ROCK HARZ OPEN AIR am 21.06.2001 in Osterode/Harz

Der Harzer Roller – nennt sich Käse, stinkt, hat wenig fett und ist rund! Der Harzer Rock ´n´ Roller dagegen definiert sich etwas anders. Seine Spezies war an diesem Wochenende vor allem auf dem Rock Harz Open Air in Osterode/Harz anzutreffen. Und als Geschmacksverstärker ergänzten Metalheads aus aller Herren Bundesländer die Meute bis auf satte 2000 zahlende Gäste…

mit OVERKILL, TANKARD, BLAZE, AGATHODAIMON, BURDEN OF GRIEF, FEAR OF THE DAWN, GONDWANIA, DON`T, JOKER´S WILDEST


Der Harzer Roller – nennt sich Käse, stinkt, hat wenig fett und ist rund!

Der Harzer Rock ´n´ Roller dagegen definiert sich etwas anders. Seine Spezies war an diesem Wochenende vor allem auf dem Rock Harz Open Air in Osterode/Harz anzutreffen. Und als Geschmacksverstärker ergänzten Metalheads aus aller Herren Bundesländer die Meute bis auf satte 2000 zahlende Gäste.

Letztes Jahr gehörte das kleine Festival zu den Highlights des Konzertsommers. Es war der positive Spirit, der diesen jungen Event auszeichnete. Die Harmonie mit der die Fans bei den APOKALYPTISCHEN REITERN und anschließend bei SKYCLAD in einer Einheit feierten, bis der Regen die P.A. zum Verstummen brachte.

Im Jahr 2002 hatten die Organisatoren (der „Rock und Kultur am Harz. e.V.“) besonders bei den Bands gehörig zugelegt. Es waren mehr Acts und vor allem Bands mit einem größeren Bekanntheitsgrad. Die Hauptbühne war größer und vollkommen vor Regen geschützt, ebenso die zweite Bühne, aufgebaut in einem typischen Kirmeszelt. Und das alles für einen Eintrittspreis von 13 Euro (VVK) bzw. 17 Euro (AK) für das gesamte Wochenende – Hut ab!

Zwei Tage sollte das Konzert dauern, der Freitag deutlich metallisch ausgerichtet, der Samstag dagegen mit Mila Mar, Merlons Lichter, Letzte Instanz, Schandmaul u.a. eher alternativ. Aus diesem Grunde war auch nur der Freitag der einzige interessante Tag für den Vampster Botschafter.

JOKER´S WILDEST und DON´T gehörten neben GONDWANIA, FEAR OF THE DAWN und BURDEN OF GRIEF zu den Bands, die als „regional“ deklariert wurden. Da die beiden Erstgenannten jedoch schon nachmittags auf die Bühne stiegen, war es mir wiedereinmal (siehe Review Rock Harz 2001 – sorry) unmöglich sie anzuschauen.

Pünktlich zu GONDWANIA stand ich dann vor der Mainstage. Die in Osterode eingeborene Band, deren Name noch nicht sehr weit über die Grenzen der Stadt hinausgedrungen ist, überzeugte mit Power Metal düsterer Prägung inklusive filigraner Gitarrenarbeit und wunderschönen Melodien. Der seit Anfang des Jahres in der Band aktive Vokalist Sascha Schmidt wirkte etwas schüchtern, glänzte aber vor allem durch seine hohen Screams. Nachdem ich mich anfangs ziemlich allein fühlte und die 1. Reihe quasi für mich allein in Anspruch nahm, sammelten sich immer mehr Menschen vor dem Fotograben. Spätestens als die Musiker Freibier von der Bühne aus verteilten, hatten Gondwania endgültig gewonnen. Nötig gehabt hätten sie das zwar nicht, es war trotzdem eine nette Geste. Die neuen Songs ‚Years Go By’, ‚Hero Of The Night’ und ‚Won´t You Believe’ gefielen mir noch ein Stück besser, als die ohnehin guten Songs ihrer Eigenproduktion „First Chapter“.

Die aus Kassel stammende Band BURDEN OF GRIEF sind bei Melodic Death Metal Fans schon sehr lange keine Unbekannten mehr. Umso mehr wunderte es mich, dass sie als lokale Band nur sehr klein auf den Konzertplakaten standen. Ihren Profistatus bewiesen BURDEN jedoch sofort, und ließen den Funken vor der Zeltbühne vom ersten Song an sofort überspringen. Der Fancrowd kam das erste Mal an diesem Tag in Bewegung. Mit ‚Paradox Relity’, ‚Smashed To Pieces’, ‘Eternal Solar Eclipse’ und ‘Immense Infinity’ kamen gleich vier von sechs Songs des Sets vom 2000er Release „Haunting Requiems“ und mit ‚Reborn’ nur ein Track vom aktuellen Album „On Darker Trails“. Auf keinen Fall fehlen durfte natürlich die Maiden-Coverversion von ‚Prowler’ – seit jeher ein Höhepunkt des B.O.G. Livesets. Nicht die letzte Iron Maiden Coverversion an diesem Abend.

Noch während BURDEN OF GRIEF die Zeltbühne rockten, erklommen AGATHODAIMON um 19.45 Uhr die Hauptbühne. Auch ich kam erst nach den ersten Songs zu ihrem Gig. Und das Bild was ich sah, war nicht wirklich überzeugend. Die beiden liebreizenden Models Vera & Mel, die mir von den Promofotos der Band bekannt sind, waren nicht mit dabei. Stattdessen fuhren AGATHODAIMON in Osterode ihr Sparprogramm, oder sagen wir lieber old school Programm auf. Dementsprechend empfand ich auch die Musik, die mich persönlich kein bisschen reizte und nur unspektakulären Death Metal bot. Ich war also nicht böse drum, als nach 45 Minuten der Set vorbei war.

Es folgten FEAR OF THE DAWN auf der Zeltbühne. Der Name passt wie die Faust auf´s Auge: Es handelt sich um eine Iron Maiden Coverband, die sich aus Ex- und aktuellen Mitgliedern von Osterode´s Finest DARK AT DAWN zusammensetzt. Deren Bassist Michael Lowin übernahm bei den Maiden Covers das Mikro. Er traf zwar die Töne und hat generell eine gute Stimme, konnte aber weder den Charme eines Bruce Dickinson, noch eines Paul Di´Anno oder gar Blaze Bayley vermitteln. Mit etwas Alkohol im Blut der Fans entstand allerdings trotzdem eine geile Party vor der Bühne. Und was mich besonders reizte, war die Setlist der Band, die neben ‚Waysted Years’ und ‚The Evil That Men Do’ viele Songs enthielt, die Maiden selbst live nicht mehr spielen. Kurzweilig und gut!

Egal wie man zu dem old school Heavy Metal von BLAZE stehen mag, die Jungs rocken wie die Hölle!!! In den Augen von Ex-Iron Maiden Frontderwisch Blaze Bayley und jedem seiner Musiker erkennt man sofort den Grund für die ungezügelte Energie: Es macht ihnen riesigen Spaß ihre Musik live zu präsentieren. Und den gleichen Spaß macht es, den Mit ‚Kill & Destroy’ und ‚End Dream’ legte die Band gleich zwei Tracks von neuen Album „The Tenth Dimension“ vor, um dann endlich mit ‚Ghost In The Machine’ einen Edeldiamanten vom Debutalbum auszupacken. Es folgten ´Stranger To The Night’ und ‚Man On The Edge’, mit denen die Stimmung locker gehalten werden konnte. Viel zu früh läuteten BLAZE die letzten beiden Songs ein, aber führten den Gig mit ‚Silicon Messiah’ und ‚Tenth Dimension’ zu einem krönenden Abschluss. Zum ersten Mal am Tag kam auch das wenige Stunden zuvor stattgefundene WM Spiel Deutschland-USA zur Sprache, in dem Blaze in seiner Ansage einige kleine Seitenhiebe gegen die Mannschaft des Overkill-Heimatlandes USA zugunsten der deutschen Kicker vom Stapel lies. Natürlich frenetisch vom Publikum abgefeiert. Und dann war auch schon einer der geilsten Gigs des Tages vorbei. Mag sein, dass nicht alle Konzertbesucher wie ich empfunden haben, aber wen interessieren schon die hinteren Reihen, wenn man vorne steht?

TANKARD erstrahlen im Moment in einem neuen Glanz. Neue Plattenfirma (AFM Records), neues Album („B-Day“), Auftritte auf vielen Festivals und das 20-jährige Jubiläum. „20 Jahre Tankard, das heißt auch 20 Jahre kein Erfolg“ so Frontbauch Gerre – kann man natürlich auch anders sehen, welche Band hält schon ohne Erfolg so lange durch? Die Fans vor der Zeltbühne sahen das auch anderes und feierten TANKARD ohne Ende ab! Ich war etwas skeptisch, war ich doch von einigen Einzelgigs der Frankfurter in den letzten Jahren sehr enttäuscht worden. In Osterode packten die Freibiergesichter aber eine Setlist aus, die keine Wünsche offen lies und auch den schlechten undifferenzierten Sound vergessen ließ. Besonders den ersten Jahren der Bandgeschichte wurde mit ‚Alien’, ‚Maniac Forces’, ‚Mercenary’, ‚Chemical Invasion’, ‚Zombie Attack’, ‚Morning After’ und ‚Space Beer’ Tribut gezollt. Hinzu kamen die obligatorischen Hits wie ‚Freibier’ und ‚Empty Tankard’ sowie ein neuer Song ‚Rectifier’. Die ersten Reihen tobten und besonders fiel eine junge Dame auf, die desöfteren schon als Stagediverin gesichtet wurde, es sich aber schlussendlich unter Gerres T-Shirt gemütlich zu machen schien…..brrrrrrrr.

Waaaas? Schon 22.50 Uhr? Die Zeit verging wie im Flug. Das Wetter spielte mit und das Bier schmeckte. Absolut genial. Und jetzt noch OVERKILL, die jeher schon für geile Liveshows stehen. Und die New Yorker enttäuschten zu keiner Sekunde. 18 Songs enthielt ihre Show – haufenweise Klassiker waren dabei und teilweise bekam ich das Gefühl, eine Dauer-Thrash Metal-Erektion zu bekommen. Nach dem genialen ‚Coma’ folgte sogleich ‚E.vil N.ever D.ies’. Der Film in meiner Kamera war längst verschossen, und trotzdem brachte ich es kaum übers Herz, den Fotograben direkt vor Blitz zu verlassen. ‚Deny The Cross’, ‚Hello From The Gutter’ und das Medley aus ‚Wrecking Crew’ und ‚Powersurge’ im Moshpit mitzuerleben, hatte allerdings ebenso durchaus seinen Reiz. Bobbys Frage „When you listen to this songs, you feel like teenagers, eh?” konnte ich und viele andere Fans, die von OVERKILL bereits durch ihre frühe Jugend begleitet wurden, mit einem lauten „Hell yesss!!!“ beantworten.

Irgendetwas von den jüngeren Alben musste ja kommen, und mit ‚Necroshine’ und ‚Let It Burn’ waren die Fans noch gut weggekommen. Während dieser Nummern viel mir aber auch zum ersten Mal die extreme Lautstärke während des Gigs auf. Es war schon etwas zuviel des Guten, denn trotz Ohrenstöpsel empfand ich den Dezibelpegel als zu hoch. Aber was OVERKILL anschließend mit ‚The Years Of Decay’ ablieferten, ließ sämtliche Wahrnehmung der Realität verschwinden. Die ganze Bühne war in grelles Grün getaucht, nur Bobby Blitz Ellsworth wurde samt seiner überdimensionierten Muskeln in Knallrot angestrahlt. Gänsehaut pur!!! Es ging noch eine ganze Weile weiter mit vielen Klassikern und einzelnen neuen Songs, doch der Höhepunkt der Show war ganz klar mit ‚The Years…’ erreicht. Daran anknüpfen konnten nur noch die Hymnen ‚In Union We Stand’ und ‚Fuck You’ in der Zugabe. OVERKILL waren in Bestform. Und ich hoffe, nach dem tragischen Zwischenfall in Nürnberg einige Tage darauf, bleiben keine langfristigen Schäden zurück. Bis auf weiteres bleiben mir OVERKILL in der genialen Form von Osterode in Erinnerung.

Und das war´s fast schon wieder!

Für einige Gäste war die Nacht allerdings noch lange nicht vorbei und man vergnügte sich bei der Aftershowparty im Black.Rock Area (der Kneipe von DARK AT DAWN Sänger Buddy), nächtigte auf Autodächern oder campte querfeldein, da die Behörden keinen festivaleigenen Campingplatz genehmigt hatten. Ein weiteres Nachspiel hatten die Organisatoren mit der Polizei zu feiern. Es gab Anwohnerbeschwerden en masse, sogar Nachbarn, die am Samstagnachtmittag „Beweisfotos“ schossen (letztendlich wohl eher für das private Fotoalbum). Aus diesem Grund wird das bisher erfolgreichste Festival des „Rock und Kultur am Harz. e.V.“ zwar definitiv eine Fortsetzung finden, aber im nächsten Jahr den Platz wechseln müssen. Ich bin wieder dabei!

Schaut auf jeden Fall auf der Website www.rockharz.de vorbei. Dort gibt´s massenhaft gute Fotos und noch viele weitere Infos.

Text & Photos by Jens Koch

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