APOCALYPTICA Interview mit Max und Paavo ’98

Warum Apocalyptica so viele verschiedene Menschen ansprechen, wie sie sich den Erfolg erklären, was sie von Metal im allgemeinen halten, all diese und noch mehr Fragen beantworteten uns Max und Pecca beim Gaffenbergfestival in Heilbronn…

Bei Apocalyptica Konzerten trifft man inzwischen viele und sehr verschiedene Leutchen an, neben alten Metallern stehen Elternpaare in den Vierzigern, die verklärt bei der finnischen Celloversion von ‚Fade to black‘ entzückt die Augen verdrehen und ansonsten ihrem Sprößlingen das Anhören der originalen Fassung am liebsten verbieten würden… Warum Apocalyptica so viele verschiedene Menschen ansprechen, wie sie sich den Erfolg erklären, was sie von Metal im allgemeinen halten, all diese und noch mehr Fragen beantworteten uns Max und Paavo beim Gaffenbergfestival in Heilbronn.

V: Seit wann gibt es Apocalyptica?

A: Seit Herbst 93, angefangen hat das ganze aus Spaß, wir machen es heute eigentlich immer noch hauptsächlich aus Fun.

V: Ist Spaß der einzige Grund, oder gibt’s noch irgendwelche Hintergedanken, immerhin habt ihr auf eurer zweiten Platte auch Eigenkompositionen?

A: Wir wollen auch das Cello als Instrument weiter entwickeln. Außerdem sprechen wir eine breite Masse an Fans an, früher spielten wir vor reinem Metalpublikum, inzwischen sind alle möglichen Leute bei den Konzerten. Zusätzlich ist es eine große Herausforderung, Rock-Stücke so umzuschreiben, daß sie spielbar für ein Cello sind, wir haben durch Apocalyptica auch unser Spiel verbessert.

V: Wie kamt ihr eigentlich auf die Idee, Metal-Songs mit klassischen Instrumenten zu spielen?

A: diese Idee ist gar nicht so abwegig. Es gibt durchaus Parallelen zwischen Metal und Klassik; beide Musikrichtungen beschreiben intensive Stimmungen und haben sehr viel emotionale Energie. Techno hingegen hat überhaupt nichts mit Emotionen und Gefühlen zu tun. Allerdings sind nur wir beide richtige Fans, Antero haßt Heavy Metal, er spielt bei Apocalyptica, weil es ihm Spaß macht, die Songs auf dem Cello zu spielen.

V: Wie hoch setzt ihr als studierte Musiker den Anspruch im Metal-Bereich?

A: Metal ist nicht nur eine Art des Lifestyles, die Entwicklung geht mehr und mehr zu anspruchsvolleren Stücken. Es gibt im Metalbiz viele exzellente Musiker, Waltari zum Beispiel sind extrem gute Musiker.

V: Wie wählt ihr die Songs, die ihr covern oder umarrangieren wollt, aus?

A: Zunächst ist es uns egal, ob man die Stücke als Coverversionen oder Re-Arrangements bezeichnet. In der klassischen Musik ist völlig normal, Stücke von anderen Komponisten zu spielen, der Begriff ‚Coverversion‘ hat für uns nichts Negatives.
Wichtig ist, daß hinter einem Song eine gute Idee steckt. Das kann eine bestimmte Melodie sein, oder wie bei refuse/resist der besondere Drumrhythmus.

V: Inzwischen seid ihr recht erfolgreich, wie reagieren andere Musiker darauf?

A: Unter den klassischen Musikern gibt es viele, die gerne mit uns zusammenarbeiten würden. Natürlich gibt es auch welche, die uns nicht verstehen, aber das ist uns völlig egal.
Aber auch Metalbands arbeiten mit uns zusammen, so haben wir mit Waltari zusammengearbeitet. (auf dem empfehlenswerten Album Space Avenue bei den Songs ‚Purify yourself‘ und ‚Look out Tonite‘ – Verfass.)

V: Wie erklärt ihr euren Erfolg, euer erstes Album erhielt in Finnland und in Polen Gold, auch in Deutschland verkaufen sich die Alben gut?

A: Die Leute werden müde, immer nur dasselbe langweilt sie. Sie wollen etwas neues hören, das gilt auch für das klassische Publikum.

V: Viele Musiker wollen mit ihrer Musik etwas ausdrücken und benutzen dazu ihre Texte, wie steht ihr dazu?

A: Wenn die Musik gut ist, braucht man keine Texte um eine Message rüberzubringen, Musik ist ein Spiegel der Gefühle. Außerdem machen viele Bands nur Texte um der Texte willen und wissen dann eigentlich gar nicht so genau, was sie damit meinen.

V: Wie steht ihr zu den letzten Alben Load und Reload von Matallica, ihr covert ja eher die Frühwerke und die beiden Balladen des black Albums?

A: ‚Nothing else matters‘ und ‚The unforgiven‘ haben eine bestimmte Idee, die Melodien sind gut. Daß die Stücke sehr erfolgreich waren ändert nichts daran, daß sie gut sind, überhaupt es gibt nur gute und schlechte Musik, Erfolg macht ein gutes Stück nicht schlecht.

Load und Reload gefallen mir persönlich nicht, aber man muß es so sehen, Metallica sind inzwischen auch ältere Semester, wahrscheinlich wollten sie etwas neues machen, etwas für sich, das ihnen gefällt. (Pecca)

V: Welches Publikum ist euch eigentlich lieber, ich habe mal gelesen, daß ihr euch manchmal als Karaoke-Band fühlt, weil die Metalfans die Stücke gerne mitsingen?

A: Das stimmt, manchmal kommen wir uns so vor. Uns ist aber egal, welche Musik unsere Zuhörer bevorzugen, bei einem eher rockmusikorientierten Publikum ist natürlich mehr Bewegung im Zuschauerraum. Generell hängt wie wir uns während und nach den Konzert fühlen, vom Publikum ab. Bei einem Konzert in Regensburg waren 350 Leute da und es war eine unglaubliche Stimmung. Die Reaktionen des Publikums beeinflussen unsere Stimmung und unseren Auftritt sehr. Und, je mehr Leute da sind, umso größer ist die Herausforderung für uns.

V: Gibt’s eigentlich Reaktionen von Metallica oder einer anderen Band, deren Songs ihr spielt?

A: Nein, leider noch nicht. Wir haben aber Dave Lombardo bei Headbanger’s Heaven getroffen und er wollte mit uns ‚South of Heaven‘ (das zum Live-Programm Apocalypticas gehört -verfass.) spielen, was wir dann nach einer fünfminütigen Probe auch gemacht haben. Das war ein richtig cooles Gefühl, mit ihm auf einer Bühne zu stehen! Wir haben aber auch schon bemerkt, daß – wenn man solche Idole persönlich kennenlernt – sie etwas von ihrem Glanz verlieren.

V: Spielt ihr live immer noch auf euren alten, zum Teil ja schon antiken Celli?

A: Nein, inzwischen benutzen wir live etwas stabilere, ich (Max) habe live schon eines dieser wertvollen Celli zerstört, das war der schwärzeste Tag meines Lebens…

V: Was sagen eigentlich eure Eltern zu Apocalyptica?

A: Sie lieben Apocalyptica und sind große Fans von uns, haben uns aber auch schon ermaht, die Klassik nicht zu vergessen. Max‘ Mutter ist sogar schon extra nach Berlin gereist, um unser Konzert dort zu sehen.

V: Was bringt die Zukunft, habt ihr konkrete Pläne?

A: Wie sich Apocalyptica weiterentwickelt wissen wir nicht, wir haben eigentlich auch keine Pläne, außerdem sind wir nicht nur für Apocalyptica aktiv, wir treten häufig auf, Max hatte im vergangen Jahr 85 Auftritte, Eicca sogar 105.

V: Bleibt zu hoffen, daß es den Jungs noch eine Weile Spaß macht, und sie uns so noch erhalten bleiben…

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