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RHAPSODY: Symphony Of Enchanted Lands II – The Dark Secret

Radikaler Stilwechsel! Nur noch 1/4 der Songs haben ein ´of´ im Titel! Ein subversives Review.

Prolog: Es regnete schon seit Wochen fast ununterbrochen, als nach einer scheinbaren Ewigkeit die Postkutsche wieder vor meiner Hütte hielt. Ich bekam ein in Drachenleder gewickeltes und mit Elbenhaar zugeschnürtes Päckchen überreicht. Der Absender stammte aus Italien. Voll Vorfreude machte ich mich ans Auspacken. Denn der Inhalt konnte nichts anderes als das neue RHAPSODY-Album sein! Und wahrlich: Symphony Of Enchanted Lands II – The Dark Secret stand dort in geschwungenen Lettern. Es war Liebe auf den ersten Blick! Statt den comichaften Zeichnungen der Vergangenheit gab es heuer ein gar prächtiges Gemälde mit mächtigem Drachen, mystischer Landschaft und scheinbar grenzenloser Weite.

1. Kapitel: Radikaler Stilwechsel! Zum Glück hatte mich das Begleitschreiben gewarnt. Denn RHAPSODY haben dem von ihnen erschaffenen Symphonic Hollywood Metal abgeschworen und spielen nun Film Score Metal. Dementsprechend war der erste Hördurchgang ein prägendes Erlebnis voller Entdeckungen und Überraschungen, vergleichbar höchstens noch mit der Flut von Eindrücken damals an meinem ersten Schultag am Dunkelelbenkonservatorium.

Zwischendurch kehrte der Zwerg, mein WG-Mitbewohner, zurück aus dem Bergwerk. Er hörte den Lärm in meinem Zimmer und steckte kurz seinen Bart zur Tür herein. Sag bloß, das ist die neue RHAPSODY!? Klingt ja genau wie die alten Alben, grummelte er und verzog sich wieder. Natürlich habe ich nichts gegen Zwerge – aber von guter Musik haben sie nun wirklich noch weniger Ahnung als vom Reiten! Ich rief ihm ein Schnauze, Steinfresser! hinterher und versank alsbald wieder in den Klängen aus meiner Musikmaschine.

2. Kapitel: In den folgenden Tagen blieb ich die meiste Zeit über in meinem Zimmer. Das heißt, mein Körper war dort, während mein Geist von der Sinfonie der verzauberten Lande beflügelt in unbekannte Sphären emporstieg. Noch nie hat eine Band eine derartig epische Klangodyssee inszeniert. Tendierten RHAPSODY auf ihren eigenen Alben zuletzt dazu, kompaktere und härtere Songs zu schreiben, schwelgten Luca Turilli und Co. auf ihrem neuen Werk in ausufernden Kompositionen, die permanent den Rahmen der im Metal üblichen Songstrukturen sprengen. Statt einzelner Lieder gibt es ineinander verwobene Szenen. Unweigerlich erinnerte mich das gebotene Spektakel an die Filmmusik zu einem opulenten Fantasy-Streifen. In dem Ausstattung, Landschaftsaufnahmen und Schlachtsequenzen wichtiger sind als eine schlüssige Handlung, warf der Zwerg ein, der sich auf der Suche nach seiner Streitaxt in mein Zimmer verirrt hatte.

3. Kapitel: Viel hilft viel! Dieser Gedanke kam mir öfters, während ich die CD wieder und wieder hörte. Ganze Legionen von Gastmusikerinnen und -musiker hatten ihr Talent zur Verfügung gestellt. Orchester, Erzähler und Chor – hin und wieder dachte ich kurz an derartige Begriffe, wenn ich an die Menschen hinter der Musik dachte. Songwriting, Arrangements und Produktion waren dagegen Worte, die mir gar nicht in den Sinn kamen. Hier ging es um Heldengeschichten und den Kampf des Guten gegen das Böse! Hier ging es um das Schicksal ganzer Welten, um Naturgewalten und noch mächtigere Kräfte! Viel hilft viel, lallte auch der Zwerg aus der Küche, wo er damit beschäftigt war, seinen Krug abermals mit Met zu füllen.

4. Kapitel: Doch Symphony Of Enchanted Lands II – The Dark Secret war mehr als eine reine Bombastorgie. So verbrachte ich beispielsweise einen ganzen Tag damit, Dragonland´s River in Endlosschleife zu hören, weil die zarten Flötenklänge so wundervoll klangen und die sanfte und doch traurige Cembalo-Melodie mein Herz rührte. Ich hätte auch noch die Nacht damit verbracht, mich an diesem Stück zu betrinken. Doch nebenan schnarchte der Zwerg mit einer ungeheuerlichen Lautstärke, die die ganze Atmosphäre zerstörte. Glücklicherweise übertönte das folgende Sacred Power Of Raging Winds den Lärm aus dem Nachbarzimmer.

Ich blieb noch lange auf und lauschte gebannt dem atemberaubenden Gitarrenspiel von Luca Turilli, dessen Finger mit traumwandlerischer Sicherheit über die Saiten huschten und wahlweise sensationelle Soli oder melodische Riffs hervorzauberten. Auch der Gesang von Fabio Lione hatte nichts von seiner Faszination eingebüßt. Doch das alles sind nur einzelne Aspekte des Gesamtwerks, in dem Elemente der klassischen Musik, der dramatischen Filmmusik, des Heavy Metal und der ersten RHAPSODY-Alben miteinander verbunden werden.

Epilog: In manchen Welten erscheint das Album auch als limitiertes Digibook mit einer 50-minütigen Bonus-DVD, die Videoclips, Studioaufnahmen sowie ein Interview mit Erzähler Christopher Lee enthält. Um ehrlich zu sein, will ich das aber gar nicht sehen. Denn beim Anhören der Musik entsteht vor meinem geistigen Auge bereits eine fantastische Welt mit Fabelwesen und natürlich holden Prinzessinnen. Ich fürchte, da kann die DVD einfach nicht mithalten. Der Zwerg will die DVD übrigens auch nicht sehen.

Veröffentlichungstermin: 27.09.2004

Spielzeit: 72:54 Min.

Line-Up:
Fabio Lione: Gesang

Luca Turilli: Gitarre

Alex Staropoli: Keyboards

Patrice Guers: Bass

Alex Holzwarth: Schlagzeug
Label: SPV

Homepage: http://www.mightyrhapsody.com

Tracklist:
1. The Dark Secret

2. Unholy Warcry

3. Never Forgotten Heroes

4. Elgard´s Green Valleys

5. The Magic Of The Wizard´s Dream

6. Erian´s Mystical Rhymes

7. The Last Angel´s Call

8. Dragonland´s River

9. Sacred Power Of Raging Winds

10. Guardiani

11. Shadows Of Death

12. Nightfall On The Grey Mountains

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