FINAL VIRUS: Musik ist geistige Nahrung

Bassist Peter Sonntag verrät uns, was eine gute Band ausmacht, und wie er die Schweiz lieben gelernt hat. Und vieles mehr.

Nachdem wir das Interview zweimal verschoben hatten, das erste Mal weil Peter krank war, das zweite Mal, weil es mir nicht gut ging, war es dann an einem frühen Dienstag abend soweit.

Nachdem ich kurz mit Gitarristin Reno gesprochen hatte, meldete sich die tiefe Stimme von Bassist Peter (O-Ton Reno: Der kann am besten reden).

Ihr seid ja gerade im Studio. Was macht Ihr da?

Wir haben ein paar neue Sachen mal vorbereitet, in der Zwischenzeit hat sich ja einiges angesammelt, und wir haben halt mal angefangen, neues Songmaterial auzunehmen. Wir sind eine sehr kreative Band, da sprudelt es die ganze Zeit.

Das klingt gut, wieviel habt ihr denn?

Es gibt schon Entwürfe, alles in allem etwa 12 Stück. Und das ist jetzt nur der Anfang. Ich kann Dir sagen, wenn wir in die Produktionsphase gehen, werden wir etwa 20 Songs zusammen haben, von denen wir dann die 12, 13 besten aussuchen.

Habt Ihr schon eine ungefähre Idee, wann Ihr die Platte veröffentlichen werdet?

Wir haben vor, die Platte im Herbst zu veröffentlichen, die letzte kam ja auch im Herbst raus.

In dem Fall habt ihr da einen Rhythmus, jedes Jahr eine Platte, oder alle zwei Jahre?

Bei der letzten waren es zwei Jahre, weil wir da einen Sängerwechsel hatten, das ging halt eine Zeit, weil wir jemanden gesucht haben, der wirklich 100%ig zu uns passt. Das ist uns bei unserem jetzigen Sänger auch vollständig gelungen, weshalb wir uns gesagt haben, dass wir nun konsequent absolut neues Material angehen. Deshalb dauerte es halt zwei Jahre, was ich ehrlich gesagt auch gar nicht so schlimm finde. Eine Band, die wirklich sehr konzentriert und professionell arbeitet, die ist ja auch unterwegs, und man braucht dann auch Zeit und Raum, um die Ideen, die man hat, auszuarbeiten und sie dann auch zu verwirklichen. Denn was auf die Platte kommt, das darf dann auch keine Idee sein, sondern muss ein fertiges Gebilde darstellen.
Aber eigentlich wollen wir schon jedes Jahr ne neue Platte machen.

Klar. Wie ist denn das bei Euch, kommt da einer mit einer Idee an, und dann wird gejammt, oder…?

Im Grunde ist das sehr vielschichtig, aber auch nicht übermässig kompliziert: Es gibt mal zwei grosse Songlieferanten, das kennste ja auch von der CD, das sind die Reno und ich, wir beide machen sehr viel. Aber wir legen auch grossen Wert darauf, dass sich jeder auch in der Musik wiederfindet, so dass wir, wenn die Ideen dann da sind, durch gemeinsame Arbeit und gemeinsame Improvisation andere Ausdrucksformen für die anderen Musiker finden.

Also seid Ihr nicht die grossen Diktatoren, die sagen, „ich hör das genau – das muss so und so sein…“

Ne, es gibt Situationen, da hat man alles genau im Kopf, dann kann man vermitteln, was man genau haben möchte.

Wenn Du mich fragst, wie ich die Band Final Virus charakterisieren würde, dann würde ich sagen, sie ist eine Band, wo die Musiker füreinander und nicht gegeneinander spielen. Einfach weil jeder bei uns weiss, dass man nur gemeinsam Musik machen kann, und dass es nur gemeinsam klingt, ganz unabhängig davon, wer denn nun gerade den Lead-Part hat, denn eine Band ist ja wesentlich mehr als nur das.

Wenn Ihr dann an einem Song schreibt, habt Ihr dann ein konkretes Ziel vor Augen wie „Ich will eine Ohrwurmmelodie“?

Nein, jede Idee kommt von selbst. Jede Idee trägst Du plötzlich in Dir. Das ist aber eine Reflexion aufs Leben, denn die Themen liegen ja auf der Strasse. Meine grösste Antriebsfeder ist z.B. der Ärger, den ich permanent habe, wenn ich Fernsehen kucke, wenn ich Politiker sehe, wenn Talkshows sehe, wenn ich sehe, was da für ein Seelenvoyeurismus betrieben wird, wenn ich sehe, wie die Wahrnehmung der Menschen systematisch kleiner wird, verarmt, das macht mich richtig wütend.

Und diese Wut führt dann früher oder später dazu, dass sich diese Themen in musikalischem Schaffen manifestieren.

„Puppet-Master“ ist z.B. ein Paradebeispiel. Das ist ein Song, der sich mit diesen ganzen Strippenziehern in der Medienwelt auseinandersetzt, denen es völlig Wurscht ist, ob in einer Talkshow sich ein Mensch so auszieht, dass er später nie mehr ein Bein an den Boden kriegt, Hauptsache die Einschaltquoten stimmen. Und das ist natürlich ne extreme Perversion. Das hat nichts mehr mit Verantwortung zu tun, da geht es nur noch um Kohle, sprich Geld.

Und ich finde Mensch sein heisst ein bisschen mehr. Es heisst Verantwortung zu übernehmen für die, die das vielleicht nicht selber können. Das steckt in dem Song halt letztendlich drin, auf eine sarkastische aber auch humorvolle Art.

Und Brösel, unser Sänger, hat absichtlich mit australischem Akzent gesungen, einer der grössten Medienmogule sitzt ja in Australien. Und da wollten wir das natürlich ein bisschen versinnbildlichen.

Und so entsteht dann so ein Song. Da geht es nicht darum, dass man zeigt, was man kann, sondern darum, aus einer musikalischen Idee ein musikalisches Bild zu machen. Wenn es sich mal anbietet, dass man zeigt was man drauf hat, dann wird das auch gemacht. Die Kunst liegt aber im Arrangement, und nicht darin, wie viele Noten wir pro Sekunde spielen (hörst Du das, Malmsteen…? –al).

Noch eine Frage zu „Mirror“: Ihr habt ja da einen King Crimson-Song („Epitaph“) aufgenommen. Wie kamt Ihr drauf, gerade den Song aufzunehmen? Es ist interessant, relativ kurz nachdem Eure Platte draussen war, nahm eine völlig andere Band (IN THE WOODS…) denselben Song als Cover auf ihre Platte.

Die Platte von IN THE WOODS… hab ich nun leider nicht gehört, aber ich denke mal es gibt einfach immer einen Song, der geil und zeitlos ist. Und ob man sich mit dem Song auseinandersetzen kann, hängt halt immer davon ab, ob man sich bewusst ist, was in dem Song drinsteckt. Aber was mir an Covern oftmals überhaupt nicht gefällt, ist dass diese Songs oberflächlich benutzt werden und manchmal sogar 1:1 wie das Original produziert werden. Manchmal wird ihnen dann noch ein modernerer Sound verpasst.

Um was es aber de fakto geht, ist die Aussage des Songs. Um die zu erfassen, braucht man eben ne bestimmte Lebenshaltung, und das ist da drin.

Du warst ja wahrscheinlich schon mal auf unserer Internetseite, und da ist Dir wahrscheinlich aufgefallen, dass ich etwa 20 Jahre älter bin als die anderen, und aus einer völlig anderen Ecke komme. Ich habe Musik studiert, habe klassische Musik gemacht, oder Freejazz zum Beispiel.

Und eine meiner grössten Erfahrungen war 1977 oder 78, als ich als noch junger Mensch zum ersten Mal erleben durfte, in eine Kneipe zu gehen, und mitzuerleben, dass da plötzlich 5 Musiker auftauchen und anfangen zu spielen. Alles war mir wirklich fremd, aber plötzlich, mitten im Spiel, ging für mich im wahrsten Sinne des Wortes die Sonne auf, der Raum wurde hell. Da hab ich die Musik von einer Sekunde auf die andere schlagartig kapiert. Erst viel später habe ich dann erfahren, dass das King Crimson gewesen sind.

Was viel wichtiger war: ich hatte mitgekriegt, dass die am Ende des Konzertes mit dem Bierkrug rumgegangen sind, um Pennies zu sammeln. Auch die grossen haben halt Pennies gesammelt und dann ist mir aufgefallen, dass gute Musik nicht unbedingt mit Geldverdienen einhergeht. Es ist die Leidenschaft, die einen das tun weitertreiben lässt, was man tut.

Das ist ursächlich, was mich mit dem Song verbindet.

Als ich dann Reno kennenlernte, haben wir festgestellt, dass wir im Grunde genommen beide das gleiche empfinden. Wir haben dann aber auch lange damit gewartet, den Song aufzunehmen, denn ich finde, wenn man schon ein Cover aufnimmt, dann sollte da auch was gutes dabei rauskommen, und das wird uns ja nun auch von vielen konsultiert.

Jawoll, das ist mir auch aufgefallen: Der Track fügt sich homogen in die Platte ein, man merkt gar nicht, dass es sich um ein Cover handelt, wenn man es nicht weiss.

Wenn das so rüberkommt, dann haben wir gewonnen.

Nachdem Du mit 17 dieses Schlüsselerlebnis hattest, hast Du ja Musik studiert…

Genau, ich hab Kontrabass studiert. Zu der Zeit konnte man noch nicht E-Bass studieren, da war alles sehr konservativ. So hab ich halt mit Kontrabass angefangen. Das habe ich auch nie bereut. Das ist auch bis heute mein Hauptinstrument.

Echt?

Ja, ich übe, wenn es irgendwie geht, jeden Tag auf diesem Instrument.

Ich hab deshalb auch mal das Statement abgegeben, dass der E-Bass für mich mehr ein Spielzeug ist. Der Kontrabass, das ist so anstrengend, da muss man so viel machen.

Ich hab während meiner Studienzeit etwa 4-5 Stunden am Tag Kontrabass geübt. Deshalb hab ich auch eine gewisse Beweglichkeit, auf dem Instrument und in der Musik, entwickelt, was mir dann sogar einen Eintrag im RoRoRo Jazzlexikon einbrachte. Aber von nix kommt nix.

Wie oft Probt ihr denn?

Ach, wir sehen uns praktisch jeden Tag. Es ist ja nicht nur das Proben, das Arbeiten an den Stücken, sondern es gibt ja auch viel Administratives zu tun. Gerade im Vorfeld so einer Tour, da muss man kucken, dass alles klar ist, so Kleinigkeiten eben. Es muss gekuckt werden, ob alles gepackt ist, nicht, dass wir dann kurz vor der Grenze merken, dass wir was vergessen haben.

Ich würde sagen, dass wir uns, ausgenommen in der Ferienzeit, schon täglich sehen.

Würdest Du auch sagen, dass Ihr dadurch Freunde geworden seid?

Definitiv ja. Hier steht jeder für jeden ein.

Ihr geht ja jetzt auf Tour. Wie gross werden die Hallen denn so sein, wo ihr spielt?

Das ist ja nur eine Promotour, da werden immer nur die kleinen Hallen gebucht. Das werden so 200er bis 300er-Clubs sein. Aber wir haben auch schon, z.B. mit den Inchtabokatables, in grösseren Hallen vor 1000 Leuten gespielt.

Das ist für Metalbands ja schon auf der grösseren Seite. Grosse Hallen oder kleine Clubs – was magst Du mehr?

Ich persönlich muss sagen, dass ich die kleinen Lokale lieber hab. Ich seh immer gerne das Gelbe in den Augen der Zuschauer. Du musst Dir das so vorstellen: In den grossen Hallen hast Du einfach keine Kommunikation mehr. FINAL VIRUS kennzeichnen sich ja auch durch zahlreiche Improvisierte Elemente. Bei einer Normalen Rockband spielt z.B. der Gitarrist ein Solo, und er spielt es jeden Abend gleich.

Die Reno hingegen Improvisiert ihre Soli. Improvisation heisst ja spontanes Komponieren. Und das findet nur statt, wenn der Dialog mit dem Publikum möglich ist. Das ist nunmal einfacher, wenn man sich gegenseitig sieht. Und in grossen Hallen wird das halt stark reduziert, weil man nur noch die ersten drei Reihen wirklich sieht.

Dann hätte ich ja einen perfekten Club für Euch in Zürich. Ich will Euch auch mal sehen!

Ja, da würde ich mich sehr freuen. Ich finde die Schweiz eh klasse.

Ich hatte mal vor Jahren ne Freundin in Luzern und hab dadurch die Schweiz auch lieben gelernt. Ist ja sehr eigenwillig bei Euch, da gibt es ja sehr extreme Lebenseinstellung. Einerseits sind viele junge Leute von Ihrem Gedankengut her sehr freiheitlich, sehr progressiv sag ich mal, und andererseits sehr spiessig. Ich hab die Jungen Leute ja kennengelernt, und ich hab das geliebt!

Und Luzern ist eine sehr schöne Stadt.

Da stimme ich doch gerne zu!

Wir machen ja im Herbst eine grössere Deutschlandtournee, vielleicht könnten wir da auch mal in der Schweiz vorbeischauen.

Das wäre toll!

Wie bist denn Du eigentlich zur Musik gekommen?

Hmm, ich weiss nur, dass ich schon sehr früh gewusst habe, dass ich mal Musiker werden wollte. Ich habe dann angefangen Bass zu spielen, von Anfang an. Interessant ist, dass mir Musik sehr viel bedeutet, und das obwohl ich aus einer völlig Unmusikalischen Familie komme – wir hatten nicht mal einen Plattenspieler.

Und was bedeutet Musik für Dich?

Es ist eine sehr ehrliche Ausdrucksform. Du kannst Dich nicht verstellen. Wenn jemand ein guter Redner ist, ein Politiker, ein guter Rhetoriker, dann kann man den Gestus die Sprache so gestalten, dass man Menschen täuscht. Das funktioniert über die Musik nicht. Du hörst immer, ob einer ein echter oder ein falscher ist. Das hab ich geliebt von Anfang an und das ist mir auch sehr viel Wert, dass ich das erhalte. Deshalb hab ich auch nie versucht, mich an irgendwelche musikalischen Strömungen oder kommerziell anzupassen.

Wir versuchen halt auch, mit unserer Musik, ohne uns zu verbiegen, ein paar Mark zu verdienen. Aber wir versuchen es nicht auf Teufel komm heraus.

Ja, das hört man auch, denke ich. Wie würdest Du Eure Musik denn beschreiben?

Dass ist ja immer die Schwierigkeit. Ich bin eigentlich überhaupt kein Freund, irgendwas in eine Schublade zu stecken, weil man es auch nie richtig trifft. Da man aber irgendwo doch eine Schublade aufmachen muss, haben wir dann den Begriff Art-Core gefunden. Widerstrebend, ehrlich gesagt. Das war vor allem etwas, was die Plattenfirma haben wollte.

Wir konnten uns am Ende damit anfreunden, weil Art=Kunst und Core=Kern. Und wenn man Kunst machen will, dann muss man an den Kern rankommen.

Was hier in Westeuropa oft falsch verstanden wird: Kunst ist ja kein intellektueller Selbstzweck, Kunst macht man für andere. Nur heisst das für andere machen nun nicht sich anpassen. Das machen wir nun in unserer Musik.

Unsere Wurzeln sind sicherlich im Rock. Aber das improvisatorische Element im Rock spielt auch ne grosse Rolle, denn es hält die Stücke irgendwie lebendig. Wir spielen jedes Stück jeden Tag etwas anders, und dadurch hängen uns die Songs nicht so schnell zum Hals raus.

Ein anderes sehr wichtiges Element ist die unbändige Leidenschaft, Kraft. Aber ich denke, wir dürfen uns da nicht limitieren.

Ich finde das sehr fürchterlich, dass Bands Platten produzieren nach dem Motto „Kennst Du die ersten beiden Stücke kennst Du alle“. Warum produzieren sie dann die CD? Das braucht doch keiner.

Natürlich.

Das Resultat dieser Denkweise, das hab ich heute in einem Artikel gelesen, ist, dass sich die Kids heute die Songs, die sie mögen, aus dem Internet herunterladen, nach dem Motto „Was soll ich mir ne CD kaufen, wenn ich sowieso nur ein Stück davon höre“. Da sind die Bands und Produzenten selber schuld.

So, völlig andere Frage:

Du kennst ja die Inchties und Subway to Sally, die für mich beide Metalbands sind. Fühlt Ihr Euch überhaupt zu einer Szene, sagen wir zur Metalszene, zugehörig?

Sagen wir so, ich hab alle drei Bands, also die Inchties, Subway to Sally und In Extremo kennengelernt. Die kommen ja alle aus der gleichen Ecke, das sind ja alles ex-Ostberliner.

Die Inchties gefallen mir sehr, die anderen etwas weniger weil es mir zum Teil zu martialisch ist. Und wenn man dann die Jungs Hinter der Bühne kennenlernt, dann wird es noch unheimlicher. Sie sind nicht übel und alle ganz nett, aber es verursacht ein komisches Gefühl. Mit den Inchties hab ich mich sehr gut verhalten. Unsere Bands benutzen ja bei etwas unkonventionelle Instrumente, was uns vielleicht auch irgendwo verbindet.

Das Inchtiepublikum selber ist eben scheinbar auch eines das nicht so festgelegt ist auf Normen. Da haben wir uns sehr wohl gefühlt.

Aber der Szene zugehörig fühlen wir uns eigentlich überhaupt nicht.

Dachte ich mir irgendwie. Dann wird es auch bestimmt nichts mit den Sommer-Festivals, oder?

Doch doch, wie ich schon angetönt habe, laufen da Verhandlungen. Es hängt halt stark von den Bookingbüros ab. Es wird ja nicht einfacher wenn Du den Sound spielst, den Du willst, und der halt dummerweise nicht so spartenorientiert ist, dann hast Du ein Problem. Es ist der längere Weg, aber ich denke auf Dauer der fruchtbarere, weil Du Dich nicht abhängig machst.

Denn wenn Du ein Genre massiv vertrittst, wirst Du auch zum Spielball unter Umständen.

Ich möchte auch auf keinen Fall aus unserer Musik die guten Elemente verbannt sehen.

Was hörst Du denn privat so für Musik?

Am allerliebsten Musik, die Feuer unterm Arsch macht, weil so depressive Musik, das ist mir nicht so nah, klar gibt es da auch schöne Sachen, aber persönlich ist mir das nicht so nah. Mein Platten- und CD-Schrank umfasst inzwischen auch so um die 3500 Scheiben.

Es gibt aber auch Musiker, die sagen, man darf keine „fremde“ Musik hören, weil sonst die eigene verwässert würde. Drum sag ich Dir: Lies ja nie ein Buch, sonst kannst Du Dich nicht ausdrücken.

Beides ist natürlich kompletter Schwachsinn.

Aber momentan komm ich praktisch nicht zum Musikhören, leider. Ich hab letztens mal eine Radiosendung mit einem Obertonsänger gemacht, einem Menschen, der 2 oder 3 Töne auf einmal singen kann. Das war interessant und hat Spass gemacht.

Aber Du bist nicht so, dass Du sagst, „ich hör nur das und das, was anderes kommt mir nicht ins Haus“?

Ne, gar nicht. Ich produziere ja auch – aber bei Gitarristen, vor allem bei jungen Bands, gibt es diese Unart. Die hören dann nur Platten ihres eigenen Stils oder Gitarristenplatten.

Als 18jähriger darf man das, als 28jähriger sollte man eigentlich weiter sein.

Gutes Statement! Ist Euch mal etwas komisches auf der Bühne passiert?

Ja klar! Wir haben mal in Frankfurt an der Oder gespielt. Das war das erste Mal, dass ich das Gefühl hatte, dies bedeutet Perlen vor die Säue. Da war überhaupt keine Reaktion im Publikum, wirklich gar keine, die haben nicht mal die Miene verzogen. Ich konnte nicht einschätzen, was da los war. Da hab ich was gemacht, was ich sonst nie machen würde, da mein Leitspruch ist „Du musst vor einer Person gleich spielen wie vor 100000“, aber es hat mich wirklich frustriert, und ich hab nach 6 Songs gesagt, „Komm, hören wir auf, das hat eh keinen Sinn.“

Dann kam einer aus dem Publikum und meinte, „Hey Kinners, Ihr seid total geil, die fahren alle volle Suppe auf Euch ab, Ihr müsst weitermachen!“ Da hab ich erst gedacht der wollte mich verarschen, und fragte ihn warum sie denn nicht klatschten und nichts dergleichen. Da meinte er nur, „Was, sollen wir denn auch noch klatschen und Zugabe rufen?“

Da war uns wohl die Mentalität sehr fremd. Es wurde aber noch ein total gutes Konzert, eben vielleicht weil einer den Mut aufgebracht hatte und sagte, „jawohl, ich geh jetzt da hoch und rede mit denen“. Da war plötzlich ein gegenseitiges Verständnis da.

Toll, danke! Damit wäre ich eigentlich am Ende, gibt es noch etwas, was Du der Internet-Gemeinde mitteilen möchtest?

Nunja, das meiste hab ich im Interview schon gesagt.

Aber mein Credo ist ja eigentlich: Je besser man informiert ist, desto besser kann man sich vor den Halunken da draussen schützen. Das Internet bietet nun die ganz grosse Chance, dass sich Leute miteinander Vernetzen, die geile und vernünftige Ideen haben.

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