiel, wenn die Leute die Musik als das kaufen, was sie ist, dann wäre das supertoll. Aber wenn jemand fragen würde: OK, das könnte etwas bekannter werden, wenn Du dies und jenes nicht im Text hättest, dann würde ich sagen: Ne, hör` zu, ich mach` genau das, was ich möchte und darauf lasse ich mich nicht ein. Dafür gibt`s die ganzen Boybands! (lacht). Aber ich glaube, das ist kein Thema. Die meisten sind schon an dem interessiert, was ich zu sagen habe.

WordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner