ROTTING CHRIST: Aealo

Realitätsflucht der Extraklasse: ROTTING CHRIST entführen in eine dunkle, geheimnisvolle Welt fernab von immergleichen Genrestandards.

Zugegeben, ich habe ROTTING CHRIST in den letzten Jahren ein wenig aus den Augen verloren. Aber zumindest Theogonia hat vor drei Jahren wieder die Kinnlade herab fallen lassen. Und Aealo geht sogar noch weiter. Die griechische Band hat die Magie von Khoronos wieder entdeckt und schraubt die Härte ein wenig zurück und gibt damit Raum für eine recht apokalytische Atmosphäre frei. Das mag am Anfang noch nicht so wirken, verdeutlicht sich aber im Laufe der fünfzig Minuten. Immerhin, die Riffs von Aealo, die Arrangements und die Instrumentierung mutet wirklich ein wenig wie der zweite Teil von Khoronos an, während die Produktion deutlich wärmer und direkter ist. Vor allem ist Aealo geprägt von traditionellen griechischen Chören, das wirkt schon fast orientalisch und unterstützt die Musik größtenteils hervorragend.

Da gerät die Wut bei ROTTING CHRIST schon fast in den Hintergrund, möchte man meinen. Aber so dramatisch ist es noch lange nicht: Es gibt noch immer genügend heftiges Material, das mit schnellen Riffs und kompromisslosen Drums doch wieder genügend Wildheit bietet. Und ROTTING CHRIST können das einfach mit ihrem Händchen für gutes Songwriting verbinden, denn hier wird wieder durchgehend großes Material präsentiert. Songs wie Eon Aenaos, Demonon Vrosis, Fire, Death And Fear und …Pir Threontai sind ebenso catchy wie tief. Eben Prachtexemplare dafür, wie man eine Realitätsflucht perfekt veranstalten kann. Auch die Songs, bei denen weniger Wert auf Atmosphäre als auf Härte gelegt werden, wie Aealo, dub-sag-ta-ke und Santa Muerte reißen mächtig mit, selbst wenn sie nicht im gleichen Maße den Hörer in die Welt von ROTTING CHRIST einlullen. Die Sternstunde des Albums ist jedoch ganz klar Thou Art Lord, das Alan A. Nemtheanga von PRIMORDIAL stimmlich veredelt und das Zeug zur Bandhymne hat. Nicht ganz so brillant, aber deutlich spezieller und auch alles andere als schlecht, ist das abschließende Orders From The Dead, eine Coverversion der griechischen Künstlerin Diamanda Galas, die hier auch den Gesang übernimmt – JARBOE lässt grüßen.

Statt großer, kitschiger Keyboard-Einsätze gibt es den Pilades-Chor, der jedoch etwas zu oft eingesetzt wird. Gerade im Accapella-Stück Nekron Iahes… wird es doch etwas zu viel des Guten, und man sehnt sich die Keyboards wieder zurück, die von Bandchef Sakis Tolis übrigens ziemlich gut eingebaut wurden. Auch sein charismatischer Gesang ist sehr leidenschaftlich und wird sinnvoll durch viele Hintergrundgesänge erweitert. Überhaupt haben die Tolis-Brüder alles im Griff – die Riffs sind typisch für die Band, klingen aber niemals so, als würden sich ROTTING CHRIST selbst wiederholen und das Drumming ist schlicht und ergreifend wasserdicht. Ihren Sound hat die Band gefunden, somit ist auch Aealo wieder ein Album, das nur von ROTTING CHRIST stammen kann. Und daher begeistert es auch trotz kleinerer Schwächen und den übermäßig eingesetzten Chören. Klare Sache, Aealo ist dank konsequenter aber nicht übertriebener Experimente ein reifes Album, spannend für Fans und die Band selbst, aber stets vertraut. Freunde von düsterem Metal mit hoher Qualität kommen am zehnten Album der wichtigsten griechischen Band nicht vorbei.

Veröffentlichungstermin: 22. Februar 2010

Spielzeit: 50:04 Min.

Line-Up:
Sakis Tolis – Vocals, Guitars, Keyboards
George Bokos – Guitars
Andreas Lagios – Bass
Themis Tolis – Drums

Produziert von Sakis Tolis
Label: Season Of Mist

Homepage: http://www.rotting-christ.com

MySpace: http://www.myspace.com/rottingchristabyss

Tracklist:
1. Aealo
2. Eon Aenaos
3. Demonon Vrosis
4. Noctis Era
5. dub-sag-ta-ke
6. Fire, Death And Fear
7. Nekron Iahes…
8. …Pir Threontai
9. Thou Art Lord
10 .Santa Muerte
11. Orders From The Dead

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