RAMMSTEIN: 6. Dezember 2004, Arena Nürnberg

Das alte Rein-Raus-Spiel …

Advent, Advent, ein Lichtlein brennt. Dachten sich auch RAMMSTEIN und fackelten pünktlich zu Nikolaus den weltberühmten Nürnberger Christkindlesmarkt ab. Im Ernst: Dass der ausgeprägte Hang der ostdeutschen Brachialrocker zum Bombast in so manche Sackgasse führen kann, liegt in der Natur der Sache. Nach minutenlangem Intro, in dem erst mal gar nichts passiert, fällt endlich der Vorhang und gibt in der dichtgepackten Eisarena den Blick auf die imposante Kulisse frei: Ein fantastisches, völlig überdimensioniertes Kraftwerk, aus dem zwei Stunden lang an allen Ecken und Enden Raketen schießen und meterhohe Flammen lodern.

Nach mehrjähriger Bühnenabstinenz haben sich Rammstein für ihre laufende Produktion mal wieder mächtig viel einfallen lassen. Doch trotz Materialschlacht ist der Auftakt in Nürnberg verhalten: Als übergroße Comicfiguren drohen sich die Musiker in den zahlreichen Gimmicks zu verzetteln, lassen ihre mit Bomben und Explosionen gespickte Show ein ganzes Stück weit zur bloßen Nummernrevue verkommen. Locker abrocken? Fehlanzeige. Alle Blicke haften auf der Bühne, schließlich will keiner den nächsten Gag verpassen.

Mit Stahlhelm und Stützstrümpfen versucht sich Flake, der schmächtige Keyboarder, unbeholfen im schuhplatteln, um wenig später im Kochtopf zu landen. Schon schleift Metzgermeister Lindemann das Messer und schürt mit dem Flammenwerfer an – ganz großes Kasperltheater! Rein, ruft Gitarrist Paul Landers als Seppl in Lederhose und Trachtenhut, Raus antwortet die willige Menge – und endlich geht auch im Publikum – zumindest ansatzweise – die Post ab.

Wie gut, dass musikalisch bei der größten lebenden Showband noch keine Verschleißerscheinungen auszumachen sind. Auf ihrem gelungenen vierten Studioalbum Reise, Reise experimentieren die sechs Berliner mit Orchester, Chor und Akkordeon und beweisen einmal mehr ein Händchen für düstere Balladen. Selbst auf der Wandergitarre funktioniert das Erfolgsrezept aus schweren Gitarrenriffs und der dominanten Heldentenor-Stimme von Till Lindemann bestens. Mit derart guten Songs im Gepäck gerät das Nürnberg-Gastspiel zu einer beeindruckenden Vorstellung. Doch irgendwann werden RAMMSTEIN an ihrer eigenen Show ersticken.

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